Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Eine Frage des Überlebens
Bei den US Open herrscht eine derart unerträgliche Hitze, dass den Tennisspielern nur noch Galgenhumor bleibt
NEW YORK (SID/dpa) - Da saßen sie nun Seite an Seite in ihren Eistonnen. Wimbledonchampion Novak Djokovic mit glühendem Kopf und sein nicht weniger aufgehitzter Herausforderer Marton Fucsovics. Mehr als zwei Stunden hatten sie sich bei brutalen Bedingungen bereits über den Platz gescheucht, „es fühlte sich an, als würde der Körper kochen, das Hirn, einfach alles“, berichtete Djokovic später.
Die kurze Abkühlung vor dem vierten Satz, gnädig gestattet von den Machern der US Open, war da mehr als willkommen. Vor allem für Djokovic. Der Serbe hatte bei seinem ersten Auftritt in New York sichtlich mit den tropischen Bedingungen am Nachmittag zu kämpfen. Das Thermometer kletterte auf 36 Grad, dazu kam die extrem hohe Luftfeuchtigkeit – selbst die fittesten Tennisprofis stießen am zweiten Turniertag an ihre Grenzen.
„Es ging nur noch ums Überleben“, sagte Djokovic. Der Mitfavorit fing sich gerade noch, holte einen Rückstand im dritten Satz auf und profitierte beim 6:3, 3:6, 6:4, 6:0 gegen Fucsovics auch vom Einbruch seines Gegners. Den Ungarn konnte auch die Eistonne nicht mehr retten, seine Chance auf die große Überraschung schmolz nach der Pause im Glutofen Arthur-Ashe-Stadium dahin.
Immerhin beendete Fucsovics seine Partie, fünf andere Spieler mussten wegen der Hitze aufgeben. „Man kann glücklich sein, wenn man so einen Tag übersteht“, sagte der Schweizer Roger Federer, der sich am Abend bei noch immer über 30 Grad keine Blöße gab, aber so verschwitzt wie selten das Siegerinterview absolvierte.
Am wenigsten Probleme schien Alexander Zverev mit dem Wetter zu haben, „allerdings war mein Spiel ja auch schnell vorbei“, sagte der 21-Jährige nach dem 6:2, 6:1, 6:2 gegen den Kanadier Peter Polansky. Der gebürtige Hamburger trainiert häufig in Florida, zuletzt war auch sein neuer Trainer Ivan Lendl dabei. Zverev ist schwül-warmes Klima gewohnt, für ihn war „alles okay“, sein Match fand allerdings auch im Schatten statt.
Alle Spiele am Mittag hätten verschoben werden müssen, fand der Franzose Julien Benneteau, nächster Gegner des Warsteiners Jan-Lennard Struff. Die Organisatoren hätten „Glück gehabt, dass es nur Aufgaben gab“, sagte Benneteau. „Schlimmer geht es nicht“, fand auch Wimbledonsiegerin Angelique Kerber: „Manchmal kann man sich kaum noch aufs Tennis konzentrieren, weil man mit anderen Dingen beschäftigt ist.“
Wozniacki träumt vom Cocktail
Kerber, Zverev, Djokovic und Co. müssen heute zu ihrer zweiten Runde antreten, dann sollen Gewitter für Abkühlung in New York sorgen. Auch Routinier Philipp Kohlschreiber (34) ist nach dem 7:6 (7:3), 5:7, 6:4, 6:4 im deutschen Duell mit Yannick Hanfmann wieder im Einsatz. Anders als Andrea Petkovic, die sich bei ihrer knappen Niederlage gegen Jelena Ostapenko (Lettland) in der Mittagshitze manchmal gewünscht hätte, „von einem netten Mann von einer Ecke in die andere getragen zu werden“.
Weil das aber gegen die Regeln ist, bleibt auch in Zukunft bei extremen Wetterbedingungen nur die Eistonne. Oder der Ausflug in die eigene Fantasie. „Ich habe mir einfach vorgestellt, ich sei am Strand, mit einer Margarita in der Hand, und das Leben ist gut“, sagte die Dänin Caroline Wozniacki.
Maria scheitert klar
Tags darauf verpasste Tatjana Maria ihren ersten Einzug in die dritte Runde der US Open klar. Die 31 Jahre alte Weltranglisten-70. verlor 2:6, 3:6 gegen die an Nr. 7 gesetzte Jelina Switolina. Die Ukrainerin revanchierte sich mit dem ungefährdeten Erfolg für das überraschende Erstrunden-Aus gegen Maria in Wimbledon. Fed-CupSpielerin Maria versuchte im spärlich gefüllten Louis-Armstrong-Stadium zwar, die Initiative zu ergreifen, war aber nur selten mit ihren Netzattacken erfolgreich. „Ich hatte auf alle Fälle meine Chancen, aber ich war nicht so richtig gut drin“, sagte die in Florida lebende Bad Saulgauerin. „Aber Jelina hat auch sehr gut gespielt. Sie hat keine richtige Schwäche, ist gut auf den Beinen und kann fast alles spielen. Ich glaube, dass sie noch weiter nach vorne kommt.“