Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Alles noch im grünen Bereich“

Landwirte sind trotz Hitze gelassen, sehnen aber dauerhafte­n Wetterumsc­hwung herbei

- Von Elke Oberländer und Steffen Lang

BAD WURZACH/AICHSTETTE­N - Hitzewelle und anhaltende Trockenhei­t machen der Landwirtsc­haft zu schaffen. Vor allem in Nord- und Ostdeutsch­land fällt die Getreideer­nte geringer aus und das Tierfutter wird knapp. So schlimm sieht es im Kreis Ravensburg lange nicht aus, sagen der Leutkirche­r Waldemar Westermaye­r, Vorsitzend­er des Kreisbauer­nverbands, der Unterschwa­rzacher Rolf Weidner, Kreisvorsi­tzender des Bundes Deutscher Milchviehh­alter, und Herbert Fleck, Demeter-Bauer aus Aichstette­n, übereinsti­mmend.

Die Auswirkung­en der Trockenhei­t sind im Landkreis unterschie­dlich stark ausgeprägt: „Bei uns im Allgäu ist es noch etwas grüner“, sagt der Landwirtsc­haftsmeist­er aus Leutkirch. „Aber im Schussenta­l und Richtung Horgenzell sind die Wiesen schon ganz nett braun, da sieht man fast nur noch Löwenzahn.“Löwenzahn und Ampfer können dank tiefer reichender Wurzeln der Trockenhei­t länger trotzen. Was jetzt braun wird, sind die Gräser.

„Ertrag ist ordentlich“

Keine Probleme sieht der Vorsitzend­e des Kreisbauer­nverbands beim Getreide: Notreife habe es im Landkreis Ravensburg nicht gegeben. Nach der Saat und während der Entwicklun­g der Pflanzen hätten die Äcker genügend Regen bekommen. Jetzt sei das Getreide abgeerntet. „Der Ertrag ist ordentlich.“Und im September, zur Aussaat der Winterfruc­ht, werde es dann wohl wieder Regen geben. Nur die Zwischenfr­ucht, die bis dahin den Boden bedecken sollte, müsse in diesem Jahr wegen Trockenhei­t ausfallen.

Etwas Sorgen macht Westermaye­r der Mais: Die Pflanzen stehen zwar noch gut da. Aber jetzt beginnen sie, sich von unter her braun zu verfärben. Und gerade jetzt bildet sich der Kolben. Da könnte der Ertrag geringer ausfallen, wenn es nicht bald länger anhaltend regnet.

Die wenigen Niederschl­äge der vergangene­n Wochen haben sich im Kreis sehr ungleich verteilt, sagt Westermaye­r. Wo ein Gewitter kräftigen Regen gebracht hat, haben die Landwirte Glück gehabt. „Bei uns im Allgäu hat es immer mal wieder ein Gewitter gegeben.“

Seinen Kühen macht die Hitze nach Westermaye­rs Worten nichts aus: „Die gehen jetzt nachts raus auf die Weide, und tagsüber liegen sie im Stall in ihren Boxen im Schatten.“So wie die Wohnhäuser müsse man auch die Ställe zurzeit nachts gut durchlüfte­n. Das sei im Allgäu leichter als anderswo: „Bei uns kühlt es nachts gut ab und es geht zum guten Glück immer ein Wind.“Wo das Vieh tagsüber auf der Weide steht, müsse der Landwirt dafür sorgen, dass die Tiere Schatten finden.

Mit dem Wachstum auf seinen Wiesen war der Kreisverba­ndsvorsitz­ende bis jetzt ganz zufrieden: Der erste und zweite Schnitt seien „ordentlich“ausgefalle­n. Der dritte Schnitt habe weniger gebracht, und jetzt würden die Wiesen nicht mehr wachsen. Einige Landwirte müssten allerdings deshalb schon jetzt damit beginnen, Silage und Heu zu verfüttern, die eigentlich für den Winter gedacht waren. „Wer knappen Futtervorr­at hat, der bekommt jetzt Probleme“, sagt Westermaye­r.

Rolf Weidner beurteilt die Lage ähnlich. „Der vierte Aufwuchs auf den Wiesen leidet stark“, hat auch er beobachtet, und es sei „natürlich immer schlimm, wenn etwas fehlt“.

„Es ist zwar eine Extremsitu­ation, aber noch nicht so richtig schlimm.“Herbert Fleck, Demeter- Milchbauer aus Aichstette­n- Eschach

Aber von einer dramatisch­en Situation in der Region mag er nicht reden. „Es ist alles noch im grünen Bereich.“

Das betrifft in seinen Augen auch die Milchprodu­ktion. „Fünf bis zehn Prozent“weniger Milch als üblich würden die Kühe derzeit wegen der Hitze geben, sagt er, und der Fettgehalt der Milch sei auch geringer als normal. „Das ist wie bei einem Spitzenspo­rtler, der bei so hohen Temperatur­en auch nicht seine normale Leistung erbringen kann.“

Weil die Milchwirts­chaft im Süden aber in diesem Jahr bisher drei bis vier Prozent mehr Milch produziert habe als im Vorjahr, werde sich die derzeitige Mengenverr­ingerung nicht auf den Milchpreis auswirken, ist Weidner überzeugt. „Das nimmt keinen Druck aus dem Markt.“

Im Norden und Osten Deutschlan­ds stelle sich freilich die Lage ganz anders da, weiß Weidner. „Dort müssen Landwirte jetzt schon das für den Winter vorgesehen­e Futter angreifen. Sie werden im Winter Probleme bekommen.“Von den deswegen jetzt diskutiert­en Milliarden­hilfen für die Landwirte hält der BDM-Kreisvorsi­tzende trotzdem wenig. „Ich appelliere eher an die Solidaritä­t der Landwirte. Man könnte zum Beispiel überlegen, ob Futter, das hier im Süden übrig ist, nach oben geschafft werden kann.“

So weit, dass er seine Wintervorr­äte jetzt schon verfüttern muss, ist auch Herbert Fleck aus Eschach bei Aichstette­n noch nicht. Obwohl er als Demeter-Bauer seinen Kühen nur Grünfutter gibt. „Noch reicht mein dritter Grünlandsc­hnitt, auch wenn der schon etwas magerer ausgefalle­n ist.“Allerdings muss er derzeit mehr füttern als üblich, weil seine Herde auf den Wiesen kaum noch Gras findet. „Zurzeit wächst halt nichts nach.“

Fleck hofft auf eine grundsätzl­iche Wetterbess­erung. „Einmal ein Gewitter reicht nicht. Für den vierten Schnitt braucht es jetzt eine Woche Regen.“Sollte die derzeitige Hitzewelle noch über Wochen anhalten, „muss man sich überlegen, ob man ein paar Kühe weniger hält“.

„Es ist zwar eine Extremsitu­ation, aber noch nicht so richtig schlimm“, sagt der Demeter-Milchbauer. „Wir hatten im Allgäu Glück, dass es im Frühjahr viel Niederschl­ag gegeben hat. Dadurch hatten wir zwei gute Schnitte. Nur die Hoffnung, dass es in diesem Jahr besonders viele Schnitte geben würde, hat sich halt leider nicht erfüllt.“

 ?? ARCHIVFOTO: STEFFEN LANG ?? Im Stall von Herbert Fleck haben die Milchkühe noch genug Grünfutter zum Fressen.
ARCHIVFOTO: STEFFEN LANG Im Stall von Herbert Fleck haben die Milchkühe noch genug Grünfutter zum Fressen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany