Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Frauenhände binden Heilkräuterbüschel
Katholischer Frauenbund hält Tradition aufrecht – Segnung und Ausgabe am Sonntag
BAD WURZACH - Zum Fest Mariä Himmelfahrt haben Frauen des Katholischen Frauenbunds Heilkräuterbüschel gebunden. Sie werden am Sonntag im Gottesdienst gesegnet und gegen eine Spende ausgegeben.
Das Untergeschoss des Pius-ScheelHauses verwandelt sich am Freitagvormittag in eine kleine Gärtnerei. Frauen tragen Kisten voller Kräuter hinunter. Im Vorraum und im Besprechungsraum werden sie abgestellt. Dann wandern nach und nach die Pflanzen auf den großen Tisch. Die Vielfalt ist groß: Goldrute, Ringelblumen, Zitronenmelisse, Johanniskraut, Rosmarin, Majoran, Lavendel, Rainfarn und vieles mehr liegen zum Binden bereit.
„Das meiste haben wir gestern gesammelt“, erzählt Luise Buchschuster, die Vorsitzende des Katholischen Frauenbunds. „Aber manche Pflanzen wie zum Beispiel die Schafgarbe mussten schon vor einiger Zeit gepflückt werden, als sie in der Blüte standen.“Ganz wichtig: die Königskerze, die sich traditionell in der Mitte des Büschels befindet. An Nachschub daran mangelt es nicht: „In Dietmanns gibt es einen Garten eines lange leerstehenden Hauses, in dem Hunderte davon wachsen“, erzählen die Frauen.
Um den Tisch haben sich ein Dutzend von ihnen gruppiert. Mit geübten Handgriffen binden Luise Buchschuster und ihre Mitstreiterinnen einen kleinen Büschel nach dem anderen. Der kleine Plausch dabei darf natürlich nicht fehlen, auch das eine oder andere Heilkräuterrezept wird ausgetauscht.
Gut vier Stunden sind die Frauen beschäftigt. Am Ende sind aus den vielen Pflanzen gut 120 Sträuße entstanden. Jeder ein Unikat, denn Vorgaben zum Binden gibt es in Bad Wurzach nicht. In anderen Regionen müssen zum Beispiel sieben (die Zahl an Schöpfungstagen) oder zwölf (Zahl an Aposteln) verschiedene Kräuter darin enthalten sein.
Im 9-Uhr-Gottesdienst am Sonntag, 19. August, werden die Heilkräuterbüschel gesegnet. Gegen eine Spende werden sie nach diesem Gottesdienst und dem darauf folgenden an die Gläubigen abgegeben.
Der Brauch, der schon seit dem 9. Jahrhundert bekannt ist, geht zurück auf eine Erzählung, nach der ein wundersamer Kräuterduft das leere Grab Marias umhüllt haben soll. Die Gläubigen besinnen sich auf die Kraft dieser Heilpflanzen, die Haus und Hof vor Unwetter und anderen Gefahren schützen sollen.
Eindrücke davon gibt es in einem Video online unter
schwaebische.de/bw-heilkraut