Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wangener Wirtschaft will mehr Geschosswohnungen
Wawi hat Umfrage unter Unternehmen zum Wohnungsmangel gestartet – Kritik an der Stadtpolitik
WANGEN - Der Wangener Wirtschaftskreis (Wawi) schaltet sich in die aktuelle wohnungspolitische Diskussion in Wangen ein. Der Verein, der sich als „Sprachrohr“der hiesigen Unternehmen versteht, hat eine Umfrage unter Unternehmen zum Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gestartet. Hintergrund: Wohnraum sei für Mitarbeiter „ein wesentliches Entscheidungsmerkmal“in die Stadt zu kommen oder zu bleiben. Zugleich kritisiert der Verein die bisherige Planungspolitik der Stadt.
Neun Fragen stellten die Verantwortlichen das Wawi an die Unternehmen, um herauszufinden, wie groß diese den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in Wangen einschätzen. Dabei wollen die Absender unter anderem wissen, ob sich die Unternehmen bereits selbst mit der Wohnungssuche für Arbeitnehmer beschäftigt haben, welche Ergebnisse die Bemühungen gezeitigt haben und in welcher Form oder Größe möglicher Bedarf besteht.
Scharr: Junge Familien suchen
Hintergrund der Umfrage ist der seit Jahren bestehende Wohnungsmangel. Der habe bereits Auswirkungen auf die Gewinnung neuer oder das Halten bestehender Beschäftigter gehabt, wie Wawi-Vorstandsmitglied Frank Scharr im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erklärt. Und unabhängig von den Umfrageergebnissen habe der Verein festgestellt: „Besonders junge Familien suchen nach Mietwohnungen kleineren bis mittleren Zuschnitts zu erschwinglichen Preisen“, wie es in dem von ihm unterzeichneten Anschreiben zur Umfrage an die Firmenchefs hervorgeht.
Scharr konkretisiert: Ein 25-jähriger Mitarbeiter, der erst wenige Jahre zuvor ausgelernt habe, könne sich eine Mietwohnung zu heutigen Wangener Preisen nicht mehr leisten – ganz zu schweigen vom Eigenheim. Auch Familien mit Kindern blieben auf dem Wohnungsmarkt „immer nur zweiter Sieger“. Als einen Grund dieser Entwicklung benennt Scharr den Zuzug „von Senioren aus der ganzen Bundesrepublik“, der die Preise nach oben getrieben habe. Dies gilt aus Wawi-Sicht ebenso die bisherige Planungspolitik: „Die Vorgehensweise der Stadtverwaltung hat sich bisher eher an traditionellen Planungszielen orientiert und das Beschreiten neuer Wege vermieden. Doch damit werden wir die lokale Wohnungsnot heute und in Zukunft nicht lösen“, heißt es in dem Schreiben an die Unternehmen weiter.
Auch hier wird Scharr im Gespräch noch deutlicher: „Wir kommen mit der Einfamilienhaus-Thematik zu keinem Ergebnis, das Alleinstehenden und Familien gerecht wird.“Die Stadt habe sich in ihrem Handeln bis dato von der „Furcht“vor den Besitzern von bereits bestehender Eigenheime leiten lassen. Und da fordert der Wawi ein Umdenken – und den Ausbau des Geschosswohnungsbaus in der Stadt. „Da müssen Individualinteressen zurückstehen“, so Scharr.
Kritik am Flächenverbrauch
Es ist klar, dass das Wawi-Vorstandsmitglied mit diesen Worten auch auf das in Planung befindliche, inhaltlich aber umstrittene Neubaugebiet Haid/Wittwais abzielt. Die aktuellen städtischen Vorstellungen mit einer Mischung aus Eigenheimen und Geschosswohnungsbau bezeichnet Scharr als „nicht schlecht“. Aber: „Das könnte man besser machen.“Und zwar deutlich mehr in Richtung Geschosswohnungsbau. Denn: „Wir gehen mit unseren Flächen so um, als hätten wir sie dreimal.“
Gleichwohl ist Frank Scharr überzeugt, dass das rund vier Hektar große Baugebiet die Wohnungsprobleme nicht lösen wird: „Dazu ist es viel zu klein.“Deshalb wolle man die Umfrage „nicht an diesem Baugebiet „aufhängen“. Vielmehr ziele sie auf ein Umdenken bei der Nutzung aller Freiflächen ab. Beispielhaft nennt er die Brache am Bahndamm, deren Nutzung nach dem für die Stadt siegreichen Kaufland-Prozess ungeklärt ist. „Wenn man neue Konzepte geht, ist die ideal für den Geschosswohnungsbau“, schlägt Scharr vor.