Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Fischer retteten bereits 100 Forellen
Bäche im Westallgäu leiden unter dem fehlenden Regen und der zunehmenden Versiegelung
WESTALLGÄU - Ein Blick in einen der zahlreichen Bäche im Westallgäu zeigt es: Der Natur fehlt Wasser. Das ist auch einigen Lesern der Heimatzeitung aufgefallen. Besorgt fragten sie in der Redaktion nach, ob das noch normale Verhältnisse sind. „Ja und nein“, stellt der Vorsitzende des Kreisfischereivereins, Jürgen Piechatzek, fest. Immer wieder sorgen längere Trockenphasen dafür, dass die derzeit rund 120 Mitglieder des Vereins aktiv werden müssen. Fällt der Pegel von Bächen und Flüssen unter ein gewisses Niveau, droht den darin lebenden Tieren der Tod.
Vor vier Jahren haben Mitglieder des Vereins zuletzt Forellen aus dem Rickenbach bei Scheidegg abgefischt und an anderer Stelle wieder eingesetzt, um die Fische zu retten. Heuer war es wieder soweit: Erst vor wenigen Tagen waren vier Fischer im Einsatz und setzten rund 100 Bachforellen aus dem Scheibenbach um, da der Bach nicht mehr genug Wasser führte. Neben Bachforellen gibt es in den Bächen des Westallgäus auch Edelkrebse, Mühlkoppen (eine kleine Süßwasserfischart) und Insektenlarven, die von der Trockenheit bedroht sind.
Der Kreisfischereiverein ist für rund 135 Kilometer Fluss- und Bachstrecke im Landkreis Lindau verantwortlich. Neben dem Scheibenbach in Scheidegg zählt aktuell auch der Mühlbach in Lindenberg zu den „Sorgenkindern“. Insbesondere rund um das Hallenbad sei die Situation „kritisch“, sagt Piechatzek mit Blick auf den Wasserpegel. Komplett trocken werde der Mühlbach aber wohl nie fallen, so der Experte.
Auch der Lindenberger Moosbach führt derzeit deutlich weniger Wasser als üblich. Er fließt aus dem Waldsee heraus. Die Annahme, damit sei genug Wasser vorhanden, um den Bach zu versorgen, sei allerdings falsch, erklärt der Fischer. Denn: Sinkt der Pegel des Waldsees zugunsten des Moosbachs, steigt im See die Gefahr einer erneuten Algenplage.
Die größten Fließgewässer des Westallgäus sind die Argen und die Leiblach. Deren Pegel bewegen sich oberhalb eines mittleren Niedrigwassers. Daher sieht Piechatzek derzeit „keinen Grund zur Panik“. Dennoch wünscht er sich längeren Regen: „Am besten drei bis vier Tage lang, aber nicht zu viel auf einmal, damit sich die Wasserspeicher auffüllen können.“Ein Gewitterregen wirke sich hingegen kaum auf die Pegelstände aus. Zu schnell fließe das Wasser wieder ab.
Die anhaltende Trockenheit mit nur kurzen Gewittergüssen ist aus Sicht von Piechatzek aber nur ein Grund dafür, dass den Fließgewässern das Wasser fehlt. Ein anderer Grund sei die zunehmende Boden versiegelung. Werde nimmer mehr Flächen verbaut, fehlen herkömmliche Böden, vor allem aber auch Moore, als Zwischenspeicher. Als Beispiel nennt der Fischerei vereins vorsitzende das Gebiet Haus er Wiesen. Dort ist ein Gewerbegebiet entstanden und große Flächen sind versiegelt worden. Niederschläge fließen über die Kanalisation schnell ab, statt sich im Boden zu sammeln. So erhält auch der Mühlbach weniger Oberflächen wasser.