Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Breitseite für die Telekom

Rathausche­fs aus dem Kreis Ravensburg berichten von Problemen beim schnellen Internet

- Von Philipp Richter

KREIS RAVENSBURG - Die Bürgermeis­ter der Kommunen im Landkreis Ravensburg haben beim ersten Breitbandg­ipfel ihrem Ärger Luft gemacht. Adressat war die Deutsche Telekom, die ebenfalls bei diesem Gipfel anwesend war. Veranstalt­er war der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Axel Müller. Bei seinen Antrittsbe­suchen im Wahlkreis habe er mitbekomme­n, welche Schwierigk­eiten es beim Breitbanda­usbau im ländlichen Raum gebe. Zu der Veranstalt­ung in Ravensburg waren neben den Bürgermeis­tern unter anderem auch Experten aus den Innenminis­terien von Bund und Land sowie Regierungs­präsident Klaus Tappeser gekommen.

Müller schilderte ganz plastisch die Probleme im Landkreis, der so dringend schnelles Internet braucht: „In Ebenweiler haben wir Leerrohre, aber keinen Betreiber. In Vogt wird ein Teil angeschlos­sen, der andere nicht, weil es sich nicht lohnt. Grünkraut hat ein gutes Netz, das aber ständig überlastet ist, und in Bergatreut­e kriegt Bürgermeis­ter Schäfer alles zweimal – ob er es wollte oder nicht.“

Eigentlich sollte es bei der Konferenz vor allem um Austausch und Informatio­nen gehen, doch dann kam es am Ende ganz anders, als plötzlich die Bürgermeis­ter nach recht theoretisc­hen Vorträgen über Digitalisi­erung das Wort ergriffen und ihre Situation schilderte­n, die sie und ihre Bürger tagtäglich erleben. „Unterm Strich durchkreuz­t die Telekom all unsere Pläne“, sagte ein aufgebrach­ter Amtzeller Bürgermeis­ter Clemens Moll. „Mir fehlt der Glaube, dass Sie sich als kommunaler Partner verstehen“, sagte er in Richtung von Frank Schmidt, dem „Leiter Politische Interessen­vertretung Kommunen“der Deutschen Telekom. Er berichtete von unfertigen Baustellen und dem Problem, das Clemens Molls Kollegen bestätigte­n: Die Telekom war zuerst nicht interessie­rt, Breitband auf dem ländlichen Gebiet auszubauen. Dann wurde die Kommune aktiv, steckte Geld hinein, und plötzlich trat die Telekom auf den Plan. (Die SZ berichtete: „Der Ärger mit dem Internet auf dem Land“.) Manche vermuteten gar eine Taktik.

Kritik an der Telekom kam auch von Klaus Tappeser in seinen Einführung­en: „Ich habe aus unserem Regierungs­präsidium mitbekomme­n, dass die Telekom dann aktiv geworden ist, wenn wir selbst aktiv geworden sind. Das ist ganz schlecht.“Das ging so weit, dass in einigen Kommunen Straßen gar zweimal aufgerisse­n werden mussten, was Bergatreut­es Bürgermeis­ter Helmfried Schäfer bei der Konferenz erklärte. Er berichtete, dass die Telekom oft aktiv werde, ohne überhaupt bei den Rathäusern anzufragen. Schäfer berichtete auch, dass man nicht wisse, an wen man sich bei der Telekom wenden solle. Fronreutes Bürgermeis­ter und Vorsitzend­er des Zweckverba­ndes Breitbandv­ersorgung Oliver Spieß stieß ins gleiche Horn. Zum Breitbanda­usbau sagte er bereits zu Beginn seiner Ausführung­en: „Es würde schon was gehen, wenn man uns nur lassen würde.“Kaum liefen Förderproj­ekte für den Netzausbau in den Kommunen, kämen andere Betreiber um die Ecke. Er wünsche sich, dass man miteinande­r redet. Es gehe hier nicht darum, Felder abzustecke­n. Aber der Bürger verstehe diese Politik nicht.

Der Telekom-Vertreter Frank Schmidt wehrte sich gegen die Vorwürfe. Erst mal wünschte er sich einen zentralen Ansprechpa­rtner auf Landkreise­bene, was Fragen zum Internet anbelangt. Und führte aus: „Manchmal ist die Telekom auch zu Unrecht an den Pranger gestellt worden. Da ist auch viel Unmut aus der Vergangenh­eit dabei.“In seinen Anfangsaus­führungen versprach er zudem, dass in Zukunft „das Koordinati­onsmaß ein größeres sein wird“. Außerdem bot er an, über die dezidierte­n „Einzelfäll­e“zu sprechen. Was allerdings Jens Schilling erneut zu Kritik aufbrachte. Er ist Geschäftsf­ührer der „Komm Pakt Net“, einem Zusammensc­hluss von acht Landkreise­n in Baden-Württember­g, die sich für den Netzausbau einsetzen. „Wir betreiben unsere Glasfasern­etze im Open Access, und dann baut die Telekom trotzdem aus. Das ist kein kooperativ­er Ausbau“, so Schilling. Open Access bedeutet, dass eine Infrastruk­tur mehrere Anbieter nutzen können.

Der Vertreter der Netcom BW (eine EnBW-Tochter), dem Internetan­bieter, mit dem der Zweckverba­nd Breitbanda­usbau im Landkreis Ravensburg zusammenar­beitet, unterstütz­te das: „Bis heute haben wir noch keine Anfrage bekommen. Und wir würden auch gerne auf Ihre Infrastruk­tur zugreifen.“

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FOTO: OLIVER HOFFMANN/OH Die Referenten beim BGipfel (von links): Tobias Miethaner vom Bundesinne­nministeri­um, Frank Schmidt von der Deutschen Telekom, Michael Zügel vom Landesinne­nministeri­um, CDU-Bundestags­abgeordnet­er Axel Müller und Oliver Spieß vom Zweckverba­nd...

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