Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Lehrlinge fehlen auch in Bad Wurzach
Traditionelle Handwerksberufe sind offenbar besonders betroffen
BAD WURZACH - Auch in Bad Wurzach ist es offenbar zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres nicht möglich gewesen, alle Lehrstellen zu besetzen. Dies betreffe vor allem das Handwerk, sagt Christiane Vinçon-Westermayer, Vorsitzende des Handels- und Gewerbevereins. Zuvor hatte die Handwerkskammer Ulm die Lehrstellen-Bilanz für ihr Gebiet bekanntgegeben. Dazu gehört auch Bad Wurzach. Insgesamt meldete die Handwerkskammer fürs gesamte Kammergebiet zwischen Ostalbkreis und Bodensee 1098 offene Ausbildungsplätze im Handwerksbereich.
Trend seit Jahren spürbar
Vinçon-Westermayer hat für Bad Wurzach noch keine exakten Zahlen. Sie kann jedoch den Trend wiedergeben. „Erneut fehlen uns Lehrlinge“, berichtet sie. Selbst für ihr Optikergeschäft konnte VinçonWestermayer keinen Auszubildenden finden. So gehe es ihr bereits seit Jahren. Eine wirkliche Erklärung hat die Frau hierfür nicht. Vielleicht würde mancher mögliche Bewerber die übliche samstägliche Arbeitszeit scheuen, lautet eine ihrer Mutmaßungen.
Generell, sagt Vinçon-Westermayer, sei es aber speziell für traditionelle Handwerksbetriebe schwer, Lehrlinge zu finden. Dies betreffe längst nicht nur Bäcker, Metzger oder Maurer. Selbst noch unlängst durchaus gefragte Berufe wie Installateur und Elektriker seien inzwischen bei den jungen Leuten nicht mehr so beliebt. Dies deckt sich mit Erkenntnissen der Handwerkskammer Ulm. Demnach sind im Kammergebiet „insbesondere in den Bereichen Anlagenmechaniker Sanitär-Heizung und Klima und Elektro sowie Nahrungsmittel noch viele Stellen frei“.
Vinçon-Westermayer geht davon aus, dass es nach wie vor viele junge Menschen entweder an die Hochschulen oder zumindest in die Büros ziehen würde. „Ich weiß von einer örtlichen Firma“, erzählt sie, „wo die Lehrstellen für Bürojobs besetzt werden konnten, aber die Ausbildungsplätze im handwerklichen Bereich sind weitgehend offen geblieben.“Zudem würde die Politik wollen, dass alle studieren. Dies sei ein weiterer Grund, weshalb Lehrstellen verwaist seien. Vinçon-Westermayer bedauert, dass „die jungen Leute die Chancen im Handwerk nicht erkennen“. Es gebe mehr als genug Arbeit. Man würde dringend Nachwuchs benötigen.
Als problematisch im Zusammenhang mit einer handwerklichen Ausbildung sieht sie inzwischen den Wegfall des Meisterzwangs bei Betriebsgründungen. So seien Geschäfte entstanden, die nicht mehr ausbilden könnten. Dies hätte die Lage im Ausbildungsmarkt unübersichtlich gemacht. In diesem Bereich gibt es aber politische Bestrebungen, die Meisterzwang-Reform zumindest in Teilen wieder rückgängig zu machen.
Die Handwerkskammer Ulm wiederum versucht, der Situation auch etwas Positives abzugewinnen. So seien dieses Jahr im Kammergebiet 6,9 Prozent mehr Ausbildungsverträge als im Vorjahr geschlossen worden. Das Plus wird unter anderem durch die „Integration von Flüchtlingen in die duale Ausbildung“verursacht, heißt es von der Handwerkskammer.
Am Mittwoch, 17. Oktober, soll es übrigens in Bad Wurzach wieder den „Markt der Berufe“geben. Die Realschule und Werkrealschule veranstalten ihn in Zusammenarbeit mit dem Handels- und Gewerbeverein.