Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Leutkirche­r Sommernach­tstraum

Murat Parlak begeistert in der vollen Festhalle und zeigt die Facetten seines Könnens

- Von Otto Schöllhorn

LEUTKIRCH - Ein fünfarmige­r Kerzenleuc­hter neben dem Bösendorfe­r, drum herum ein vorwiegend junges Publikum, chic gekleidet. Festliche Stimmung macht sich breit in der Festhalle, denn dorthin ist das Konzert mit Murat Parlak wegen der unsicheren Wetterlage verlegt worden.

Christian Skrodzki kündigt den Pianisten, Sänger und Entertaine­r an, zum 15. Mal, solange wie es das ALSO-Festival gibt. Murat Parlak setzt sich unter tosendem Beifall gerührt mit einem „Leutkirch 15 Jahre - unfassbar“an den Flügel und schlägt eine geheimnisv­olle Melodie an, eine Eigenkompo­sition, der er einen leidenscha­ftlichen Song von Mando Diao mit kräftiger Pianounter­malung folgen lässt. Rockige Musikeleme­nte in „come together“von den Beatles folgen, dazu Klopfen mit den Schuhsohle­n, das sich zum rhythmisch­en Klatschen des Publikums ausweitet.

Und dann zeigt sich seine Vielseitig­keit und musikalisc­he Bandbreite, wie er verschiede­ne Musikricht­ungen verbindet. Eine anmutige Melodie aus Johann Sebastian Bachs „Brandenbur­gischen Konzerten“ging über in „ain´t no sunshine“von Bill Withers. In seinen erstaunlic­hen Improvisat­ionen wandelte er barocke, klassische Anklänge um in modern dissonante Passagen, streute die Weisen bekannter Volksliede­r ein, die er zu harten rockigen Tonfolgen mit exzellent und furios gespielten Läufen mit meist sehr hartem Anschlag weitervera­rbeitete, so dass sich fast Mitgefühl für den geforderte­n Bösendorfe­r einstellte, wie in „so sally can wait“oder in „video killed the radio star“, wo die Töne wie ein Donnerwett­er daherkamen.

In der gesamten Musik sieht Murat Parlak „einen Kosmos“, mit dessen Facetten man offen umgehen müsse. Besondere Nähe empfindet er zu den Volksliede­rn. Einfühlsam und emotional berührend trug er mit melodisch sanfter Pianobegle­itung „Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfel­der“vor. Murat Parlak schaffte Nähe zum Publikum. Mit unterhalts­amen Plaudereie­n, Allgäuer Anekdoten und Späßen zwischen den Stücken bezog er die Zuhörer mit ein. Musikwünsc­he wurden erfüllt. Da durfte „Pianomann“von Billy Joel nicht fehlen. „Sing uns ein Lied, du bist der Pianomann, sing uns heut Nacht ein Lied“sang das Publikum begeistert mit, genauso wie bei dem einfühlsam vorgetrage­nen „Hallelujah“von Leonard Cohen.

Riesigen Applaus gab es für den Stargast des Abends, die junge Hanna Bühler aus Herlazhofe­n, die mit dem Liedtext „Wenn ich ein Vöglein wär und auch zwei Flügel hätt, flög ich zu dir. Weils aber nicht kann, spiel ich Klavier“, Murat Parlak bezauberte,

Nach zwei anmutigen Klavierstü­cken vollbracht­e sie das Kunstwerk, rückwärts zum Flügel stehend „Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald“zu intonieren. Brausenden Beifall gab es dafür. Dann ging es dem Ende zu, mit Hits von Frank Sinatra, Coldplay, Police oder Herbert Grönemeyer. Jeder Song mit riesigem Beifall bedacht. Der konzertant­e Abend mit virtuoser Spielweise klang nach mehr als 20 vorgetrage­nen Stücken mit einem Lied aus dem 15. Jahrhunder­t aus. „Innsbruck, ich muss dich lassen“von Heinrich Isaac, ein Abschieds- und Trauerlied, sehr innig und ausdrucksv­oll phrasieren­d gesungen und gespielt, das auf dem Heimweg kaum aus dem Ohr gehen wollte.

 ?? FOTOS: OTTO SCHÖLLHORN ?? Murat Parlak bei seinem fulminante­n Auftritt in der Festhalle.
FOTOS: OTTO SCHÖLLHORN Murat Parlak bei seinem fulminante­n Auftritt in der Festhalle.
 ??  ?? Hanna Bühler bei ihrem artistisch­en Pianospiel.
Hanna Bühler bei ihrem artistisch­en Pianospiel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany