Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Legat aus dem Dschungel in den Käfig

Der frühere Kultkicker, der auch beim VfB Stuttgart spielte, ist jetzt Kampfsport­ler

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KÖLN (dpa) - Auf die Frage, wie er denn einst in Bochum als junger Fußballer zum Kraftsport und Fitness gekommen sei, antwortete Thorsten Legat einst im ZDF-Sportstudi­o: „Immer die Castroper Straße rauf.“

Mit Sprüchen wie diesem machte sich Legat, von 1995 bis 1999 auch beim VfB Stuttgart tätig, einst einen Namen in der Bundesliga – und mit knüppelhar­ter Spielart. Nun ist er noch härter unterwegs. „Ich liebe Kampfsport, der hat mich schon als Junge fasziniert“, sagt Legat. Zurzeit klettert der Ex-Profi in den Käfig. Mixed Martial Arts (MMA) heißt das, was er da macht. Klingt kriegerisc­h, ist es auch. Erlaubt ist so ziemlich alles. Fäuste, Füße, Ellenbogen, Knie – alles, womit sich schlagen und treten lässt. „Aber in die Genitalien und auf den Kehlkopf zu schlagen ist verboten“, meint der gebürtige Bochumer.

Sein Gegner ist 20 Zentimeter größer und 14 Kilo schwerer

Am 1. September bestreitet der 234malige Bundesliga­spieler von VfL Bochum, Werder Bremen, Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart und Schalke 04 bei der MMA German Championsh­ip in der Kölner Lanxess-Arena ein Promi-Duell. Gegner ist Fitnesstra­iner Dominic Harrison. Legat ist in dem Metier nicht ganz unerfahren. Seit rund 40 Jahren betreibt er Kampfsport für den Hausgebrau­ch: Judo, Jiu-Jitsu, Taekwondo, Kung-Fu, Karate. „Auch schon als Fußballer. Das hat nur niemand bemerkt“, meint er. Sich vor großem Publikum gegen einen körperlich deutlich überlegene­n Rivalen auszutoben, reize ihn, sagt der 49-Jährige.

Zwei-Meter-Muskelpake­t Harrison ist 20 Zentimeter größer, 23 Jahre jünger, 14 Kilo schwerer. Der bei der Hashtag-Generation angesagte Influencer, wie Werbeträge­r in den sozialen Kanälen genannt werden, ist verheirate­t mit Playmate und RealityTV-Sternchen Sarah Nowak. Die Fangemeind­e ist riesig. „Ich weiß nicht, ob er einstecken kann. Sonst macht er ja in Hantel, Yoga und Pilates“, beschreibt Legat seinen Rivalen. „Er hat gesagt, er versohlt mir den Arsch.“

Im Oktagon zu stehen, dem Achteck-Käfig bei MMA, erinnere ihn an früher, sagt Legat. „Ich bin in der Gosse aufgewachs­en. Wenn es da Streit gab, konntest du auch nicht weglaufen. So ist es auch jetzt im Käfig.“Nach dem Kampf will Legat einen Schlusspun­kt setzen. „Danach werde ich nie wieder Hochleistu­ngs- Legat ( oben) im MMA- Training.

sport machen“, behauptet er und reibt sich die Schulter. Sie schmerzt vom intensiven Training.

Schon als Fußballpro­fi habe er „klare Kante“bevorzugt. „Aber ich hätte noch aggressive­r sein müssen“, meint er. Das war er manchmal jenseits des Platzes. Seine Passion für Kampfsport floss in sein Fußballspi­el ein. „In meinen Gegenspiel­ern habe ich meinen Vater gesehen. Ihm wollte ich es zeigen“, verrät er. Legat hasste seinen Vater. „Er hat mich als Kind missbrauch­t und misshandel­t.“Einzelheit­en beschreibt er in der Autobiogra­fie „Wenn das Leben foul spielt“. „Deshalb bin ich zum Kampfsport. Ich wollte mich wehren können. Das habe ich geschafft. Mit 16 hatte ich ihn am Boden.“

Im Fußball war er aber besser. Außerdem gab es mehr Geld. „Vom Straßenkin­d zum reichen Mann, das war toll“, so Legat. Finanziell gehe es ihm gut. „Ich bin zufrieden. Ich war immer sparsam.“Mit seiner Frau, sagt er, ist er in der Immobilien­branche zugange. Deshalb habe er den Käfigkampf finanziell auch nicht nötig.

Als ihn ein Knorpelsch­aden im Knie zum Karriereen­de als Fußballpro­fi gezwungen hatte, fiel Legat in ein Loch. Er stürzte und stürzte. „Erst war es ein Bier am Tag, dann ein Kasten, dann anderthalb. Ich hatte Selbstmord­gedanken“, gesteht er. Seine Frau drohte: „Wenn du so weitermach­st, verlierst du mich und die Kinder.“Seither trinkt Legat keinen Alkohol mehr. Er erwarb die A-Trainer-Lizenz, wurde Trainer von Jugendteam­s und Landesligi­sten. „Ich war wieder vorzeigbar.“

Vor allem im Fernsehen. „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“, „Grill den Hensler“, „Schlag den Star“– wird Legat gefragt, ist er als RealityMac­ho dabei. „Das hat einen anderen Menschen aus mir gemacht“, meint er. „Und es gibt auch noch ein bisschen Geld.“Obendrein kitzelt es sein Ego. „Die Leute mögen mich. Ich erzähle die Wahrheit, ohne jemanden zu beleidigen. Es wäre doch schade, wenn es Thorsten Legat nicht mehr im Fernsehen zu sehen gibt. Im Fernsehen zu sein – das ist das Größte.“

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FOTOS: DPA Thorsten Legat in voller Montur im achteckige­n Käfig, in dem MMA- Kämpfe stattfinde­n.
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