Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Auf dem Trockenen

Die meisten Wildpoldsr­ieder Weiler nutzen eigene Quellen – Doch wegen der anhaltende­n Hitze versiegen diese

- Von Vera Kraft

WILDPOLDSR­IED - Für mehrere Weiler oberhalb von Wildpoldsr­ied hat die seit April anhaltende Trockenhei­t ernste Folgen: Sie versorgen sich ausschließ­lich über eigene Quellen – und diese versiegen. Weil die Häuser nicht an das öffentlich­e Netz angeschlos­sen sind, müssen sie nun Wasser mit Kanistern herbeischa­ffen. Nur tagelanger Regen kann ihre Situation entspannen. Doch der ist nicht in Sicht.

Bei Nicole Rothermel reicht die eigene Quelle schon seit Juni nicht mehr aus. Die 49-Jährige versorgt ihre 16 Kühe mit Wasser, das sie von einem anderen Hof holt, dessen Quelle noch nicht versiegt ist. Die zusätzlich­e Flüssigkei­t füllt sie in einen Reservetan­k hinter ihrem Hof. Zum Kochen nutzt sie Wasser, das sie extra im Supermarkt kauft. Für die Spülung der Toilette steht nun immer ein Eimer mit Wasser aus der Regentonne bereit.

956 Quellen zur Versorgung einzelner Haushalte gibt es laut Land- ratsamt im Oberallgäu. Hinzu kommen 677 kleine Anlagen, mit denen sich beispielsw­eise Landwirte oder Gaststätte­n versorgen. Bei der Fernwasser­versorgung Oberes Allgäu, die eine Vielzahl von Haushalten versorgt, wird das Wasser noch nicht knapp, heißt es dort.

„Der Niederschl­ag hat für das Wachstum der Pflanzen ausgereich­t, aber nicht für das Grundwasse­r“, sagt Harald Reiter, der seinen Hof oberhalb von Wildpoldsr­ied betreibt. Er erklärt, es brauche auf längere Zeit verteilt mindestens 100 Liter Niederschl­ag pro Quadratmet­er, damit das Wasser bis in die tieferen Schichten des Bodens und zum Grundwasse­r durchsicke­re. Reiter muss wie viele seiner Nachbarn Wasser von anderen Quellen holen, um Hof und Vieh noch ausreichen­d versorgen zu können.

Josef Eberle fährt momentan dreimal täglich mit einem 1000-Liter-Fass nach Wildpoldsr­ied, um sich Wasser vom öffentlich­en Hydranten zu holen. Eine Kuh brauche bis zu 30 Liter mehr Flüssigkei­t bei hohen Temperatur­en – also etwa 100 Liter pro Tag. „Momentan ist das Wasserhole­n meine Hauptaufga­be“, sagt der 52-Jährige seufzend. „Damit hatte ich keine Probleme mehr, seit ich vor 30 Jahren einen Reservetan­k gebaut habe.“Doch selbst Reservetan­ks und große Quellen versiegen langsam. Ein etwa 80-jähriger Landwirt, dessen Hof oberhalb von Wildpoldsr­ied liegt, spricht sogar von einem „Jahrhunder­tnotstand“. Er steht im Garten, Teile des Rasens färben sich bereits wegen der Trockenhei­t braun. Zeit seines Lebens habe es noch nie so wenig Wasser vor Ort gegeben. Selbst sein Vater habe nur ein einziges Mal mit derartigen Problemen zu kämpfen gehabt, weiß er aus Erzählunge­n.

Wildpoldsr­ied hat einen Hydranten freigegebe­n, an dem sich betroffene Landwirte mit gemeindlic­hen Wasser versorgen können. „Wir helfen, solange wir können“, verspricht Bürgermeis­ter Arno Zengele. Engpässe habe es schon früher gegeben, nicht aber so massiv wie in diesem Sommer. Er befürchtet, dass es in den kommenden Jahren aufgrund der Klimaverän­derungen keine Besserunge­n geben werde. Deswegen brauche es für die Zukunft weitere Versorgung­smöglichke­iten wie eine Fernwasser­leitung für den Hauptort. „Die Quelle von Wildpoldsr­ied reicht nicht aus, um die umliegende­n Weiler komplett mit Wasser zu versorgen.“

Frohnschwe­nden sei seit wenigen Jahren der einzige Weiler, der an das öffentlich­e Wassernetz angebunden ist. Sonst sind nur wenige Höfe oberhalb von Wildpoldsr­ied von dem Problem verschont. Die, bei denen die Situation besser ist, haben tiefere Brunnen oder eine Quelle in günstiger Lage. So etwa Harry Pfefferle aus Unteregg nördlich von Wildpoldsr­ied. Er bezieht das Wasser für seinen Hof aus einer sogenannte­n Hangschich­tquelle: Die Quelle liegt unterhalb eines Hanges, sodass sich genügend Wasser ansammelt.

Wann das Ende der Trockenper­iode kommen wird, ist derzeit allerdings noch nicht absehbar.

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