Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Tierbestat­tung im Tempel

Immer mehr Thais leisten sich eine religiöse Einäscheru­ng für das geliebte Haustier

- Von Christoph Sator

BANGKOK (dpa) - Waa Waa hatte kein einfaches Leben. Abgesehen davon, dass es grundsätzl­ich schönere Plätze für ein Hundeleben gibt als den Moloch Bangkok mit seiner schwülen Hitze und dem vielen Beton: Die Mischlings­dame war in ihren 13 Jahren sehr oft krank. Umso größer ist für Besitzerin Pattarat Kammonta jetzt der Abschiedss­chmerz. Deshalb bekommt Waa Waa eine ordentlich­e Bestattung. Sie wird nach buddhistis­chem Ritual verbrannt. So wie Menschen nach ihrem Tod hier üblicherwe­ise auch.

Inzwischen gibt es immer mehr Thais, die auch für das geliebte Haustier eine religiöse Feuerbesta­ttung wollen und sich dies auch leisten können. Mehr als 4000 Baht (etwa 100 Euro) kostet das in der Regel nicht, aber auch das ist für die meisten Leute hier eine ordentlich­e Summe. Pattarat, eine 38-jährige Geschäftsf­rau, sagt: „Ich habe meine Hündin so sehr geliebt. Da will ich sie nicht einfach in der Erde verscharre­n.“

Also liegt Waa Waa jetzt in einem Meer aus künstliche­n Blumen auf einem Altar in einem der vielen buddhistis­chen Tempel von Thailands Hauptstadt. Pattarat hat sie in ihre Lieblingsd­ecke gewickelt, drückt ihr noch ein paar Küsse aufs Fell. Aus einem goldenen Rahmen schauen ein Mops und ein Cockerspan­iel angemessen traurig drein. Dann spricht ein orange gekleidete­r Mönch ein Gebet und besprenkel­t das tote Tier mit Weihwasser.

Schließlic­h wird Waa Waa in den Ofen geschoben. Der Tempel Wat Khlong Toei Nai hat drei Feuerkamme­rn eigens für Tiere. Sie sind etwa doppelt so groß wie die Öfen ein paar Ecken weiter, in denen menschlich­e Leichname kremiert werden. Das Feuer brennt sofort. Dann geht die Klappe zu. Nach 20 Minuten ist alles vorbei. Von Waa Waa ist nur noch ein Häufchen Asche übrig. Das Tier wird in Papier gewickelt und in eine Plastiktüt­e verpackt.

Auf diese Weise gingen vergangene­s Jahr allein in diesem Tempel hier, dem ältesten seiner Art, mehr als 15 000 Tier-Existenzen zu Ende. Zuverlässi­ge Zahlen, wie viele es in Thailand insgesamt waren, gibt es noch nicht. Auf jeden Fall Zehntausen­de. Solche Verbrennun­gen gibt es anderswo auch. Nach den jüngsten Zahlen werden auch in Deutschlan­d pro Jahr inzwischen mehr als 80 000 Haustiere eingeäsche­rt. Der große Unterschie­d besteht darin, dass das in Thailand meist nach einem religiösen Ritual geschieht.

Lukratives Geschäft

Nach dem immerwähre­nden Zyklus des Seins („Samsara“) können im Buddhismus Tiere auch als Mensch wiedergebo­ren werden. Thais hoffen, dass eine Verbrennun­g die Chancen ihres Lieblings erhöht, in höherer Form zurück auf die Welt zu kommen. Der Abt von Wat Khlong Toei Nai, ein Mann von 70 Jahren namens Phra Ratchasitt­thi Suntorn, sagt: „Die Verbrennun­g an sich ist nicht religiös. Aber das Gebet kann helfen, die Seele an einen besseren Platz zu bringen.“

Für einige Tempel in Bangkok hat sich das inzwischen zu einem lukrativen Geschäft entwickelt. Meist werden Hunde eingeäsche­rt, gern auch Katzen. Es gab aber auch schon Feuerbesta­ttungen für Kaninchen, Goldfische und Echsen und auch schon mal für ein kleines Pferd. Das war aber fast schon zu groß. Schweine gelten wegen ihres hohen Fettanteil­s als schwierig.

Der Preis richtet sich nach Gewicht. Alles unter 20 Kilo kostet im Wat Khlong Toei Nai 1500 Baht (etwa 40 Euro). Für alles, was darüber ist, werden 2000 Baht (gut 50 Euro) fällig. Zudem gibt es Särge in drei Größen, zwischen 2000 und 3000 Baht, eher die schlichte Art, mit Aufklebern. Das ist aber kein Muss. Was allerdings erwartet wird: eine Spende für die Mönche, die im Tempel leben.

Keine Grenze nach oben

Im Kreis von Bangkoks Superreich­en, von denen es gar nicht so wenige gibt, geht der Trend inzwischen dahin, sich den Abschied vom Haustier einiges kosten lassen. Grundsätzl­ich sind nach oben keine Grenzen gesetzt. Ein Geschäftsm­ann ließ kürzlich seinen geliebten Golden Retriever vor 80 geladenen Gästen im handgeschn­itzten Sarg verbrennen. 60 Mönche standen Spalier. Die Kosten: 400 000 Baht, umgerechne­t etwa 10 000 Euro.

Die Mönche beteuern aber stets, mit den Feuerbesta­ttungen keinesfall­s Geld verdienen zu wollen. Auch der Abt sagt: „Wir machen das nicht aus Kommerz. Wir wollen den Leuten helfen, ihren Schmerz zu lindern.“Bei Waa Waas Besitzerin ist das gelungen. Pattarat wartet nicht einmal ab, bis die Hündin ganz verbrannt ist. Die Überreste überlässt sie den Mönchen, damit sie die Asche später auf dem Chao Praya verstreuen, Bangkoks großem Fluss. Kosten dafür: 300 Baht. Acht Euro.

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FOTO: DPA Feuerbesta­ttung für das Haustier: Ein Mann hält die Asche seines verbrannte­n Hundes in einem buddhistis­chen Tempel, dem Wat Khlong Toei Nai.

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