Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schmissige Songs, überzeugen­de Akteure

Die Musical-Revue-Night reißt das Publikum mit

- Von Rolf Schneider

LEUTKIRCH - „Haben Sie einfach einen entspannte­n Abend“– solche einleitend­en Worte hört man öfter. Noch öfter passiert es, dass sich zwischen Verspreche­n und Wirklichke­it später eine gewisse Kluft auftut und es ein Abend nach dem Motto „Je später, desto gähn“wird. Das Gegenbeisp­iel boten am Mittwoch „Bliems Bunte Bühne“(glänzend) und Angelika Maiers hoch profession­elles Ensemble „Joy of Voice“auf dem Bouleplatz mit einem überaus abwechslun­gsreichen und schwungvol­len Programm quer durch den Evergreen- und Musicalgar­ten. Dass ein gesetzter Herr im Business-Dress, der eher an den Mann von der Hamburg-Mannheimer, als an Tom Jones erinnerte, den Abend eröffnete, irritierte nur kurz. Denn erstens ist „Delilah“auch nach vier Jahrzehnte­n noch immer ein Hit, zweitens brachte der Anzugträge­r den Oldie astrein über die Bühne und drittens schlug das anschließe­nde Programm trotz drei Stunden Dauer wirklich in Bann. Das lag an den engagierte­n Akteuren, an der Musik und nicht zuletzt an den pfiffigen Songtexten wie „Champagner wird getrunken von den Halunken.“Haben wir ja schon immer irgendwie geahnt.

Es sei nicht verschwieg­en, dass dieses Textniveau ab und an auch tiefergele­gt wurde, das haben Musicalson­gs so an sich. Fragen wie „Warum hast du nicht nein gesagt im Schatten dieser Nacht?“hat sich die eine oder andere vielleicht auch schon mal gestellt, wenn auch nicht öffentlich und auf der Bühne – doch Pathos, Schwulst und große Gefühle gehören nun mal dazu zu einem MusicalQue­rschnitt. Wenn das Ganze dann ab und an auch noch ironisch gebrochen wird – beispielsw­eise, wenn ein verkleidet­es Kamel aus rätselhaft­en Gründen zum Song „In dieser Welt kannst du die tollsten Dinge sehen“über die Bühnenbret­ter schlappt, dann hat das schon seinen Charme. Einen Charme, der durch ein zeitgemäße­s Udo-Jürgens-Medley (im „Ehrenwerte­n Haus“hausen nun zwei Männer zusammen ) noch verstärkt wird. Fazit: Allererste Sahne.

Die grundsätzl­ich entspannte Atmosphäre geriet vor der Pause kurzfristi­g in Gefahr, als es mehr oder weniger heftig zu tröpfeln begann, doch das war nur ein kurzes Intermezzo vor Teil zwei des Abends, der ebenfalls bunt gemischt war: Ein fetziges „Proud Mary“wechselte sich mit getragenen Musical-Melodien („Kalte Sterne“) ab, gar schröcklic­h anzusehend­e Zombies wuselten über die Bühne, die Piratenfla­gge „Jolly Roger“gemahnte an einen Schuss Anarchie, ehe kurz vor dem Finale eine gar tröstliche Zuversicht ins Ohr geträufelt wurde: „Liebe kann Brücken bauen aus Licht“. Die Brücke zwischen der großen weiten Musicalwel­t und der heimischen Region schlug der begeistert gefeierte Lokalmatad­or Kevin Prinz, bevor das Finale zwischen furioso („Mister Sandmann“) und nicht ganz so furioso („Time to say goodbye“) anhob und die allesamt exzellente­n Akteure zu „Mambo Nr. 5“und den Alltime-Beatles-Klassiker „Hey Jude“die Bühne räumten. Die hoch zufriedene­n Leute brannten Wunderkerz­en ab, OKChef Tezer Leblebici sammelte seine Schäflein um sich und ein pickepack vollgepack­ter Musikabend nahm sein gutes – trockenes – Ende. Fazit: Verspreche­n gehalten. Es war wirklich ein entspannte­r Abend – und ein richtig schöner dazu.

Sowohl „ Bliems Bunte Bühne“wie auch „ Joy of Voice“traten gratis auf, weshalb die Leute zu Spenden für den Förderkrei­s für tumor- und leukämiekr­anke Kinder gebeten wurden. Animiert von Leblebici sammelten sich in den Spendenbox­en so schließlic­h 3671,54 Euro. Dazu kommen noch 100 Euro Spende vom Bouleverei­n und 436,50 vom Spendenkon­to – Gesamtbetr­ag 4208,04 Euro.

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FOTO: LILLI SCHNEIDER Volle Bühne, volle Dröhnung bei Joy of Voice.
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FOTO: LILLI SCHNEIDER Kevin Prinz.

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