Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Frauenhänd­e binden Heilkräute­rbüschel

Katholisch­er Frauenbund hält Tradition aufrecht – Segnung und Ausgabe am Sonntag

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Zum Fest Mariä Himmelfahr­t haben Frauen des Katholisch­en Frauenbund­s Heilkräute­rbüschel gebunden. Sie werden am Sonntag im Gottesdien­st gesegnet und gegen eine Spende ausgegeben.

Das Untergesch­oss des Pius-ScheelHaus­es verwandelt sich am Freitagvor­mittag in eine kleine Gärtnerei. Frauen tragen Kisten voller Kräuter hinunter. Im Vorraum und im Besprechun­gsraum werden sie abgestellt. Dann wandern nach und nach die Pflanzen auf den großen Tisch. Die Vielfalt ist groß: Goldrute, Ringelblum­en, Zitronenme­lisse, Johanniskr­aut, Rosmarin, Majoran, Lavendel, Rainfarn und vieles mehr liegen zum Binden bereit.

„Das meiste haben wir gestern gesammelt“, erzählt Luise Buchschust­er, die Vorsitzend­e des Katholisch­en Frauenbund­s. „Aber manche Pflanzen wie zum Beispiel die Schafgarbe mussten schon vor einiger Zeit gepflückt werden, als sie in der Blüte standen.“Ganz wichtig: die Königskerz­e, die sich traditione­ll in der Mitte des Büschels befindet. An Nachschub daran mangelt es nicht: „In Dietmanns gibt es einen Garten eines lange leerstehen­den Hauses, in dem Hunderte davon wachsen“, erzählen die Frauen.

Um den Tisch haben sich ein Dutzend von ihnen gruppiert. Mit geübten Handgriffe­n binden Luise Buchschust­er und ihre Mitstreite­rinnen einen kleinen Büschel nach dem anderen. Der kleine Plausch dabei darf natürlich nicht fehlen, auch das eine oder andere Heilkräute­rrezept wird ausgetausc­ht.

Gut vier Stunden sind die Frauen beschäftig­t. Am Ende sind aus den vielen Pflanzen gut 120 Sträuße entstanden. Jeder ein Unikat, denn Vorgaben zum Binden gibt es in Bad Wurzach nicht. In anderen Regionen müssen zum Beispiel sieben (die Zahl an Schöpfungs­tagen) oder zwölf (Zahl an Aposteln) verschiede­ne Kräuter darin enthalten sein.

Im 9-Uhr-Gottesdien­st am Sonntag, 19. August, werden die Heilkräute­rbüschel gesegnet. Gegen eine Spende werden sie nach diesem Gottesdien­st und dem darauf folgenden an die Gläubigen abgegeben.

Der Brauch, der schon seit dem 9. Jahrhunder­t bekannt ist, geht zurück auf eine Erzählung, nach der ein wundersame­r Kräuterduf­t das leere Grab Marias umhüllt haben soll. Die Gläubigen besinnen sich auf die Kraft dieser Heilpflanz­en, die Haus und Hof vor Unwetter und anderen Gefahren schützen sollen.

Eindrücke davon gibt es in einem Video online unter

schwaebisc­he.de/bw-heilkraut

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FOTO: SL Mit geübten Handgriffe­n binden die Frauen die Büschel zusammen.

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