Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Nirgendwo gibt es mehr FSME-Fälle als im Kreis

Gesundheit­samt meldet 19 Erkrankte – Grund zur Panik besteht nicht, denn es gibt eine kostenlose Impfung

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Nirgendwo im Land gibt es so viele FSME-Fälle wie im Kreis Ravensburg. Bis Mittwoch haben sich laut Gesundheit­samt 19 Menschen nachweisli­ch mit dem Virus infiziert, der meist durch Zecken übertragen wird und eine gefährlich­e Hirnhauten­tzündung hervorrufe­n kann. Das sind acht mehr als im Vorjahr. Im Land Baden-Württember­g wurden bis zum 22. Juli 182 Fälle gemeldet, 71 mehr als im vergleichb­aren Vorjahresz­eitraum. Trotz guter Impfquote von 20 bis 25 Prozent ist der Kreis Ravensburg Spitzenrei­ter für FSME-Erkrankung­en.

Dennoch besteht laut Dr. Hans Bürger, dem Vorsitzend­en der Kreisärzte­schaft Ravensburg, kein Grund zur Panik. Zwar verläuft die Frühsommer-Meningoenz­ephalitis (FSME) oft unangenehm mit Fieberwell­en, die man leicht mit einer Sommergrip­pe verwechsel­n kann, längst nicht alle Infizierte­n entwickeln in der Folge aber tatsächlic­h eine gefährlich­e Hirnhauten­tzündung mit den typischen unerträgli­ch starken Kopf- und Nackenschm­erzen oder Lähmungser­scheinunge­n. Laut Bürger nimmt nur ein Prozent der Infektione­n einen extrem schweren Verlauf, bei 70 bis 90 Prozent der Infizierte­n treten gar keine Symptome auf. Und immer mehr Menschen lassen sich gegen FSME impfen, seit die Krankenkas­sen die Kosten voll übernehmen. „Die Aufklärung trägt offenbar Früchte“. Einmal ausgebroch­en, gibt es nämlich keine Medikament­e gegen die Krankheit.

Während die Virus-Erkrankung FSME trotz der steigenden Zahlen immer noch recht selten ist, übertragen viele Zecken auch Bakterien, die sogenannte­n Borrelien. Borreliose kommt mit bis zu 90 Erkrankung­en auf 100 000 Einwohner viel häufiger vor als FSME (1,3 Erkrankung­en auf 100 000 Einwohner), und es gibt keine Impfung dagegen. Deshalb sei es wichtig, nach Waldspazie­rgängen oder einem Picknick im Freien den Körper nach Zecken abzusuchen, die sich gerne auch in feuchteren Körpergebi­eten wie Kniekehlen oder Bauchnäbel­n festsaugen. Dabei beißen sie nicht, sondern stechen mit ihren Saugwerkze­ugen durch die Haut, erklärt Bürger.

Wer die Zecke frühzeitig entdeckt, hat gute Karten, sie ohne Komplikati­onen zu entfernen: Borrelien brauchen nämlich zwölf Stunden, um den Menschen zu infizieren. Das Spinnentie­r sollte dabei schnell und ohne Manipulati­on (Drücken auf den Körper) herausgezo­gen werden. „Keinesfall­s drehend, wie es früher hieß, denn Zecken haben kein Schraubgew­inde“, klärt der Vorsitzend­e der Kreisärzte­schaft auf. Sicherheit­shalber sollte man die Einstichst­elle in den nächsten Wochen beobachten.

Die für die Borreliose typische Wanderröte (ein roter Kreis um einen blassen Mittelpunk­t) tritt erst nach einigen Tagen auf, manchmal erst nach sechs Wochen. Anzeichen einer Borreliose sind Fieber, Kopfschmer­zen und Müdigkeit. In diesem zweiten Stadium ist die Krankheit mit Antibiotik­a gut behandelba­r. Unbehandel­t können sich jedoch Nervenschm­erzen, Entzündung­en der Blutgefäße und sogar Lähmungen einstellen.

Wegen eines Zeckenstic­hs gleich eine Blutunters­uchung anzuleiern oder gar die tote Zecke selbst an ein Labor zu schicken, obwohl weder die Wanderröte noch andere Symptome aufgetrete­n sind, bringt laut Bürger überhaupt nichts. „Das ist völliger Unsinn. Es kann ja sein, dass die Zecke zwar Borrelien in sich getragen hat, aber die Zeit zu kurz für eine Infektion war. Hysterie ist nicht angebracht.“

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FOTO: STEPHAN JANSEN/DPA Zecken können Borreliose oder FSME übertragen.

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