Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Bossanova mit einem Hauch 21. Jahrhunder­t“

Die Künstlerin Paula Morelenbau­m über brasiliani­sche Rhythmen und ihren Auftritt auf dem Einhaldenf­estival

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FRONREUTE (ric) - Zumindest ein Lied mit der Brasiliane­rin Paula Morelenbau­m hat jeder schon einmal gehört: „The Girl From Ipanema“. Eigentlich ist dieses Lied vom großen Bossanova-Künstler Antônio Carlos Jobim, aber Paula Morelenbau­m hat mehr als zehn Jahre in seiner Band gespielt, bevor sie nach seinem Tod allein oder mit dem Trio „Bossarenov­a“mit Joo Kraus und Ralf Schmid unterwegs war. „Bossarenov­a“kommt Ende Juli zum Einhaldenf­estival auf den Kaseshof in Geratsreut­e bei Fronhofen. Im Interview mit SZRedakteu­r Philipp Richter spricht Paula Morelenbau­m über den Bossanova und verrät, warum sie lieber in kleinen Orten auftritt.

Frau Morelenbau­m, wie oft haben Sie schon „The Girl From Ipanema“spielen müssen?

Ehrlich gesagt spiele ich dieses Lied nie. Mit Antônio Carlos Jobim habe ich dieses Lied bei den meisten Auftritten gespielt – aber nie bei meinen Auftritten. Als ich mit meiner Solokarrie­re begann, habe ich nie ein Lied von Jobim für meine Platten aufgenomme­n. Ich liebe „The Girl From Ipanema“, es ist ein Meisterwer­k, und ich werde oft gefragt, ob ich es nicht singen will, aber ich will es einfach nicht singen.

Warum? Langweilt Sie es?

Nein, es ist ein großartige­s Lied – wie gesagt: ein Meisterwer­k. Aber dieses Lied ist so berühmt, jeder kennt es und es gibt so viele Lieder, die nicht so bekannt sind. Ich will meinem Publikum diese schönen Lieder präsentier­en, die es noch nicht kennt.

Sie haben lange Jahre mit Jobim zusammenge­arbeitet. Wie sehr hat er und seine Musik Sie beziehungs­weise Ihr Schaffen beeinfluss­t?

Ich glaube, dass ich komplett von ihm und seiner Musik beeinfluss­t bin. Es gibt kein Lied, das ich gesungen habe, bei dem ich nicht an ihn gedacht habe. Ich überlege bei allem, was ich mache, ob ihm dieses Lied so gefallen würde oder nicht. Er hat mich sehr beeindruck­t, wie er sein Leben geführt hat, wie er mit seiner Karriere umgegangen ist und auf welche Weise er Musik gemacht hat. Ich denke, es gibt eine starke Verbindung zwischen ihm und mir. Zum Beispiel habe ich jetzt ein Album mit Ralf Schmid und Joo Kraus aufgenomme­n, das wir nächsten Monat herausbrin­gen. Darauf ist jetzt ein Lied von Jobim, das wir neu produziert haben. Für mich war es unglaublic­h wichtig, dass seine Seele in diesem Lied zu erkennen ist.

Sie spielen in großen Städten wie New York vor einem großen Publikum, Sie kommen aber auch in kleine Dörfer wie eben Geratsreut­e und spielen vor kleinerem Publikum. Gibt es für Sie einen Unterschie­d?

Für mich macht es keinen Unterschie­d, ob ich in New York oder in einem kleinen Dorf in Italien oder Deutschlan­d spiele. Auch in Brasilien spiele ich oft in kleinen Orten. Den Unterschie­d macht immer das Publikum. Und das ist in kleinen Dörfern oft sehr anders – es ist sehr herzlich und voll mit Energie. Das Publikum gibt uns dann diese Energie zurück, in den großen Städten ist das Publikum eher kalt.

Was ist der Unterschie­d vom brasiliani­schen zum deutschen Publikum?

Da gibt es einen großen Unterschie­d. Die Sache ist die: Die Lieder, die ich präsentier­e, sind sehr berühmte brasiliani­sche Lieder, die natürlich für das brasiliani­sche Publikum eine ganz andere Bedeutung haben als beispielsw­eise für das deutsche Publikum. Die Brasiliane­r kennen all diese Lieder – von ihren Eltern, aus der Kindheit oder aus anderen Zusammenhä­ngen. Aber sehr interessan­t ist, dass das deutsche Publikum die Energie dieser Lieder fühlt, obwohl es sie gar nicht kennt. Das ist schon besonders. Und man merkt, dass die Leute diese Bossanova-Lieder lieben, auch wenn sie sie noch nie gehört haben.

Was werden Sie auf dem Einhaldenf­estival dem Publikum präsentier­en?

Wir werden unser neues Album präsentier­en, auf dem sich viele neue Bossanova-Lieder von Komponiste­n aus der Generation nach Jobim befinden. Außerdem auch Lieder aus unserem Album vor zwei Jahren. Wir werden aber auch klassische Lieder mit portugiesi­schem Text vorstellen. Es sind Lieder von Schumann und Schubert, aber auch von dem brasiliani­schen Komponiste­n Heitor Villa-Lobos. Wir haben auch die Schumann- und Schubert-Stücke mit portugiesi­schem Text versehen. So schaffen wir eine Brücke zwischen Brasilien und Deutschlan­d.

Sie treten im Trio „Bossarenov­a“auf. Sehen Sie diesen Namen auch als Beschreibu­ng Ihres Musikstils?

Die Idee dahinter ist, dass wir Bossanova mit einem Hauch aus dem 21. Jahrhunder­t präsentier­en. Es ist nicht der alte oder schon bekannte Bossanova. Wir haben auch viele elektronis­che Elemente, die wir in die Lieder mit einbauen. So entstehen ganz neue Klänge.

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FOTO: PAOLO FIORI Paula Morelenbau­m

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