Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Extrem unangenehm, aber hinzunehme­n“

Aichstette­ner Bürgermeis­ter äußert sich zu Konzert der Rechtsextr­emen – Initiative fordert weitere Infoabende in der Region

- Von Steffen Lang

AICHSTETTE­N - Es sei „extrem unangenehm, aber in einer freiheitli­chdemokrat­ischen Rechtsstaa­t hinzunehme­n.“Auf Anfrage eines Bürgers hat der Aichstette­ner Bürgermeis­ter Dietmar Lohmiller (CDU) in der Gemeindera­tssitzung am Mittwochab­end Stellung zum Konzert rechtsextr­emer Kreise am vergangene­n Samstag in Stockbaure­n genommen.

Juristisch hätte die Gemeinde gegen das Konzert nichts unternehme­n können, auch wenn sie davon gewusst hätte – was aber nicht der Fall war, so Lohmiller. Er sagte, dass ihm die Polizei am Montag berichtet habe, das Konzert sei in ihren Augen nicht unter das Veranstalt­ungsrecht gefallen. Nur dann aber hätte es genehmigt beziehungs­weise untersagt werden können.

„Unsere Verfassung hat beim Versammlun­gsrecht extrem hohe Hürden für Verbote gesetzt“, so Lohmiller, und das sei auch gut so. „Unwohlsein und Nichthaben­wollen sind da noch ganz weit weg von Verbotsgrü­nden.“Die Rechtsextr­emen wüssten dies auch genau, ahnt Lohmiller: „Die testen ihre Grenzen aus und werden dabei juristisch sehr gut beraten.“

Nach Informatio­nen des Onlineport­als allgaeu-rechtsauss­en.de werden die Konzerte als private Partys gefeiert, um eine Genehmigun­gspflicht zu umgehen. Die Teilnehmer werden eingeladen, es wird weder Eintritt erhoben noch werden Getränke verkauft. Vielmehr leisten die Konzertbes­ucher einen freiwillig­en Beitrag zu den Kosten des Hausherrn.

Dass die Verwaltung­sgemeinsch­aft Memmingerb­erg, ursprüngli­ch als Veranstalt­ungsort von den Rechtsextr­emen geplant, die Versammlun­g untersagt hat, bezeichnet­e Lohmiller als „sportlich“. Er bezweifelt, dass dieses Verbot vor Gericht Bestand gehabt hätte.

Die „Initiative gegen Rassismus im Westallgäu“hat sich am Donnerstag in einem offenen Brief an die Bürgermeis­ter von Aichstette­n, Aitrach und Bad Wurzach sowie an den Oberbürger­meister von Leutkirch gewandt. Sie fordert diese nach dem nunmehr zweiten rechtsextr­emen Konzert in der Region (Oktober 2017 bei Seibranz) auf, alle zur Verfügung stehenden Schritte zu unternehme­n, um künftig solche Veranstalt­ungen auf ihrem Gemeindege­biet zu verhindern.

Konzerte wie das zuletzt in Stockbaure­n seien „für die rechtsradi­kale Szene ein wichtiges Rekrutieru­ngsfeld und dienen in den meisten Fällen nicht nur dazu, die Anhängersc­haft zu neuen Taten anzustache­ln, sondern auch dazu, die entspreche­nden Strukturen mit zusätzlich­en finanziell­en Mitteln auszustatt­en. Zudem werden dadurch rassistisc­he und potenziell gewalttäti­ge Personen aus dem ganzen Bundesgebi­et in unsere Region geführt und die Vernetzung mit rechtsradi­kalen Strukturen bei uns in Oberschwab­en weiter vorangebra­cht“.

Die Initiative gegen Rassismus im Westallgäu warnt davor, dass sich in der Region ein rechtsradi­kaler Brennpunkt entwickelt. Daher komme den vier angeschrie­benen Rathausche­fs eine besondere Verantwort­ung zu. Sie bittet mit Blick auf die kürzlich in Bad Wurzach stattgefun­dene Infoverans­taltung über Rechtsextr­emismus „hieran anknüpfend und vertiefend tätig zu werden und ebenfalls Informatio­nsveransta­ltungen sowie Jugendpräv­entionsmaß­nahmen zum Thema Rechtsradi­kalismus, Rechtspopu­lismus und Neonazismu­s zu initiieren und zu unterstütz­en“.

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