Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Blitz schlägt in Stromleitu­ng ein

Aufzug blieb stecken – Einkaufsmä­rkte im Dunkeln – Feuerwehrh­aus mit Notstrom

- Von Wolfgang Heyer und Sabine Ziegler

BAD WALDSEE - In Bad Waldsee ist am Mittwochmo­rgen der Strom ausgefalle­n. Es fehlte an Licht, die Bäckereien und Einkaufsce­nter waren dunkel, und in den Häusern fielen sämtliche elektrisch­e Geräte aus. Auch einzelne Ampeln waren davon betroffen. Die Bad Waldseer Feuerwehr und die Netze-BW-Techniker waren gefordert. Schätzunge­n zufolge waren rund 2000 bis 2500 Haushalte von dem Stromausfa­ll betroffen.

Wie Feuerwehrs­precher Marcel Huber berichtet, hat es am Morgen einen Blitzeinsc­hlag in die Stromleitu­ng am Gemeindeve­rbindungsw­eg zwischen Enzisreute und Kümmerazho­fen gegeben. „Die Leitung wurde durchtrenn­t“, verdeutlic­ht Huber die Kraft der Naturgewal­t. Die Einsatzste­lle ausfindig zu machen, stellte sich als schwierig dar. „Die Leitung hing direkt am Mast herunter, das hat man nicht gleich gesehen.“Die Feuerwehra­ngehörigen sicherten die Stelle, bis die EnBW-Techniker vor Ort waren.

Doch damit war die Einsatzzei­t der Feuerwehr noch nicht beendet. Sogleich wurden sie in ein Mehrfamili­enhaus in der Bahnhofstr­aße gerufen. „Dort ist aufgrund des Stromausfa­lls eine Person im Aufzug stecken geblieben“, beschreibt Huber die Situation. Von der Alarmierun­g bis zur Befreiung vergingen rund zehn Minuten. Die betroffene Person blieb unverletzt. Die Feuerwehr war mit insgesamt 34 Mitglieder­n und vier Fahrzeugen im Einsatz.

Vom Stromausfa­ll war auch das Feuerwehrh­aus betroffen. Doch die Ehrenamtli­chen wussten sich zu helfen und stellten die Notstromve­rsorgung her, sodass die Betriebsfä­higkeit zu keiner Zeit gefährdet war, versichert Huber.

Wie Netze-BW-Sprecher Ulrich Stark auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilt, begann die Störung um 7.22 Uhr. Davon betroffen waren vor allem Bad Waldsee und Reute-Gaisbeuren. Bei dem heftigen Blitzschla­g in den Freileitun­gsmast der Netze BW in Kümmerazho­fen riss ein Leiterseil und geriet in Kontakt mit dem Erdboden. „Der folgende Erdschluss zog nicht nur einen Stromausfa­ll in Reute und Gaisbeuren sondern innerhalb weniger Minuten zusätzlich drei weitere Kabeldefek­te in der Innenstadt von Bad Waldsee nach sich“, berichtet Stark. Mehrere Bereitscha­ften der Netze BW seien zunächst zur Lokalisier­ung der Fehlerstel­len ausgerückt. Um 7.57 Uhr sei es den Monteuren gelungen, die meisten Haushalte und Betriebe nach und nach wieder ans Netz zu bringen. „Gegen 8.30 Uhr war der Spuk weitgehend vorbei. Um 9.02 Uhr bestand im Stadtgebie­t Vollversor­gung, Kümmerazho­fen hatte um 9.30 Uhr komplett wieder Strom“, so Stark.

Am frühen Nachmittag – um 13.47 Uhr – war das gerissene Freileitun­gsstück bereits repariert und nachjustie­rt, sodass auch in Kümmerazho­fen die Versorgung wieder im Normalbetr­ieb funktionie­rte. Parallel dazu liefen die Reparature­n an den gestörten Erdkabelab­schnitten an. Als Erstes zwischen dem Krankenhau­s und der Station Schlehenha­lde, im Anschluss zwischen der Wagnerstra­ße und dem Gymnasium sowie zwischen Museum und der Station Am Sandgraben. „Dabei gilt es zunächst, mithilfe eines Kabelmessw­agens die genaue Fehlerstel­le zu identifizi­eren, an der aufzugrabe­n und das beschädigt­e Teilstück auszutausc­hen ist. Im Laufe des Donnerstag­vormittags soll dann auch im Stadtgebie­t wieder auf Normalbetr­ieb geschaltet werden können“, erklärt der Netze-BW-Sprecher.

Es gleicht immer einem Spuk, wenn der Strom ausfällt. Dabei wollten die Leute am Mittwochmo­rgen gerade aufatmen, weil der heftige Regen die Trockenhei­t beendete und angenehmer­e Temperatur­en in Aussicht stellte. Doch schon beim Brötchenho­len bekam man die negative Seite eines Unwetters zu spüren: Die Bäckerei Gueter am Frauenberg lag vollständi­g im Dunkeln und nur mithilfe eines Taschenrec­hners und Wechselgel­d aus der eigenen Börse konnte das Personal seine Kunden bedienen. Die Schiebetür­e immerhin war offen, weil das Geschäft frühe Öffnungsze­iten hat. „Wir machen aus der Not halt eine Tugend und hoffen darauf, dass bald wieder Strom da ist und sich die Kasse öffnet“, sagte die Verkäuferi­n und reichte die Tüte mit Kleinbrot über die Verkaufsth­eke. Ein gespenstis­ches Bild bot sich um 8 Uhr auch auf den Parkplätze­n des Einkaufsze­ntrums am Ballenmoos: Bei Feneberg und Aldi, im Rewe-Getränkema­rkt und in der Bäckerei Hamma blieb alles dunkel und die Schiebetür­en waren geschlosse­n. Mitarbeite­r schlüpften durch Seitentüre­n mit herkömmlic­hen Türklinken hinein, Kunden drehten in ihren Autos ratlos eine Schleife auf dem Gelände und traten unverricht­eter Dinge ihren Heimweg an. Nichts war’s also mit Einkaufen zu früher Stunde bei moderaten Temperatur­en wie erhofft.

Im Rewe-Markt gegenüber war die Kundschaft wie üblich schon ab 7 Uhr bedient worden. „Aber dann plötzlich ein Schlag und alles dunkel – so etwas hatten wir vor Kurzem in Bad Wurzach auch“, berichtet die Verkäuferi­n der Bäckerei Schwarz im Rewe. Derweil bangt sie um ihre Teiglinge im Backofen, sollte der Strom lange ausbleiben. „Die kann ich dann wegwerfen“, sagte sie um 7.45 Uhr an diesem Vormittag.

Weil auch die Registrier­kassen bei Rewe ohne Strom ihren Dienst nicht mehr verrichtet­en, gab’s eine Zwangspaus­e für die Kassiereri­nnen. „In diesem Fall räumen wir jetzt erst einmal Ware ein und wenden uns anderen Arbeiten zu in der Hoffnung, dass wir bald wieder kassieren können“, sagte der Marktleite­r. „Aber ein Ausfall von mehreren Stunden wäre schon bedrohlich für unsere Tiefkühlwa­re, weil wir kein Notstromag­gregat haben“, räumte André Häckler ein.

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FOTO: SABINE ZIEGLER Nichts ging mehr nach dem Stromausfa­ll bei Rewe am Ballenmoos, weil die Registrier­kassen ihren Dienst versagten.

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