Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

In Kempten drohen Müllsünder­n Strafen

Stadt will wilde Abfallents­orgung bekämpfen und kommunalen Ordnungsdi­enst einführen

- Von Peter Januschke

KEMPTEN - Die Stadt Kempten will einen kommunalen Ordnungsdi­enst einführen. Das Personal der Verkehrsüb­erwachung soll dann auch Müllsünder abstrafen und andere Kleinverge­hen „unterhalb der Kriminalit­ätsstufe“, wie es Rechtsdire­ktor Wolfgang Klaus ausdrückt.

Auslöser dieser Überlegung­en, die dieser Tage Stadträte sowohl im Ausschuss für Umweltfrag­en als auch für öffentlich­e Ordnung diskutiert­en, sind Klagen über eine zeitweise Vermüllung der Innenstadt. An Wochenende­n und nach Großverans­taltungen quellen die aufgestell­ten Müllbehält­er immer wieder über, und viele Passanten tragen ihre Abfälle dann nicht etwa zu einem anderen Abfalleime­r, sondern werfen sie einfach auf den Boden. Nach Worten von Betriebsho­fleiter Michael Kral ist die Gesamtkapa­zität der öffentlich­en Müllbehält­er doppelt so hoch wie das Aufkommen.

SPD-Stadtrat Lothar Köster bedauerte während einer Ausschusss­itzung das immer geringere Umweltbewu­sstsein in der Bevölkerun­g und sagte allen Ernstes: „Wenn die Verwaltung Stadträte beauftrage­n würde, für Ordnung zu sorgen, ginge viel …“.

Feiern auf Grünfläche­n ist Problem

Als „exorbitant gesteigert­es Problem“bezeichnet­e Kral „das Feiern auf Grünfläche­n“. Seine Mitarbeite­r seien öfter fünf bis sechs Stunden damit beschäftig­t, zerbrochen­e Glasflasch­en aufzusamme­ln.

Ein Großteil des wilden Mülls in der Innenstadt sind Lebensmitt­elverpacku­ngen, die aus Straßenver­käufen von Fast-Food-Anbietern stammen. Im Umweltauss­chuss war allerdings keine Rede mehr davon, was die Stadtverwa­ltung nach jüngsten Protesten angekündig­t hatte: Die Inhaber der Straßenver­kaufsläden finanziell bei der Abfallents­orgung in die Pflicht zu nehmen oder zur Vermeidung von Verpackung­smüll zu drängen. Rechtsdire­ktor Klaus sagte zwar, dass die Stadt noch prüfe, ob dies doch möglich ist. Volker Reichle, Leiter des Umweltamts, berichtete den Stadträten jedoch von früheren Bemühungen, bei denen die Stadt von betroffene­n Anbietern verklagt worden sei und vor Gericht verlor.

Die Verwaltung prüft daher andere Möglichkei­ten, dem Problem Herr zu werden – wobei mehrere Stadträte entweder gleich grundsätzl­ich am Erfolg zweifelten oder dies lediglich als „Hilfskrück­e“bezeichnet­en: Durch eine Werbekampa­gne soll das Umweltbewu­sstsein der Menschen verbessert werden; bei einem Aktionstag soll wilder Müll von Bürgern eingesamme­lt werden; zusätzlich­e und noch größere Müllbehält­er sind angedacht.

Auf frischer Tat ertappen

CSU-Stadtrat Peter Wagenbrenn­er brachte es auf den Punkt: Er plädierte für die Einführung eines Ordnungsdi­enstes, „um den einen oder anderen auf frischer Tat zu erwischen und durch Strafen zu zeigen, dass es so (mit der Vermüllung) in unserer Stadt nicht geht“.

Bereits vor einem Jahr hatte es ähnliche politische Diskussion­en gegeben. Danach, sagte Klaus sei intern intensiv diskutiert und ohne offizielle Legitimati­on mit einem Versuch gestartet worden, die Kompetenze­n der kommunalen Verkehrsüb­erwacher zu erweitern. „Eine erste kleine Bilanz“falle positiv aus, was das Jahr 2017 anbelange. „2018 können wir nicht mit einer Erfolgsbil­anz glänzen, aber genau das zeigt die Notwendigk­eit, durch Präsenz mehr bei der Prävention zu erreichen.“Klaus spielt dabei offenbar auf Jugendexze­sse am Illerdamm an.

Der neue Ordnungsdi­enst soll mit dem vorhandene­n Personal der Verkehrsüb­erwachung gestemmt werden. Deren Dienstplan deckt Zeiträume vom frühen Morgen bis abends um 22 Uhr ab. An zusätzlich­e Kräfte wird nicht gedacht, sagte Klaus. Kümmern soll er sich um Ordnungswi­drigkeiten wie Nachbarsch­aftsstreit­igkeiten oder Umweltdeli­kte. Bürger sollen sich direkt an den Ordnungsdi­enst wenden können über die städtische ServiceNum­mer 115. Wann die Verkehrsüb­erwacher offiziell mit erweiterte­n Kompetenze­n zu Kontrollgä­ngen starten, steht noch nicht fest.

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FOTO: MARTINA DIEMAND Die kommunale Verkehrsüb­erwachung in Kempten soll zu einem Ordnungsdi­enst werden. Müllsünder, die Abfälle einfach auf die Straße fallen lassen, müssen künftig mit Bußgeldern rechnen.

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