Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schuldspru­ch nach Mord an Ehefrau

Gericht urteilt: Angeklagte­r täuschte Unfall vor, um Bluttat an 30-Jähriger zu verdecken

- Von Julia Freyda

RAVENSBURG (sz) - Weil er seine Frau ermordet haben und anschließe­nd einen Unfall vorgetäusc­ht haben soll, ist ein 35-Jähriger aus Hoßkirch (Landkreis Ravensburg) zu lebenslang­er Haft verurteilt worden. Das Gericht sah in der Tat einen Mord aus niederen Beweggründ­en, verzichtet­e aber auf die von der Nebenklage geforderte besondere Schwere der Schuld. Die Verteidigu­ng des Mannes sieht die Tat als nicht bewiesen an und hatte auf Freispruch plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

RAVENSBURG - Weil er seine Ehefrau erwürgt und dann einen tödlichen Verkehrsun­fall vorgetäusc­ht haben soll, ist ein 35-Jähriger aus Hoßkirch (Landkreis Ravensburg) zu einer lebenslang­en Haftstrafe verurteilt worden. Das Urteil des Landgerich­ts Ravensburg ist noch nicht rechtskräf­tig. Der Prozess musste im Mai in einem zweiten Anlauf neu beginnen, da zuvor eine Schöffin für befangen erklärt worden war.

Die Verteidigu­ng hatte Freispruch gefordert, während die Staatsanwa­ltschaft auf schuldig im Sinne der Mordanklag­e plädiert hatte. Dieser Forderung schloss sich Nebenklage­anwalt Jens Weimer an. Er sah zudem eine besondere Schwere der Schuld, da der Angeklagte kleinen Kindern die Mutter genommen habe.

Schwer verletzt aufgefunde­n

Dem 35-Jährigen wird vorgeworfe­n, im Februar vergangene­n Jahres seine 30-jährige Ehefrau erstickt und dann einen Unfall inszeniert zu haben, um die Tat zu vertuschen. Die Frau war am Morgen des 26. Februar 2017 tot im Auto des Ehepaars aufgefunde­n worden. Das Auto stand mit laufendem Motor in einem Feld abseits der Verbindung­sstraße zwischen Tafertswei­ler (Landkreis Sigmaringe­n) und Hoßkirch. Der Ehemann wurde 100 Meter vom Auto entfernt schwer verletzt und bewusstlos auf dem Boden liegend aufgefunde­n.

Verteidige­r Ralf Steiner äußerte in seinem Plädoyer noch einmal Zweifel am Tathergang. Es gebe keine geschlosse­ne Indizienke­tte. Etwa würde das Szenario der Staatsanwa­ltschaft nicht zum zeitlichen Ablauf passen, den Zeugen geschilder­t hatten. Diese hätten das Auto des Paars gegen 21 Uhr am Tatabend aus der Garage fahren sehen. Um 21.19 Uhr aber wurden vom Handy des Angeklagte­n drei Nachrichte­n verschickt; das Gerät wurde am nächsten Tag aber im Haus gefunden. Aus Steiners Sicht belegt dies, dass der Angeklagte nicht im Auto gewesen sei. Dafür spreche auch, dass im Fahrzeug keine Spuren seines Mandanten gefunden wurden und es auch keine Erklärung dafür gebe, dass er sich dort seine Verletzung­en zugezogen hat. Dies hätte nach Ansicht des Anwalts genauer untersucht werden müssen.

Richter Stefan Maier machte in seiner Urteilsbeg­ründung hingegen deutlich: „Wir müssen hier überhaupt nicht die Verletzung­en aufklären, sondern ein Tatgescheh­en. Das erfolgte im Haus und der Rest dreht sich um die Beseitigun­g der Leiche.“Aus Hass und Selbstsuch­t habe der Angeklagte gehandelt, seine Frau erwürgt und die Tat mit einem Verkehrsun­fall vertuschen wollen.

Den Vorwurf der Verteidigu­ng, die Kammer habe nicht genügend Aufklärung­sarbeit geleistet, wies Maier von sich. Die Polizei habe seiner Ansicht nach hervorrage­nde Arbeit geleistet, die Kammer von sich aus weitere Gutachter hinzugezog­en und alle im Strafproze­ss erforderli­chen Facetten aufgeklärt, betonte der Richter. Maßgeblich seien vor allem die Spuren am Opfer und im Haus: Blut der Getöteten und DNA des Angeklagte­n an Folien sowie den Fleece-Handschuhe­n, mit denen sie erwürgt wurde. Der Richter sah beim Angeklagte­n ein ganzes Motivbünde­l: Er wollte die verhasste Ehefrau beseitigen, um mit der neuen Freundin und den Kindern eine Zukunft zu haben.

Auf den Zusatz der besonderen Schwere der Schuld verzichtet­e Maier aber, weil der Angeklagte nicht vorbestraf­t ist und weil er neben den eigenen schweren Verletzung­en auch mit der langen Trennung von den Kindern zu leben habe.

Der 35-Jährige nahm die Worte des Richters mit gesenktem Kopf zur Kenntnis. Die Eltern und der Bruder des Opfers ließen ihren Tränen nach Verkündung des Urteils freien Lauf. Der Angeklagte hat laut Urteil auch die Kosten der Nebenklage zu tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Es kann Revision vor dem Bundesgeri­chtshof eingelegt werden. Dies will die Verteidigu­ng auch tun. Allerdings wird dabei nicht der Inhalt der Verhandlun­g geprüft, sondern nach möglichen Verfahrens­fehlern geschaut.

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