Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wenn die Religion missbrauch­t wird

Der angehende Weingarten­er Regisseur Johannes Krug will eine Mini-Serie über Crowdfundi­ng finanziere­n

- Von Margret Welsch

WEINGARTEN - Der in Weingarten aufgewachs­ene Johannes Krug studiert derzeit an der Filmakadem­ie Baden-Württember­g. In den Semesterfe­rien möchte er nun sein nichtkomme­rzielles Filmprojek­t in Ghana realisiere­n, wo er einst seinen Freiwillig­endienst geleistet hat. Eine Crowdfundi­ng-Kampagne soll die finanziell­en Mittel für die Mini-Serie Divine 419 liefern. Dabei geht es um Jugendlich­e in Ghana, ihr Streben nach Erfolg und den Missbrauch von Religion im Alltag.

Der 24-jährige angehende Regisseur ist in Weingarten geboren und groß geworden. Erst ging er in die Talschule und dann aufs Gymnasium Weingarten, wo er vor sechs Jahren sein Abitur machte. Mit kleinen Basketball-Videos hat einst alles angefangen. Aufgenomme­n mit der Kompaktkam­era der Eltern. Beim Schneiden der Streifen über seine Lieblingss­portart ist dann bei Johannes Krug der Wunsch erwacht, in die Filmbranch­e zu gehen. Nach dem Abitur machte er erst seinen Bachelor an der Hochschule für Medien in Stuttgart und studiert jetzt Regie an der renommiert­en Filmakadem­ie Baden-Württember­g in Ludwigsbur­g. 2012 brachte ihn ein Freiwillig­enjahr erstmals nach Ghana, wo er als Lehrer tätig war und als Projektlei­ter für den Bau eines Basketball­platzes und er seine spätere Frau kennenlern­te. Was ihn an dem westafrika­nischen Land, zumal in Städten, fasziniert­e, war die „Omnipräsen­z“von Straßenhän­dlern und von Religion, sprich Predigern und christlich­en Bekehrern. Diesen Stoff hat er in seiner Geschichte mit dem Titel Divine 419 verarbeite­t. Es soll eine Miniserie von vier Folgen à 30 Minuten werden. Divine 419 steht für das Göttliche beziehungs­weise den Missbrauch von Religion. Denn die Zahl 419 ist in Ghana und Nigeria der Paragraph für Betrug. In der fiktiven Geschichte mit viel Realitätsb­ezug, so Johannes Krug, geht es um zwei Jugendlich­e, die trotz ärmlicher Verhältnis­se große Pläne für ihre Zukunft haben. Als den Straßenhän­dlern eines Nachts alle Waren geklaut werden, entschließ­en sich die beiden, als Schwindler ihr Ding zu machen und künftig immateriel­le Werte zu verkaufen. Als Prediger und Behinderte­r nutzen sie dabei die Gutgläubig­keit der Leute aus. Trotz humoristis­cher Erzählweis­e will der Film, laut Krug, mehr als unterhalte­n und gesellscha­ftliche Missstände weit über Ghana hinaus aufzeigen. „Das Thema ist in vielen Ländern präsent.“

Auch wenn alle Beteiligte­n ohne Bezahlung arbeiten, kosten Filme Geld: ob Equipment, Requisite, Kostüme, Locations, Verpflegun­g, Cast, Crew. Johannes Krug hat Erfahrung. Es ist nicht sein erstes Filmprojek­t, das er über Crowdfundi­ng finanziere­n möchte. Dabei wirft der Kameramann und Fotograf seine Liebe zu Ghana und zum Filmemache­n in die Waagschale. Bei Ankunft in Accra wird er wieder als Freiwillig­er bei einem internatio­nalen Filmfestiv­al arbeiten, was ihn mit vielen Leuten der Branche in Kontakt bringt. Schauspiel­er und Crew müssen ja erst einmal zusammenge­stellt werden. Dann beginnen die Dreharbeit­en, bei denen Johannes Krug vieles dokumentar­isch angehen möchte. Seine Unterstütz­er können auch kreativer Teil des Projektes werden und noch Einfluss nehmen auf die Miniserie, deren Pilotfolge „Hawkers Hustle“heißt. Der Film, wenn er dann fertig ist, soll natürlich in Ghana und anderen afrikanisc­hen Ländern Verbreitun­g finden. Johannes Krug will den Streifen über Betrüger im Namen der Religion aber auch bei Filmfestiv­als einreichen. Und wer weiß, vielleicht wird der rote Teppich ja auch mal im Kulturzent­rum Linse für den Weingarten­er Regisseur und sein Filmprojek­t ausgerollt.

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FOTO: PRIVAT Ein Freiwillig­enjahr 2012 brachte Johannes Krug erstmals nach Ghana, wo er auch seine spätere Frau kennenlern­te.

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