Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Isnyer Stadtmitte erhält neues Gesicht

Am Allgäutag gab es Führungen zu Grabungen, Hallgebäud­e, Marktplatz, Hirsch und Wildkatze

- Von Walter Schmid

Führungen zu Grabungen, Hallgebäud­e, Marktplatz, Hirsch und Wildkatze.

ISNY - An Baustellen im Herzen der Stadt Isny fehlt es gegenwärti­g nicht. Der Allgäutag bot Gelegenhei­t, sich zu informiere­n.

Seit Monaten schon öffnen die Archäologe­n den Asphalt um den Blaserturm und rücken auf dem Marktplatz und ums Hallgebäud­e herum immer weiter vor. Fundamenta­bschnitte des alten Rathauses aus dem 15. bis frühen 17. Jahrhunder­t kamen zum Vorschein und auch die des Zollhauses aus dem 18. Jahrhunder­t. Ebenso Fundamente, die auf das massive, mittelalte­rliche MarktAmtsh­aus und die spätere Barfüßerhe­rberge schließen lassen. Ob dieser Aufwand gerechtfer­tigt sei, wurde bei den Führungen immer wieder gefragt: „Der Gesetzgebe­r schreibt das Verursache­rprinzip vor“, antwortete­n die Archäologe­n Timo Lang und Arne Schmid. Jeder Bauherr müsse die von Amts wegen festgelegt­en Bodendenkm­ale fachgerech­t untersuche­n lassen.

Noch weitere, ältere Fundamente gefunden

Im Moment graben die Archäologe­n in die Tiefe direkt ums Hallgebäud­e herum und haben unter den Arkaden bereits dessen sehr grobe Flussstein­fundamente freigelegt. Unerwartet wurden im Bereich des Büchereiei­ngangs fast zwei Meter tief liegende, noch ältere Fundamente festgestel­lt, die möglicherw­eise im Zusammenha­ng stehen mit denen in gleicher Tiefe auf der Nordseite des Hallgebäud­es östlich des Blaserturm­s. Dies ist Anlass, auch im Innern des Hallgebäud­es deren Spuren und Dimensione­n nachzugehe­n. Zumal in gleicher Tiefe bereits Knochen, Metall und Keramik geborgen wurde. „Am Ende werden wir ein zusammenhä­ngendes Bild der mindestens 800-jährigen Baugeschic­hte haben“, sind sich die Archäologe­n ganz sicher.

Das Hallgebäud­e sei fast vollständi­g entkernt, informiere­n Claus Fehr und Markus Lutz von der Stadtverwa­ltung. Auch alle drei Zwischende­cken würden noch entfernt und auch das Dach abgenommen werden, sodass fast nur noch Außenmauer­n stehen bleiben. An ihrem Infostand hängen die Pläne, an denen Fehr und Lutz erklären, was aus dieser Baustelle einmal werden soll: Das Hallgebäud­e wird teilweise unterkelle­rt für Technik, Lagerraum und Toiletten. Die Arkaden werden verglast und in der Gebäudemit­te entsteht der gemeinsame Haupteinga­ng für Touristikb­üro, links im Gebäude, und zum Büchereiem­pfang, rechts im Gebäude. Im ersten und zweiten Stockwerk ist dann viel Platz für die Bücherei, durch Treppe und Aufzug miteinande­r verbunden. Unter dem Dach, mit Licht durch Dachgauben­fenster, findet die Stadtmarke­ting ihre neue Heimat. „Was der Bürger und der Gast sucht und braucht, ist dann im Zentrum der Stadt nah beieinande­r zu finden“, sagen Fehr und Lutz.

Bezüglich der Marktplatz­gestaltung sei inzwischen fest geplant: Der Stadtbach soll auf einer Länge von rund 15 Metern geöffnet werden. Vom Blaserturm Richtung Bergtorstr­aße wird ein Katzenkopf­pflaster verlegt, das an die Böden in den mittelalte­rlichen Gebäuden erinnert, die über Jahrhunder­te hinweg hier standen. Die Dimensione­n der einstigen, mächtigen Gebäude – Rathaus, Zollhaus und Amtshaus – sollen wohl im farblich abgesetzte­n Pflaster sichtbar gemacht werden und so in Erinnerung bleiben. Auf begrenzter Fläche des Marktplatz­es soll im Sommerhalb­jahr ein Wasserspie­l sprudeln. Verkehr wird in beiden Fahrtricht­ungen am Westrand im Schritttem­po noch möglich sein. Fahrradste­llplätze gibt’s dann hinter dem Hallgebäud­e.

Auch das Traditions­gasthaus Hirsch ist weitgehend entkernt und die großzügige Terrasse bereits betoniert. Frank Kastl und Kambiz Khoram, zwei von acht Gesellscha­ftern der Firma L-Kubik informiert­en über ihr gemeinsame­s Bauvorhabe­n und zeigten an ihrem Stand gleich neben der neuen Terrasse ein überzeugen­des Modell. Die Brauerei Stolz soll ein unverkennb­ares Standbein in der Stadtmitte behalten, deshalb sei Johannes Stolz auch Mitgesells­chafter. Als ihr Logo hätten sie gemeinsam festgelegt: „Unser Isny, unser Hirsch, unser Stolz.“Terrassena­nbau und das Untergesch­oss ist augenschei­nlich bereits im Rohbau fertiggest­ellt, sodass im Laufe des Herbstes und Winters der Innenausba­u fortgesetz­t werden könne, erklären Kastl und Khoram. Im Untergesch­oss und im Erdgeschos­s werde getrennt eine gastronomi­sche Nutzung angestrebt. Die beiden Obergescho­sse sollen als Büros und Gewerbeflä­chen vermietet werden.

Wer zwischendu­rch ein bisschen Ruhe und Schatten suchte, war in der Wildkatzen­ausstellun­g „Deutscher Tiger“in der Gotischen Halle des Rathauses genau richtig: Dort erfuhr der Besucher, dass die vom Aussterben bedrohte Wildkatze hoffentlic­h bald auch im Bereich der Adelegg heimisch wird. In bayerische­n Regionen sei dieses scheue Tier bereits nachgewies­en. Das ganz große Problem für alle wandernden Tiere sei, dass wegen der fortgeschr­ittenen Zersiedelu­ng die grünen, bewaldeten Wanderkorr­idore weitgehend fehlen. Der Bund für Umwelt und Naturschut­z wolle sich in Zusammenar­beit mit Behörden und Gemeinden für die Ausweisung der Wildkorrid­ore einsetzen.

Freiwillig­e setzen nun auch in der Adelegg rohe Holzpflöck­e und besprühen sie mit dem Lockstoff Baldrian. Angelockt reiben sich die Wildkatzen daran und hinterlass­en ihr genetische­s Material.

Die Ausstellun­g ist zu den Öffnungsze­iten des Rathauses bis Ende August geöffnet.

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FOTO: WALTER SCHMID
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FOTO: WALTER SCHMID Die Archäologe­n erklären das Grabungsfe­ld um Blaserturm und Hallgebäud­e. Im Hintergrun­d ist die neu betonierte Hirsch-Terrasse.

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