Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Legt uns Gott eine Last auf?
Nicole Bodenmüller predigt zum Leben in Armut
BAD WURZACH (pag) - Im Rahmen der Predigtreihe der evangelischen Kirchengemeinde zum Aktionsjahr „Armut, Reichtum – soziale Gerechtigkeit?!“sprach vergangenen Sonntag Nicole Bodenmüller. Unterstützt wurde sie von Astrid Greshake und der an diesem Tag krankheitsbedingt verhinderten Sabine Manthei.
Bodenmüller und Greshake führten eine Art Interview, bei dem Greshake passende Bibelstellen zitierte, zu denen Bodenmüller ihre Überlegungen anführte. Sie bezogen sich auf den in eine Frage umformulierten Psalm 68, 20: Gott legt uns eine Last auf, aber hilft er uns auch?
Bodenmüller ist bei der Stadt Bad Wurzach für die Betreuung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zuständig und leitet ehrenamtlich das Projekt „Kleine Hilfe mit viel Herz“, sodass sie täglich auf Menschen trifft, denen Gott eine Last auferlegt hat.
Und entgegengesetzt zur Bibel sorgen sich diese täglich um Essen, Kleidung oder Wohnung – da fällt es schwer auf Gott zu vertrauen. Ihr selber habe ihr Gottvertrauen sehr geholfen, als ihr Lebensweg, den sie den vielen ökumenischen Gottesdienstbesuchern schilderte, sehr steinig wurde.
Sie vertrete die Auffassung, dass nicht Gott die Lasten auferlege, sondern die Gesellschaft oder der Mensch sich selbst. „Materielle Armut, Hunger, Leiden und Not sind keine Gott gewollten Dinge, sondern Folgen ungerechter Besitzverteilung und frevelhafter Ausübung von Macht und Einfluss“, zitierte Bodenmüller Karl-Wilhelm Rennstich.
Und fügte die rhetorische Fragen an, ob es Gottes Wille sei, wenn Rentner verarmen, obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet hätten, oder dass es Armut trotz Arbeit gebe, weil Menschen vom Mindestlohn leben müssen. Selbst Krankheiten könne man als Chance ansehen, seinen Lebensweg neu zu überdenken, wie es Dahlke und Dethlefsen in ihrem Buch „Krankheit als Weg“beschrieben hätten.
Die Predigt schloss mit dem Satz des Propheten Sacharja „und bedrückt nicht die Witwen, Waisen, Fremdlinge und Armen“– laut Bodenmüller heute Alleinerziehende, Rentner, Kinder, Obdachlose und alle, die in Armut leben. Sie definierte Barmherzigkeit mit „Augen öffnen, helfen und unterstützen“. Das sei Gottes Auftrag an uns.
Pfarrerin Barbara Vollmer dankte Bodenmüller und Greshake mit Präsenten sowie den Gottesdienstbesuchern, darunter auch die HGV-Vorsitzende Christiane Vinçon-Westermayer, und lud alle zu einem Ständerling ein.