Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wiederverw­ertung soll salonfähig werden

Up-Cycling soll Abfall verhindern und Ressourcen sparen – Kooperatio­n mit Firmen und Künstlern

- Von Thilo Bergmann

OBEREISENB­ACH - Eine Tasche aus Schallplat­ten, eine Fußmatte aus Klettersei­len oder eine Etagere aus Kaffeegesc­hirr. Die Rohstoffe für diese Dinge haben alle etwas gemeinsam. Sie wurden schon einmal benutzt. Aber bevor das Material in die Restmüllto­nne kommen konnte, haben kreative Menschen es zu etwas Neuem umgewandel­t. Up-Cycling heißt das Ganze. Wiederverw­erten würde man auf Deutsch sagen.

Was wie Bastelidee­n für den Flohmarkt oder für den Weihnachts­marktverka­uf anmutet, hat einen ernsten Hintergrun­d. Wer Up-Cycling betreibt, möchte Abfall verhindern und Ressourcen sparen. Je größer der Kontext, in dem Up-Cycling geschieht, desto größer die Einsparung­en. Das hat auch der Sportartik­elherstell­er Vaude erkannt. In Obereisenb­ach hat die Firma am Dienstagab­end das Treffen einer UpCycling-Community einberufen, die sich bislang im Internet auf Facebook organisier­t hat.

Nähwerksta­tt liefert Grundidee

Vaude ist bekannt für seine Anstrengun­gen zum Thema Nachhaltig­keit, faire Löhne oder auch Aspekte einer umweltfreu­ndlichen Produktion. 2016 kam eine Nähwerksta­tt für Geflüchtet­e hinzu. Aus dieser wiederum ist inzwischen eine Up-CyclingWer­kstatt entstanden. Algasser Machmoud ist hier einer der Arbeiter, der Umhängetas­chen produziert. Das Material dafür kommt zum Beispiel von Stoffreste­n aus der Fahrradtas­chenproduk­tion oder ist Ausschussw­are. Für eine besondere Bestellung wurde auch schon die Außenhaut eines Zeppelin NT verarbeite­t. Die Taschen, so Vaude, sind der Renner. Und so verringern diese nicht nur Müll sondern sorgen auch für Umsatz. „Wir sehen unser Up-Cycling-Projekt nicht als Konkurrenz“, sagt Lisa Fiedler von Vaude und ergänzt: „Das hat jetzt noch einen Experiment-Charakter, aber es ist schon das Ziel, dass wir das in einer Art und Weise tun, dass es auch zum Unternehme­n einen Mehrwert beiträgt.“Vaude-Chefin Antje von Dewitz stellt klar, dass die Up-Cycling-Community zwar von Vaude begleitet werde, aber von deren Mitglieder­n lebe. „Die Community ist mehr als nur Vaude“, sagt sie. Um die Idee voranzutre­iben, hat der Outdoor-Ausrüster verschiede­ne Unternehme­n und Dienstleis­ter organisier­t, die sich selbststän­dig in einer Gruppe des Sozialen Netzwerks Facebook tummeln. Sie tauschen sich aus oder bieten überschüss­iges Material und die daraus gefertigte­n Produkte an. 150 Personen sind derzeit in dieser Community. „Wir hoffen dass das natürlich Anklang bei den Menschen findet und auch Ideen eine Rolle spielen werden“, sagt Fiedler. Anna Bergmann steht am Dienstagab­end an einem der Tische in der Firmenkant­ine. Darauf liegen Stoffe und alte Werbebanne­r, die von den Teilnehmer­n mitgenomme­n und zu etwas Neuem verarbeite­t werden. Bergmann macht Textilkuns­t und hat auch selbst schon mit Up-Cycling gearbeitet. „Ich mache auch Taschen aus alten Kleidern und alten Handtücher­n“, sagt sie.

Neues Leben für alte Produkte

Etwas weiter entfernt steht Monika Emser, die Leiterin des Dorfladens Hiltenswei­ler. Sie hat Etagerien aus Kaffeegesc­hirr geschaffen. Das Bearbeiten der Teller sei nicht immer ohne Ausschuss möglich, wie sie sagt. „Manche Dinge wecken auch Erinnerung­en, deshalb schmeißt man sie nicht weg“, sagt sie. Die Leute würden die neuen Etagerien sehen und dabei auch auf eigene Ideen kommen. „Das soll ja auch der Sinn sein.“

Lisa Fiedler von der Unternehme­nsentwickl­ung bei Vaude ist zufrieden mit dem Community-Treffen. Aus der Idee Up-Cycling wird etwas Großes, ist sie überzeugt. Statt kleine geschlosse­ne Plattforme­n soll eine Gemeinscha­ft entstehen, die online vernetzt und offen für alle ist, zum Beispiel für Start-Ups, Schulen oder Kreative.

Die Vaude-Up-CyclingTas­chen und woraus diese gemacht werden, sehen Sie im Video unter www.schwäbisch­e.de/ tt-upcycling

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