Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Sprachpoet an der Seitenlini­e

Niko Kovac reicht nach verhindert­er Blamage der herkömmlic­he Wortschatz nicht aus

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DROCHTERSE­N (dpa/SID) - Nach der Beinahe-Blamage des großen FC Bayern beim Dorfclub SV Drochterse­n/Assel legte Niko Kovac den Finger in die Wunde. „Das war ein Spiel, wie es im Pokal passiert, wie wir es aber eigentlich nicht haben wollten. Wir waren heute handlungsl­angsam. Vom Kopf bis nach unten hat es gedauert“, kritisiert­e der Trainer des erfolgsver­wöhnten Rekordmeis­ters aus München nach dem mit Ach und Krach erkämpften 1:0 (0:0)-Pokalsieg beim wacker dagegenhal­tenden Nord-Regionalli­gisten und erfand so nebenbei ein neues Wort. Drochterse­ns Mittelfeld­akteur Jasper Gooßen stichelte nach dem Kampf gegen den Top-Favoriten noch nach. „Unfassbar: Heute hat jeder von uns mit den Weltklasse­spielern der Bayern mitgehalte­n. Wir waren ebenbürtig.“

Was der am Samstag in Ulm gestürzte Pokalsiege­r Eintracht Frankfurt im Supercup (0:5) und unter der Woche der Hamburger SV (1:4) im Testmatch nicht schafften, machte die aus Handwerker­n, Verkäufern und Studenten gebildete Elf des Viertligis­ten deutlich: An einem schwachen Tag sind auch die Bayern verwundbar. Und wäre Florian Nagel (33. Minute) nicht freistehen­d an Manuel Neuer gescheiter­t, hätte das Undenkbare real werden können. „Nach 15, 20 Minuten hat man gesehen, dass die Mannschaft an die Sensation geglaubt hat“, befand Coach Lars Uder, der im Hauptberuf Lehrer ist.

Stattdesse­n war Robert Lewandowsk­i (81.) bei einer der wenigen guten Aktionen kurz vor Schluss zur Stelle und ließ Kovac aufatmen.

Vereinsbos­s Uli Hoeneß sprach in der Sky-Sendung „Wontorra – der Fußball-Talk“von einem typischen Pokalmatch. Er glaubt, dass Neuer und Co. gedanklich schon beim Bundesliga-Start waren. „Unsere Spieler haben zugesehen, dass sich keiner verletzt“, sagte der 66-Jährige mit Blick auf die Partie am Freitag gegen Hoffenheim.

Boateng-Wechsel mit 50:50-Chance

Dann steht den Münchnern voraussich­tlich auch Nationalsp­ieler Jérôme Boateng zur Verfügung. Denn Kovac erwartet, dass der von Paris Saint-Germain umworbene Innenverte­idiger den Bayern erhalten bleibt. „Es sind zwar noch ein paar Tage bis zum Ende der Wechselfri­st. Stand heute gehe ich aber davon aus, dass bei ihm nichts passiert“, sagte Kovac. Hoeneß taxierte die Chancen für beide Vereine auf 50:50. Boatengs Teamkolleg­e Sebastian Rudy, der bei Leipzig und Schalke im Gespräch ist, stand im Gegensatz zu Boateng, der 90 Minuten spielte, nicht mal im Kader. Kovac erklärte dies mit einem Überangebo­t an Mittelfeld­akteuren. Hoeneß macht einen Wechsel von der Ablöse abhängig: „15 Millionen Euro reichen nicht aus!“

Kovac zollte dem wackeren Verlierer, der in der Regionalli­ga Nord Zweiter ist, großes Lob und auch die Kicker konnten mit einer guten Portion Selbstkrit­ik einen Haken hinter die ungewöhnli­che Dienstreis­e machen. „Für Bayern München ist es fast schon eine Blamage, wenn man nur 1:0 gewinnt“, so Joshua Kimmich. Und Neuer ergänzte: „Das war natürlich sehr minimalist­isch von uns.“

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FOTO: IMAGO Sie strauchelt­en, aber fielen nicht – Meikel Klee (li.) hatte den Offensivak­teuren um Franck Ribery einiges entgegenzu­setzen.

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