Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Schmissige Songs, überzeugende Akteure
Die Musical-Revue-Night reißt das Publikum mit
LEUTKIRCH - „Haben Sie einfach einen entspannten Abend“– solche einleitenden Worte hört man öfter. Noch öfter passiert es, dass sich zwischen Versprechen und Wirklichkeit später eine gewisse Kluft auftut und es ein Abend nach dem Motto „Je später, desto gähn“wird. Das Gegenbeispiel boten am Mittwoch „Bliems Bunte Bühne“(glänzend) und Angelika Maiers hoch professionelles Ensemble „Joy of Voice“auf dem Bouleplatz mit einem überaus abwechslungsreichen und schwungvollen Programm quer durch den Evergreen- und Musicalgarten. Dass ein gesetzter Herr im Business-Dress, der eher an den Mann von der Hamburg-Mannheimer, als an Tom Jones erinnerte, den Abend eröffnete, irritierte nur kurz. Denn erstens ist „Delilah“auch nach vier Jahrzehnten noch immer ein Hit, zweitens brachte der Anzugträger den Oldie astrein über die Bühne und drittens schlug das anschließende Programm trotz drei Stunden Dauer wirklich in Bann. Das lag an den engagierten Akteuren, an der Musik und nicht zuletzt an den pfiffigen Songtexten wie „Champagner wird getrunken von den Halunken.“Haben wir ja schon immer irgendwie geahnt.
Es sei nicht verschwiegen, dass dieses Textniveau ab und an auch tiefergelegt wurde, das haben Musicalsongs so an sich. Fragen wie „Warum hast du nicht nein gesagt im Schatten dieser Nacht?“hat sich die eine oder andere vielleicht auch schon mal gestellt, wenn auch nicht öffentlich und auf der Bühne – doch Pathos, Schwulst und große Gefühle gehören nun mal dazu zu einem MusicalQuerschnitt. Wenn das Ganze dann ab und an auch noch ironisch gebrochen wird – beispielsweise, wenn ein verkleidetes Kamel aus rätselhaften Gründen zum Song „In dieser Welt kannst du die tollsten Dinge sehen“über die Bühnenbretter schlappt, dann hat das schon seinen Charme. Einen Charme, der durch ein zeitgemäßes Udo-Jürgens-Medley (im „Ehrenwerten Haus“hausen nun zwei Männer zusammen ) noch verstärkt wird. Fazit: Allererste Sahne.
Die grundsätzlich entspannte Atmosphäre geriet vor der Pause kurzfristig in Gefahr, als es mehr oder weniger heftig zu tröpfeln begann, doch das war nur ein kurzes Intermezzo vor Teil zwei des Abends, der ebenfalls bunt gemischt war: Ein fetziges „Proud Mary“wechselte sich mit getragenen Musical-Melodien („Kalte Sterne“) ab, gar schröcklich anzusehende Zombies wuselten über die Bühne, die Piratenflagge „Jolly Roger“gemahnte an einen Schuss Anarchie, ehe kurz vor dem Finale eine gar tröstliche Zuversicht ins Ohr geträufelt wurde: „Liebe kann Brücken bauen aus Licht“. Die Brücke zwischen der großen weiten Musicalwelt und der heimischen Region schlug der begeistert gefeierte Lokalmatador Kevin Prinz, bevor das Finale zwischen furioso („Mister Sandmann“) und nicht ganz so furioso („Time to say goodbye“) anhob und die allesamt exzellenten Akteure zu „Mambo Nr. 5“und den Alltime-Beatles-Klassiker „Hey Jude“die Bühne räumten. Die hoch zufriedenen Leute brannten Wunderkerzen ab, OKChef Tezer Leblebici sammelte seine Schäflein um sich und ein pickepack vollgepackter Musikabend nahm sein gutes – trockenes – Ende. Fazit: Versprechen gehalten. Es war wirklich ein entspannter Abend – und ein richtig schöner dazu.
Sowohl „ Bliems Bunte Bühne“wie auch „ Joy of Voice“traten gratis auf, weshalb die Leute zu Spenden für den Förderkreis für tumor- und leukämiekranke Kinder gebeten wurden. Animiert von Leblebici sammelten sich in den Spendenboxen so schließlich 3671,54 Euro. Dazu kommen noch 100 Euro Spende vom Bouleverein und 436,50 vom Spendenkonto – Gesamtbetrag 4208,04 Euro.