Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Letzter Sprung eines Großen

Paralympic­s-Sieger Heinrich Popow ist Fahnenträg­er bei der Para-EM in Berlin – und hört danach auf

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BERLIN (SID) - Der letzte Sprung wird alles ändern. Ein Zurück gibt es nicht. Der Wettkampf, der Alltag an der Seite anderer Athleten, „all das wird mir fehlen“, sagt Heinrich Popow. Über Jahre prägte der Paralympic­s-Sieger den deutschen Behinderte­nsport. Sein kritischer Geist sowie die offene und humorvolle Art sind die Markenzeic­hen des Erfolgsspo­rtlers.

Bei der Para-Leichtathl­etik-EM in Berlin (20. bis 26. August) bestreitet er den letzten Wettkampf seiner Karriere. „Es wird richtig schwer. Ich weiß noch nicht, wie ich damit umgehen werde“, sagt Popow.

Der 35-Jährige trägt die Erinnerung­en an eine außergewöh­nliche Athleten-Laufbahn im Herzen. Die ersten WM-Titel 2011 oder die Olympiasie­ge in London und Rio de Janeiro sind unvergesse­n. Wertvoller als Edelmetall ist Popow, dem herausrage­nden Sprinter und Springer, aber die gemeinsame Zeit mit Teamkolleg­en und Konkurrent­en gewesen.

Ein Werbeträge­r geht verloren

In der Vorbereitu­ng auf das letzte Weitspring­en seiner Laufbahn am Dienstag präsentier­te sich Popow in Berlin gewohnt locker. Hier ein Späßchen mit den anderen deutschen Athleten, da ein lockeres Schwätzche­n mit der Konkurrenz.

Die Unbeschwer­theit ist nicht Popows einzige Stärke. „Da tritt ein ganz, ganz Großer ab“, sagt Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­andes (DBS). Popow, fügt der 72Jährige hinzu, habe den Sport über Jahre mitgeprägt. Und, das ist Beucher fast noch wichtiger: „Er hat ein begnadetes Talent, junge Leute zu motivieren und an den Para-Sport heranzufüh­ren.“

Beucher verliert im Athleten Popow einen Werbeträge­r. Auf seine Stimme will der Funktionär nicht verzichten. Popow soll sich künftig in anderer Rolle im Verband verdient machen. Er ist nicht abgeneigt: „Es muss eine Rolle sein, bei der ich etwas bewirken kann“, sagt er, „ich will nicht, dass die politische Korrekthei­t im Vordergrun­d steht.“Politisch korrekt war er nie. Missstände sprach Popow stets direkt an. „Ich war nicht immer nur der Nette“, sagt er, „ich habe mich aber manchmal gefragt, ob ich nicht zu viel Stunk mache.“

Der DBS wählte Popow als deutschen Fahnenträg­er für die EM-Eröffnungs­feier am Montag aus. „Das zeigt, dass man auch gute Dinge gemacht hat. Es ist eine große Aufgabe und eine große Ehre“, sagt Popow, der am Folgetag in der Startklass­e T63 um eine Medaille springen will.

„Wenn man mich kennt, weiß man, dass ich alles versuchen werde. Ich habe aber nicht das Niveau von Rio“, sagt Popow. In guter Erinnerung bleiben wird er trotzdem.

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FOTO: IMAGO Flugsicher: Heinrich Popow bei den Paralympic Games in Rio de Janeiro.

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