Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Ein Highlight ist die Geburtshilfe beim Rind“
Anita Herre stellt das neue Lehrgangsprogramm am Landwirtschaftlichen Zentrum vor
KREIS RAVENSBURG/AULENDORF (pau) - Wer in Baden-Württemberg eine Ausbildung im Beruf Landwirt macht und sich dabei mit Rindern befasst, den führt sein Weg früher oder später auch nach Aulendorf, genauer: zur überbetrieblichen Ausbildung am Landwirtschaftlichen
Zentrum BadenWürttembergs (LAZBW) auf dem Atzenberg. Einen noch größeren Bereich im Lehrgangswesen des Zentrums, rund 50 Prozent, machen allerdings die Weiterbildungskurse und Fachtagungen aus. Paulina Stumm hat mit Anita Herre, Fachbereichsleiterin Versuchsund Lehrgangswesen Rinderhaltung am LAZBW, über das neue Lehrgangsprogramm gesprochen.
Frau Herre, bei dem Großfeuer Anfang April wurden Teile der Stallungen, das Melkzentrum und Teile der Lehrwerkstätten zerstört. Wirkt sich das noch auf den Lehrgangsbetrieb aus?
Es wird sicher noch an der einen oder anderen Stelle Einschränkungen geben, aber der provisorische Melkstand wird zum Beispiel noch ersetzt und mit dem neuen automatischen Melksystem haben wir eine Neuerung, die es uns ermöglicht, auch Erfahrungen mit Melkrobotern an die Teilnehmer weitergeben zu können. Es hat also zwei Seiten.
An wen richtet sich das Lehrgangsprogramm?
An alle, die sich mit Fragen der Landwirtschaft, der Milchwirtschaft, mit Wild und Fischerei befassen. Das sind Betriebsleiter, aber auch Beratungskräfte und die Auszubildenden und Meisteranwärter sowie Studierende mit einem Agrar-Schwerpunkt. Zudem gibt es auch ein paar Kurse, bei denen wir generelle Bildungsarbeit machen, etwa Schulprojekte oder der Tag des Kinderferienprogramms.
Das neue Lehrgangsprogramm bietet in zehn Bereichen Kurse an. Warum ist das Programm so breit angelegt?
Weil wir auch im Versuchs- und Forschungsbereich mit fünf Themenbereichen breit aufgestellt sind und wir die neuesten Erkenntnisse schnell an die jeweiligen Berufssparten weitergeben wollen. Es geht darum, die Landwirte auf neue technische und rechtliche Herausforderungen vorzubereiten.
Wo liegt der Schwerpunkt in den Lehrgängen?
Der liegt im Bereich des Managements von Milchviehbetrieben in Baden-Württemberg. Angefangen von der Futterwirtschaft und der Fütterungstechnik, geht es auch um Fragen der Haltung und des Tierwohls – etwa auch die Themen Stallbau und Siloanlage – bis hin zu Milchgewinnung, Geburtsmanagement und Kälberaufzucht sowie Rindfleischerzeugung.
Gibt es Kurse, die besonders gefragt sind?
Ein großes Highlight ist die Geburtshilfe beim Rind. Unsere Geburtssimulationsmodellkuh ist leider verbrannt, ich bin aber schon mit dem Hersteller in Kanada in Kontakt, und hoffe, dass wir bis Januar wieder eine haben. Immer stark nachgefragt sind die Workshoptage zur Kälberaufzucht, die Kurse zur Klauenpflege und zur Beurteilung und Verbesserung des Tierwohls. Auch die Qualifizierungskurse für Betreiber von Biogasanlagen stehen hoch im Kurs.
Was ist an Sonderveranstaltungen geplant?
Das ist etwa die Schwarzwildtagung im Oktober, bei der es auch um die Afrikanische Schweinepest, das Vorgehen beim Seuchengeschehen und die Problematik von Schutzgebieten gehen wird. Dann folgt unsere Wintertagung zum Thema „Milch braucht Management“mit dem Schwerpunkt Klauengesundheit. Im kommenden Jahr wird es zudem den Baden-Württembergischen Grünlandtag sowie einen Feld- und Demonstrationstag zur Biodiversität geben.
Inwiefern findet sich die ökologische Landwirtschaft im Programm wieder?
Wir sind auch für Fragen der ökologischen Rinderhaltung und Grünlandbewirtschaftung zuständig. Erst gestern haben wir eine Veranstaltung zum Thema Gülledüngung im Biobetrieb reinbekommen, die vom Biolandverband gemeinsam mit dem
Wie entsteht das Programm? Immer Anfang Mai gibt es eine Lehrgangsprogrammkonferenz und dann dauert es zwei Monate, bis das Programm steht. Das Lehrgangsjahr geht immer von Anfang August bis Ende Juli des Folgejahres. Wir führen im Vorfeld aber auch Gespräche mit den Beratungsstellen, dem Regierungspräsidium und den Verbänden, um zu erfahren, was aktuelle Themen sind.
Das Lehrgangsprogramm am Landwirtschaftlichen Zentrum fällt seit mehr als 15 Jahren in Ihren Zuständigkeitsbereich. Hand aufs Herz: Gibt es so etwas wie den Ladenhüter im Programm?
(lacht) Wir versuchen aktuelle Themen aufzugreifen und Spannendes anzubieten. Im Vorjahr mussten wir nur zwei Kurse absagen, ansonsten finden wir immer ausreichend Interessenten. Und wir fragen ja unsere Teilnehmer auch immer, was sie noch interessieren würde.