Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Alles noch im grünen Bereich“
Landwirte sind trotz Hitze gelassen, sehnen aber dauerhaften Wetterumschwung herbei
BAD WURZACH/AICHSTETTEN - Hitzewelle und anhaltende Trockenheit machen der Landwirtschaft zu schaffen. Vor allem in Nord- und Ostdeutschland fällt die Getreideernte geringer aus und das Tierfutter wird knapp. So schlimm sieht es im Kreis Ravensburg lange nicht aus, sagen der Leutkircher Waldemar Westermayer, Vorsitzender des Kreisbauernverbands, der Unterschwarzacher Rolf Weidner, Kreisvorsitzender des Bundes Deutscher Milchviehhalter, und Herbert Fleck, Demeter-Bauer aus Aichstetten, übereinstimmend.
Die Auswirkungen der Trockenheit sind im Landkreis unterschiedlich stark ausgeprägt: „Bei uns im Allgäu ist es noch etwas grüner“, sagt der Landwirtschaftsmeister aus Leutkirch. „Aber im Schussental und Richtung Horgenzell sind die Wiesen schon ganz nett braun, da sieht man fast nur noch Löwenzahn.“Löwenzahn und Ampfer können dank tiefer reichender Wurzeln der Trockenheit länger trotzen. Was jetzt braun wird, sind die Gräser.
„Ertrag ist ordentlich“
Keine Probleme sieht der Vorsitzende des Kreisbauernverbands beim Getreide: Notreife habe es im Landkreis Ravensburg nicht gegeben. Nach der Saat und während der Entwicklung der Pflanzen hätten die Äcker genügend Regen bekommen. Jetzt sei das Getreide abgeerntet. „Der Ertrag ist ordentlich.“Und im September, zur Aussaat der Winterfrucht, werde es dann wohl wieder Regen geben. Nur die Zwischenfrucht, die bis dahin den Boden bedecken sollte, müsse in diesem Jahr wegen Trockenheit ausfallen.
Etwas Sorgen macht Westermayer der Mais: Die Pflanzen stehen zwar noch gut da. Aber jetzt beginnen sie, sich von unter her braun zu verfärben. Und gerade jetzt bildet sich der Kolben. Da könnte der Ertrag geringer ausfallen, wenn es nicht bald länger anhaltend regnet.
Die wenigen Niederschläge der vergangenen Wochen haben sich im Kreis sehr ungleich verteilt, sagt Westermayer. Wo ein Gewitter kräftigen Regen gebracht hat, haben die Landwirte Glück gehabt. „Bei uns im Allgäu hat es immer mal wieder ein Gewitter gegeben.“
Seinen Kühen macht die Hitze nach Westermayers Worten nichts aus: „Die gehen jetzt nachts raus auf die Weide, und tagsüber liegen sie im Stall in ihren Boxen im Schatten.“So wie die Wohnhäuser müsse man auch die Ställe zurzeit nachts gut durchlüften. Das sei im Allgäu leichter als anderswo: „Bei uns kühlt es nachts gut ab und es geht zum guten Glück immer ein Wind.“Wo das Vieh tagsüber auf der Weide steht, müsse der Landwirt dafür sorgen, dass die Tiere Schatten finden.
Mit dem Wachstum auf seinen Wiesen war der Kreisverbandsvorsitzende bis jetzt ganz zufrieden: Der erste und zweite Schnitt seien „ordentlich“ausgefallen. Der dritte Schnitt habe weniger gebracht, und jetzt würden die Wiesen nicht mehr wachsen. Einige Landwirte müssten allerdings deshalb schon jetzt damit beginnen, Silage und Heu zu verfüttern, die eigentlich für den Winter gedacht waren. „Wer knappen Futtervorrat hat, der bekommt jetzt Probleme“, sagt Westermayer.
Rolf Weidner beurteilt die Lage ähnlich. „Der vierte Aufwuchs auf den Wiesen leidet stark“, hat auch er beobachtet, und es sei „natürlich immer schlimm, wenn etwas fehlt“.
„Es ist zwar eine Extremsituation, aber noch nicht so richtig schlimm.“Herbert Fleck, Demeter- Milchbauer aus Aichstetten- Eschach
Aber von einer dramatischen Situation in der Region mag er nicht reden. „Es ist alles noch im grünen Bereich.“
Das betrifft in seinen Augen auch die Milchproduktion. „Fünf bis zehn Prozent“weniger Milch als üblich würden die Kühe derzeit wegen der Hitze geben, sagt er, und der Fettgehalt der Milch sei auch geringer als normal. „Das ist wie bei einem Spitzensportler, der bei so hohen Temperaturen auch nicht seine normale Leistung erbringen kann.“
Weil die Milchwirtschaft im Süden aber in diesem Jahr bisher drei bis vier Prozent mehr Milch produziert habe als im Vorjahr, werde sich die derzeitige Mengenverringerung nicht auf den Milchpreis auswirken, ist Weidner überzeugt. „Das nimmt keinen Druck aus dem Markt.“
Im Norden und Osten Deutschlands stelle sich freilich die Lage ganz anders da, weiß Weidner. „Dort müssen Landwirte jetzt schon das für den Winter vorgesehene Futter angreifen. Sie werden im Winter Probleme bekommen.“Von den deswegen jetzt diskutierten Milliardenhilfen für die Landwirte hält der BDM-Kreisvorsitzende trotzdem wenig. „Ich appelliere eher an die Solidarität der Landwirte. Man könnte zum Beispiel überlegen, ob Futter, das hier im Süden übrig ist, nach oben geschafft werden kann.“
So weit, dass er seine Wintervorräte jetzt schon verfüttern muss, ist auch Herbert Fleck aus Eschach bei Aichstetten noch nicht. Obwohl er als Demeter-Bauer seinen Kühen nur Grünfutter gibt. „Noch reicht mein dritter Grünlandschnitt, auch wenn der schon etwas magerer ausgefallen ist.“Allerdings muss er derzeit mehr füttern als üblich, weil seine Herde auf den Wiesen kaum noch Gras findet. „Zurzeit wächst halt nichts nach.“
Fleck hofft auf eine grundsätzliche Wetterbesserung. „Einmal ein Gewitter reicht nicht. Für den vierten Schnitt braucht es jetzt eine Woche Regen.“Sollte die derzeitige Hitzewelle noch über Wochen anhalten, „muss man sich überlegen, ob man ein paar Kühe weniger hält“.
„Es ist zwar eine Extremsituation, aber noch nicht so richtig schlimm“, sagt der Demeter-Milchbauer. „Wir hatten im Allgäu Glück, dass es im Frühjahr viel Niederschlag gegeben hat. Dadurch hatten wir zwei gute Schnitte. Nur die Hoffnung, dass es in diesem Jahr besonders viele Schnitte geben würde, hat sich halt leider nicht erfüllt.“