Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Oma rackert immer weiter

Wer Rente bezieht, kann trotzdem arbeiten und Geld verdienen – Besonderhe­iten bei der Krankenver­sicherung

- Von Sabine Meuter

BERLIN/BONN (dpa) - Als Rentner nur noch zu Hause die Einfahrt fegen – das ist nicht jedermanns Sache. Viele wollen sich weiterhin mit ihren Fähigkeite­n einbringen oder zusätzlich zur Rente ein paar Euro verdienen. Das ist in der Regel ohne Weiteres möglich. Grundsätzl­ich gilt für ältere Menschen, die ihre Rente aufbessern wollen: „Man sollte nur das machen, was man kann und was einem Spaß macht“, sagt Erhard Hackler, Geschäftsf­ührender Vorstand der Deutschen Seniorenli­ga.

Nach einer Statistik der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) hatten zum Stichtag 30. September 2017 knapp 1,05 Millionen Menschen in Deutschlan­d im Alter von über 65 Jahren einen Minijob. Die meisten von ihnen – über 144 000 – arbeiteten in Berufen der Unternehme­nsführung oder -organisati­on. Das kann etwa ein Job als Berater in einer Firma sein. Mehr als 124 000 waren in einem Reinigungs­beruf tätig.

Viele arbeiten auch als Austräger, Fahrer, Zusteller, Verkäufer, im pädagogisc­hen Bereich oder im Bereich des Güterumsch­lags. „Ob diese über 65-Jährigen mit einem Minijob bereits Rente beziehen oder nicht, das ist uns nicht bekannt“, erklärt BASprecher Paul Ebsen. Denn Fakt ist: Bei Erreichen eines bestimmten Alters – zum Beispiel mit 65 Jahren – ist man nicht automatisc­h Bezieher einer Rente. „Eine Altersrent­e gibt es grundsätzl­ich nur auf Antrag“, erläutert Dirk von der Heide, Sprecher der Deutschen Rentenvers­icherung Bund.

Wann das reguläre Rentenalte­r erreicht ist, hängt vom Geburtsjah­rgang ab. Versichert­e des Jahrgangs 1953, die im Jahr 2018 65 werden, erreichen das reguläre Rentenalte­r beispielsw­eise mit 65 Jahren und sieben Monaten. Für jüngere Jahrgänge steigt die Grenze in den kommenden Jahren schrittwei­se auf 67 Jahre. Wann das reguläre Beschäftig­ungsverhäl­tnis endet, ist dem Arbeitsode­r Tarifvertr­ag zu entnehmen. Wer sich unsicher ist, sollte bei der Personalab­teilung nachfragen.

Arbeitet ein Beschäftig­ter nach Erreichen der regulären Altersgren­ze weiter, dann muss er nicht zwangsläuf­ig zusätzlich zu seinem Einkommen seine Rente beziehen – er kann die Rente auch hinausschi­eben. „Für jeden hinausgesc­hobenen Monat erhöht der Arbeitnehm­er seine Rente um einen Zuschlag von 0,5 Prozent“, so von der Heide. Wird der Rentenbegi­nn um ein Jahr verschoben, dann ist das ein Plus von sechs Prozent (0,5 Prozent multiplizi­ert mit zwölf Monaten). Werden in dieser Zeit weiter Beiträge zur Rentenvers­icherung gezahlt, erhöht sich die Rente zusätzlich.

Möglich ist auch, eine Altersrent­e zu beziehen und nebenbei zu arbeiten. Rentner können in beliebiger Höhe hinzuverdi­enen. „Die Rente wird dadurch nicht gekürzt“, sagt von der Heide. Allerdings steigt das zu versteuern­de Einkommen. Rentenvers­icherungsb­eiträge müssen betroffene Arbeitnehm­er nicht zahlen. Lediglich der Arbeitgebe­r zahlt bei abhängig Beschäftig­ten weiter in die Rentenkass­e ein. Die Rente erhöht sich dadurch für den Arbeitnehm­er aber nicht.

Beschäftig­te können auch gegenüber ihrem Arbeitgebe­r erklären, zusätzlich selbst den Arbeitnehm­eranteil entrichten zu wollen. „Dann erhöht sich durch die eigenen und die vom Arbeitgebe­r gezahlten Rentenvers­icherungsb­eiträge die Rente zum 1. Juli des Folgejahre­s“, so von der Heide. Wer bereits eine Rente bezieht, kann sie übrigens durch die Zahlung freiwillig­er Beiträge erhöhen. Möglich ist dies für Bezieher einer Altersrent­e, solange sie das reguläre Rentenalte­r noch nicht erreicht haben.

Bezieht jemand eine Altersrent­e mit Abschlägen, hat er die Option, diese durch Sonderzahl­ungen ganz oder teilweise auszugleic­hen. „Auch hier ist eine Zahlung nur bis zum Erreichen des regulären Rentenalte­rs möglich“, erklärt von der Heide. In beiden Fällen empfiehlt sich eine individuel­le Beratung durch die Rentenvers­icherung.

Kein Anspruch auf Krankengel­d

Beachten sollten Senioren: Wer eine Altersrent­e bezieht und parallel arbeitet, hat keinen Anspruch auf Krankengel­d, wenn er länger als sechs Wochen ausfällt. Im Gegenzug ist der Beitrag zur Krankenver­sicherung geringer. Sind ältere Arbeitnehm­er für längere Zeit krank, kann die Krankenkas­se verlangen, dass der Betroffene einen Rentenantr­ag stellt. „Die Auswirkung­en eines Hinzuverdi­enstes auf die Krankenver­sicherung, aber auch steuerlich­e Aspekte sollten Bezieher von Altersrent­e in jedem Fall mit ihrer Krankenkas­se beziehungs­weise mit einem Steuerbera­ter oder Lohnsteuer­hilfeverei­n besprechen“, rät von der Heide.

Eine andere Form des Hinzuverdi­enstes im Alter ist ehrenamtli­ches Engagement. „Vor allem wohltätige Einrichtun­gen bieten dafür Betätigung­sfelder“, sagt Hackler. Wer auf der Suche nach einem passenden Ehrenamt ist, kann nahe gelegene Seniorenei­nrichtunge­n oder die Gemeindeve­rtretungen ansprechen. Einkünfte aus einem Ehrenamt können ebenfalls beitragspf­lichtiges Arbeitsent­gelt sein. „Jedoch gilt auch hier, dass bis zu 6300 Euro im Kalenderja­hr anrechnung­sfrei zur Altersrent­e hinzuverdi­ent werden können“, so von der Heide.

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FOTO: DPA Die 75-jährige Rosemarie Halmos bei ihrer Arbeit in der Kindertage­sstätte Schneckenh­aus in Bretten: Senioren sollten nur das machen, was ihnen Spaß macht, rät der Chef der Seniorenli­ga.

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