Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Isnyer Stadtmitte erhält neues Gesicht
Am Allgäutag gab es Führungen zu Grabungen, Hallgebäude, Marktplatz, Hirsch und Wildkatze
Führungen zu Grabungen, Hallgebäude, Marktplatz, Hirsch und Wildkatze.
ISNY - An Baustellen im Herzen der Stadt Isny fehlt es gegenwärtig nicht. Der Allgäutag bot Gelegenheit, sich zu informieren.
Seit Monaten schon öffnen die Archäologen den Asphalt um den Blaserturm und rücken auf dem Marktplatz und ums Hallgebäude herum immer weiter vor. Fundamentabschnitte des alten Rathauses aus dem 15. bis frühen 17. Jahrhundert kamen zum Vorschein und auch die des Zollhauses aus dem 18. Jahrhundert. Ebenso Fundamente, die auf das massive, mittelalterliche MarktAmtshaus und die spätere Barfüßerherberge schließen lassen. Ob dieser Aufwand gerechtfertigt sei, wurde bei den Führungen immer wieder gefragt: „Der Gesetzgeber schreibt das Verursacherprinzip vor“, antworteten die Archäologen Timo Lang und Arne Schmid. Jeder Bauherr müsse die von Amts wegen festgelegten Bodendenkmale fachgerecht untersuchen lassen.
Noch weitere, ältere Fundamente gefunden
Im Moment graben die Archäologen in die Tiefe direkt ums Hallgebäude herum und haben unter den Arkaden bereits dessen sehr grobe Flusssteinfundamente freigelegt. Unerwartet wurden im Bereich des Büchereieingangs fast zwei Meter tief liegende, noch ältere Fundamente festgestellt, die möglicherweise im Zusammenhang stehen mit denen in gleicher Tiefe auf der Nordseite des Hallgebäudes östlich des Blaserturms. Dies ist Anlass, auch im Innern des Hallgebäudes deren Spuren und Dimensionen nachzugehen. Zumal in gleicher Tiefe bereits Knochen, Metall und Keramik geborgen wurde. „Am Ende werden wir ein zusammenhängendes Bild der mindestens 800-jährigen Baugeschichte haben“, sind sich die Archäologen ganz sicher.
Das Hallgebäude sei fast vollständig entkernt, informieren Claus Fehr und Markus Lutz von der Stadtverwaltung. Auch alle drei Zwischendecken würden noch entfernt und auch das Dach abgenommen werden, sodass fast nur noch Außenmauern stehen bleiben. An ihrem Infostand hängen die Pläne, an denen Fehr und Lutz erklären, was aus dieser Baustelle einmal werden soll: Das Hallgebäude wird teilweise unterkellert für Technik, Lagerraum und Toiletten. Die Arkaden werden verglast und in der Gebäudemitte entsteht der gemeinsame Haupteingang für Touristikbüro, links im Gebäude, und zum Büchereiempfang, rechts im Gebäude. Im ersten und zweiten Stockwerk ist dann viel Platz für die Bücherei, durch Treppe und Aufzug miteinander verbunden. Unter dem Dach, mit Licht durch Dachgaubenfenster, findet die Stadtmarketing ihre neue Heimat. „Was der Bürger und der Gast sucht und braucht, ist dann im Zentrum der Stadt nah beieinander zu finden“, sagen Fehr und Lutz.
Bezüglich der Marktplatzgestaltung sei inzwischen fest geplant: Der Stadtbach soll auf einer Länge von rund 15 Metern geöffnet werden. Vom Blaserturm Richtung Bergtorstraße wird ein Katzenkopfpflaster verlegt, das an die Böden in den mittelalterlichen Gebäuden erinnert, die über Jahrhunderte hinweg hier standen. Die Dimensionen der einstigen, mächtigen Gebäude – Rathaus, Zollhaus und Amtshaus – sollen wohl im farblich abgesetzten Pflaster sichtbar gemacht werden und so in Erinnerung bleiben. Auf begrenzter Fläche des Marktplatzes soll im Sommerhalbjahr ein Wasserspiel sprudeln. Verkehr wird in beiden Fahrtrichtungen am Westrand im Schritttempo noch möglich sein. Fahrradstellplätze gibt’s dann hinter dem Hallgebäude.
Auch das Traditionsgasthaus Hirsch ist weitgehend entkernt und die großzügige Terrasse bereits betoniert. Frank Kastl und Kambiz Khoram, zwei von acht Gesellschaftern der Firma L-Kubik informierten über ihr gemeinsames Bauvorhaben und zeigten an ihrem Stand gleich neben der neuen Terrasse ein überzeugendes Modell. Die Brauerei Stolz soll ein unverkennbares Standbein in der Stadtmitte behalten, deshalb sei Johannes Stolz auch Mitgesellschafter. Als ihr Logo hätten sie gemeinsam festgelegt: „Unser Isny, unser Hirsch, unser Stolz.“Terrassenanbau und das Untergeschoss ist augenscheinlich bereits im Rohbau fertiggestellt, sodass im Laufe des Herbstes und Winters der Innenausbau fortgesetzt werden könne, erklären Kastl und Khoram. Im Untergeschoss und im Erdgeschoss werde getrennt eine gastronomische Nutzung angestrebt. Die beiden Obergeschosse sollen als Büros und Gewerbeflächen vermietet werden.
Wer zwischendurch ein bisschen Ruhe und Schatten suchte, war in der Wildkatzenausstellung „Deutscher Tiger“in der Gotischen Halle des Rathauses genau richtig: Dort erfuhr der Besucher, dass die vom Aussterben bedrohte Wildkatze hoffentlich bald auch im Bereich der Adelegg heimisch wird. In bayerischen Regionen sei dieses scheue Tier bereits nachgewiesen. Das ganz große Problem für alle wandernden Tiere sei, dass wegen der fortgeschrittenen Zersiedelung die grünen, bewaldeten Wanderkorridore weitgehend fehlen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz wolle sich in Zusammenarbeit mit Behörden und Gemeinden für die Ausweisung der Wildkorridore einsetzen.
Freiwillige setzen nun auch in der Adelegg rohe Holzpflöcke und besprühen sie mit dem Lockstoff Baldrian. Angelockt reiben sich die Wildkatzen daran und hinterlassen ihr genetisches Material.
Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des Rathauses bis Ende August geöffnet.