Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
OB Henle hofft auf neue Fördermittel
Landes-CDU möchte künftig Flächengemeinden wie Leutkirch besser finanziell unterstützen
Landes-CDU möchte Flächengemeinden wie Leutkirch besser unterstützen.
LEUTKIRCH - Für Leutkirchs Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle (parteilos) ist ein anvisiertes neues Förderprogramm für den ländlichen Raum „ein sehr gutes Ansinnen“. Die Kriterien für die Mittelverteilung sollen sich dabei an der jeweiligen Gemeindefläche orientieren. Nun ist Leutkirch mit Blick auf die Einwohnerzahl eine relativ kleine Gemeinde. Flächenmäßig sieht es jedoch anders aus. Hier ist Leutkirch die fünftgrößte Gemeinde in Baden-Württemberg. Die Stadt könnte also von einem solchen Förderprogramm stark profitieren.
Die Pläne stammen aus der CDULandtagsfraktion. Angestoßen hat sie Winfried Mack, der aus Ellwangen stammende Vize-Vorsitzende dieses Gremiums. Auch seine Heimatstadt verfügt über eine ausgedehnte Gemarkung bei eher geringer Einwohnerschaft. Dies dürfte der Grund sein, weshalb er eine bereits im grünschwarzen Koalitionsvertrag festgeschriebene Idee erneut aufgriff.
Letztlich geht es darum, dass entsprechende Flächengemeinden für ihre Bürger eine ausgedehnte Infrastruktur bereithalten müssen. In Leutkirch sind dies auf 175 Quadratkilometern rund 400 Straßen, 150 Brücken und Stege und zahlreiche weitere Einrichtungen. OB Henle nennt „15 Feuerwehrstandorte mit eigenen Fahrzeugen“. Desweiteren stünden über 210 Gebäude in der kommunalen Unterhaltslast: Hallen, Schulen, Kindergärten, Rathäuser et cetera.
Henle erinnert daran, dass es auf der Leutkircher Fläche 218 Wohnplätze mit eigenem Namen gebe. Dazu gehören die eigentliche Stadt sowie weitere Dörfer, Weiler und Gehöftansammlungen. „Alle diese Wohnorte müssen infrastrukturell versorgt werden“, sagt der OB. Die finanzielle Belastung ist groß. Strukturschwache Kommunen wie Leutkirch kommen rasch an ihre Grenzen.
Von Seiten des Landes wurden bisher zahlreiche Finanzmittel für Kommunen vor allem anhand der Einwohnerzahl bemessen. Einwohnerstarke Städte mit kleiner Gemarkung wie etwa Weingarten profitieren von dieser Berechnung. „Für Auch Kißlegg (92,4), Isny (85,37) und Argenbühl (76,37 Quadratkilometer) sind nicht sonderlich viel kleiner. Zum Vergleich: Ellwangen, die Heimatstadt des stellvertretenden CDU-Fraktionschefs Winfried Mack, dehnt sich über 127,4 Quadratkilometer aus, Ehingen gar auf 178,4. Die Landeshauptstadt Stuttgart ist da zwar viel dichter besiedelt, aber nicht viel größer als die Donaustadt: 207,4 Quadratkilometer. (jps) Leutkirch ist dies aber eine Benachteiligung“, sagt Henle. Prinzipiell kann man das Problem vielleicht folgendermaßen zusammenfassen: Im Vergleich zu finanzstarken, dicht besiedelten Städten werden große Flächenkommunen unfair behandelt.
Henle erklärt, dass noch eine weitere Komponente bedenklich sei. Dies hänge mit der Kommunalreform in den 1970er-Jahren zusammen. Leutkirch ist seinerzeit enorm gewachsen. Henle betont nun, dass sich deshalb die Kommune aus „mindestens acht bis neun strukturschwachen kleinen Gemeinden“zusammensetze. Wären sie selbstständig geblieben, könnte jede von ihnen Geld im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs beantragen. Weil die Orte aber zu Leutkirch kamen, ist nur ein einziger Antrag möglich.
Opfer der Kommunalreform
Ähnlich schlecht steht Leutkirch offenbar beim Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum da. HansJörg Henle sagt: „Auch hier können wir – wenn überhaupt – einen kommunalen Antrag stellen und werden damit einer 2000-Einwohner-Gemeinde gleichgestellt. Der Oberbürgermeister sieht Leutkirch praktisch als Opfer der Kommunalreform vor knapp 50 Jahren. Gemeinden, die sich damals gegen Zusammenschlüsse gewehrt hätten, würden heute besser da stehen.
Um die seinerzeit entstandenen Belastungen zu stemmen, hat Leutkirch wegen der angespannten Haushaltslage über Jahrzehnte hinweg nach Einsparmöglichkeiten gesucht. Als Beispiel nennt Henle den Verkauf des Grundschulgebäudes in Engerazhofen. Der Schulstandort war zuvor aufgegeben worden. Der Oberbürgermeister verweist zudem auf das erfolgte Erhöhen von Steuersätzen und nennt die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer.
Wie es mit dem CDU-Vorstoß für neue finanzielle Verteilungskriterien weitergeht, ist noch unklar. Es hat sich aber bereits Widerstand aufgebaut. Die Grünen mit ihrer eher großstädtischen Anhängerschaft sind zurückhaltend. Im Städtetag bremsen laut Insiderkreisen die Profiteure des jetzigen Systems.