Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Alles für den Milchpreis
„Ein Dorf zieht blank“– Kinostar François Cluzet zieht sture Bauern aus
Der Kinohit „Ziemlich beste Freunde“machte den Franzosen François Cluzet auch in Deutschland zum Star. In seinem neuen Film spielt der 62-Jährige einen Provinz-Bürgermeister mit einer abenteuerlichen Idee.
In „Ganz oder gar nicht“machten sich schon vor knapp 20 Jahren arbeitslose Stahlarbeiter aus Großbritannien nackig. Leicht angegraute Hausfrauen zogen sich in „Kalender Girls“für einen guten Zweck aus. Mit „Ein Dorf zieht blank“kommt nun eine weitere Variante des Komödienstoffs ins Kino.
Schauplatz von „Ein Dorf zieht blank“ist ein kleines Örtchen irgendwo in der Normandie. Die Bauern dort schuften hart. Für Milch und Fleisch bekommen sie aber immer weniger Geld. Viele Landwirte sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Der in Frankreich auch in der Realität mit Straßenblockaden ausgetragene Kampf der Landwirte steht am Beginn des Films.
Im Stau zwischen aufgebrachten protestierenden Bauern steht auch der amerikanische Starfotograf Blake Newman (Toby Jones). Er sucht einen Ort, wo er eines seiner berühmten Fotos voller nackter Menschen in der Landschaft machen kann. Als er schon aufgeben will, entdeckt er ein ganz gewöhnliches Feld, das ihm für seine Zwecke ideal erscheint. Dort will er die Dorfbewohner nackig zu einem Gesamtkunstwerk aufstellen und für seine WerkReihe fotografieren.
Bürgermeister Georges, hemdsärmelig gespielt von Cluzet, wittert die große Chance. Das Fotoprojekt würde sein Dorf auf einen Schlag landesweit bekannt machen. Und die notleidenden Bauern wären sich so endlich der Aufmerksamkeit sicher. Einziges Problem: Georges muss die Dorfbewohner davon überzeugen, sich für das Foto auszuziehen und öffentlich zu posieren.
Regisseur Philippe Le Guay profitiert von den hervorragenden Darstellern. Sie verkörpern allesamt knorrige, eigenwillige Charaktere. Dem smarten Cluzet nimmt man seine Rolle als Bauernanführer allerdings nicht so ganz ab.
Überhaupt ist die Story etwas dünn und vorhersehbar. Dass in Komödien auch lustvoll mit Klischees gespielt wird, gehört dazu. In „Ein Dorf zieht blank“sind es die sturen Bauern und der zugezogene Städter, der sich von der Idylle einlullen lässt. Ein bisschen mehr Tiefe hätten die Charaktere jenseits der Stereotypen verdient gehabt. So bleibt „Ein Dorf zieht blank“ein lustiges, allerdings etwas harmloses Kinovergnügen. (dpa)
Ein Dorf zieht blank. Regie: Philippe Le Guay. Mit François Cluzet, Toby Jones. Frankreich 2017. 105 Minuten. FSK ab 6.