Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Dr. Mabuse und das schwäbische Internet
Dodokay macht den Thriller zur Komödie – „Die tausend Glotzböbbel vom Dr. Mabuse“
inst gab es● kein Entkommen vor Dr. Mabuse: so gelten die ersten beiden Filme über den größenwahnsinnigen Superschurken von Fritz Lang aus den Jahren 1922 und 1933 als absolute Filmklassiker. Die in den 1960-er Jahren entstandenen Fortsetzungen gerieten dann zwar weniger hochwertig, blieben durch ständige Wiederholungen im Fernsehen aber beim bundesrepublikanischen Publikum sehr präsent. In den 1980ern landete die deutsche Band Propaganda sogar mit einem Song über den dunklen Doktor einen internationalen Hit.
Dadurch hat die vor knapp 100 Jahren vom Luxemburger Schriftsteller Norbert Jacques geschaffene Figur mehrere Generationen geprägt – auch die von Dominik Kuhn, Jahrgang 1969. Dem unter dem Namen Dodokay bekannten Komiker aus Reutlingen ist aber auch bewusst, was passiert, wenn man heute im Netz nach „Mabuse“sucht – und legt die Frage dann auch einer Figur in seinem neuen Filmprojekt in den Mund: „Isch des der Mann von dera Tanzlehrerin aus Let’s Dance?“
Erster Remix in Spielfilmlänge
Wer darüber lachen kann, wird auch mit „Die 1000 Glotzböbbel vom Dr. Mabuse“reichlich Spaß haben. Der umtriebige Dodokay erlangte breitere Bekanntheit, indem er Fernsehserien wie „24“auf schwäbisch nachsynchronisierte. Nun hat er sich einen ganzen Film vorgenommen und „remixed“, also einige Szenen geschnitten oder umgestellt, vor allem aber sämtliche Figuren neu eingesprochen. Seine Wahl fiel auf den ersten Mabuse-Nachkriegsfilm, bei dem noch einmal Lang Regie führte. Ein Kriterium für ihn war dabei, dass in „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“die Figuren „die ganze Zeit labern“. Das gibt Dodokay reichlich Spielraum, um bei der Bearbeitung sein humoristisches Potenzial zu entfalten und dem Film eine weitgehend neue Handlung zu verpassen, die auch nicht wesentlich absurder ausfällt als das Original.
Der Komiker erlangte seine Bekanntheit zunächst vor allem online, und so ist es nur folgerichtig, dass es bei dem ursprünglich 1960 erschienenen Film jetzt auch ums Internet geht. Tüchtig, wie die Schwaben nun mal sind, haben sie zu dem Zeitpunkt bereits einen Vorläufer des weltweiten Netzes entwickelt, und dessen geheime Schaltzentrale sitzt im Hotel ‚Zum güldenen Grasdackel‘ in Leimerstetten auf der schwäbischen Alb. Rund um das Hotel häufen sich allerdings merkwürdige Vorkommnisse, sodass Kommissar Krass (Gert Fröbe) reichlich zu ermitteln hat: Warum will die wohlhabende Sabine Hirrlinger (Dawn Addams) vom Hotelsims springen? Welche Rolle spielt der Betreiber der schwäbischen Internet-Plattform „Fleissbook“, Mark Sackerberg (Wolfgang Preiss)? Und steckt hinter all dem Chaos der seit langem für tot erklärte Doktor Mabuse? Der bislang vor allem in kürzeren Clips erfolgreiche Humor funktioniert durchaus auch auf Filmlänge. Das Resultat ist natürlich recht albern, man merkt ihm aber den Respekt vor dem Original an, und den Spaß den Dodokay bei der Realisierung hatte – der sehenswerte Abspann zeigt ihn im Synchronisationsstudio mit vollem Einsatz.
Die 1000 Glotzböbbel vom Dr. Mabuse. Regie: Fritz Lang, Dominik Kuhn. Mit Gert Fröbe, Wolfgang Preiss, Dawn Addams. Deutschland 2018. Länge: 90 Minuten. FSK: 12 Jahre.