Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Erst Container, dann Gebäude für 70 Millionen Euro
Raumnot an der Hochschule Kempten soll bald ein Ende haben – Grundstückskauf sichert langfristige Lösung
KEMPTEN (jan) - Die Hochschule mit ihren 6000 Studenten und Hunderten Mitarbeitern platzt aus allen Nähten. Eine Erweiterung des Campus ist seit Jahren beschlossene Sache, auch die riesige Investitionssumme von mindestens 66 Millionen Euro steht zur Verfügung, doch Verhandlungen über die Altlastenentsorgung eines Grundstücks drohten das Vorhaben zur unendlichen Geschichte werden zu lassen. Jetzt haben sich die Stadt Kempten und der Freistaat doch geeinigt. Da aufgrund der Planungsabläufe trotzdem erst in zwei Jahren mit der Campuserweiterung begonnen werden kann, soll zur Überbrückung der Raumnöte ein Container-Dorf aufgestellt werden.
Die Hochschule benötigt zusätzliche Labore, Hörsäle, Dienstzimmer für Dutzende wissenschaftliche Mitarbeiter, zusätzliche Räume für Weiterbildungsangebote sowie Forschung – und neuerdings Räume für einen von Ministerpräsident Markus Söder zugesagten Studiengang „Digitale Pflege“. Dazu wird jetzt ein sogenanntes Raumbuch überarbeitet, sagt Hochschulpräsident Professor Robert Schmidt. 8500 Quadratmeter reine Nutzfläche kommen wohl zusammen.
Vor zwei Jahren wurde für die Campus-Erweiterung ein Finanzbedarf in Höhe von 66 Millionen Euro ermittelt. Durch den neuen Studiengang und massive Baukostensteigerungen könnte das Projekt tatsächlich über 70 Millionen kosten.
Der Hochschule war von vorneherein wichtig, die Erweiterung direkt am bestehenden Campus zu verwirklichen. Möglich wird dies durch das Einbeziehen des sogenannten Seitz-Grundstücks an der Immenstädter Straße. Eine Idee: Über ein vierstöckiges Parkhaus den Höhenunterschied zwischen dem bestehenden Campus und der Seitz-Fläche überbrücken. Sie gehört seit dem Umzug des Autohauses an andere Standorte der Stadt. Diese wird die Fläche an den Freistaat als Bauherrn der Hochschulgebäude verkaufen – und an dieser Stelle wurde es problematisch: Niemand weiß genau, wie viele Altlasten (beispielsweise versickertes Öl) im Boden sind und wie teuer die Entsorgung wird. Die Immobilienverwaltung des Staates weigerte sich allerdings, die Katze im Sack zu kaufen. Bei zahlreichen Verhandlungen gab es Vorschläge, Gegenvorschläge und viele ablehnende Äußerungen.
Verkauf für symbolischen Preis
Vergangene Woche hat der Liegenschaftsausschuss des Stadtrats nicht öffentlich einem jüngst ausgehandelten Vertragsentwurf zugestimmt. Unterschriftenreif wird dieser erst nach Absegnung des Stadtrats. Der Vertrag sieht den Verkauf des Grundstücks für den symbolischen Preis von einem Euro vor. Wird die Altlasten-Entsorgung günstiger als geschätzt, erhält die Stadt den Differenzbetrag ausgezahlt. Wird es teurer, übernimmt diese Kosten der Staat.
Ein Problem hatte die Stadt bis zuletzt auch mit einer anderen Sache. Für die Campus-Erweiterung wird ein öffentlicher Parkplatz wegfallen – gebaut mit Geld aus der sogenannten Stellplatzrücklage. Bauherren müssen in diese Kasse zahlen, wenn sie aufgrund fehlender Flächen nicht in der Lage sind, erforderliche Parkplätze zu erstellen. Die Stadt verwendet das Geld zweckgebunden für Tiefgaragen oder Parkhäuser. Noch nie wurden so entstandene Stellplätze für ein Projekt aufgegeben, das nichts mit Verkehr zu tun hat. Daher, bestätigte Oberbürgermeister Thomas Kiechle auf Anfrage, sei es wichtig, anderswo neue öffentliche Parkplätze zu finden. Weiter wollte er sich vor der Stadtratssitzung nicht äußern.
Er bestätigte dann allerdings doch auch, dass der städtische Bauausschuss am morgigen Donnerstag einem Container-Dorf zustimmen soll. Dieses entsteht dreistöckig auf einem Campus-Parkplatz und wird den Raumengpass für die nächsten Jahre abfedern.