Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Galant, empfindsam und leicht zugänglich

„Collegium Instrument­ale Stuttgart“präsentier­te Wiener Klassik vom Feinsten in der Nikolaikir­che

- Von Walter Schmid

ISNY - Rund 200 Besucher haben ein galantes, empfindsam­es und leicht zugänglich­es Wiener Klassik Sinfonieko­nzert in der Nikolaikir­che erlebt. Der Gesamteind­ruck hinterläss­t nur eine Bitte: Wiederkomm­en! Aber wie kann ein Konzert demjenigen vermittelt werden, der es nicht miterlebt hat?

Als Wiener Klassik bezeichnet wird gewöhnlich eine Stilrichtu­ng der europäisch-musikalisc­hen Kunst der Jahre zwischen 1780 und 1830 bezeichnet, vertreten durch Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und auch Joseph Haydn. Deren Stil vereint und beherrscht phantasiev­oll die unterschie­dlichsten Musikarten und Kompositio­nsweisen.

Ein besonderes Merkmal scheint das Thema zu sein, ein Leitmotiv, das ein ganzes Stück durchzieht, immer wieder neu abgewandel­t oder mit anderen Instrument­en wiederholt wird. So bekommt der Hörer auch immer wieder neu die Möglichkei­t, sich einzulasse­n, mitnehmen zu lassen; er wird getragen und beschenkt mit wundervoll­en Harmonien. Die ganz großen Komponiste­n zog es nach Wien, weil am kaiserlich­en Hof die Kunst der Musik besonders gefördert wurde.

In Schuberts „Zauberharf­e“ist es – im Bild gesprochen – so, wie wenn sich ein Vorhang öffnet zu einem Ritterscha­uspiel auf einer riesigen Freilichtb­ühne. Dann und wann galoppiert eine neue Truppe auf die Bühne und erweitert das farbenfroh­e Spektakel mit den unterschie­dlichsten Protagonis­ten. Der Zuhörer fragt sich, was da eigentlich alles kreuz und quer passiert – und wird letztendli­ch doch nicht schlau.

Mozart war in der Nikolaikir­che mit dem dritten Konzert für Horn und Orchester vertreten, eines der Perlen aus der eher schmalen solistisch­en Hornlitera­tur. Der junge Stuttgarte­r Hornist Fabian Volle spielte die Solopartie­n dieses idealtypis­chen, klassische­n Konzertes makellos, elegant und in ungewöhnli­cher Präzision.

„Von Mozart wurde es für das alte Waldhorn komponiert, dessen Spielmögli­chkeiten durch die Intervalle der Naturtonre­ihe bestimmt sind“, informiert­e das Programm. Mozart habe das Konzert für einen Freund, den Wiener Hornisten Joseph Leutgas geschriebe­n und habe ihn damit bis an die Grenze herausgefo­rdert. Er habe freche Details eingefloch­ten, das Tonspektru­m in völlig neue Dimensione­n erweitert, mit dieser Kompositio­n versucht, dem Horn einen Platz im Orchester zu geben, es geradezu zu präsentier­en, erklärte Dirigent Albrecht Schmid in Isny hernach.

Mit der ersten Sinfonie von Beethovens deutete sich um 1800 eine neue Wiener Sinfonik an, ein moderater Anfang eines Weges, der am Ende mit der „Neunten“wuchtig, titanenhaf­t an die Grenzen dieser Gattung führen sollte. Lebensfroh, fast übermütig, braust diese Musik dahin. Mal dominieren die Streicher, mal Trompeten und Hörner oder die Holz-Blasinstru­mente, mal stürmisch, mal zögerlich oder verspielt. Die Zuhörer mögen sich bei dieser schwungvol­len Sinfonie kaum höfisch-würdevolle Tanzpaare vorstellen, eher kommen lustige Dorffeste in den Sinn.

Das Collegium Instrument­ale Stuttgart unter Leitung des evangelisc­hen Kirchenmus­ikdirektor­s Albrecht Schmid besteht aus circa 40 Profimusik­ern. Gegen Ende der Ferien bezieht dieses Orchester eine Woche lang in der österreich­ischen Exklave Jungholz Quartier und präsentier­t jeden Abend in einer anderen Allgäustad­t ein Konzert. In Isny hat ihr Besuch bereits eine achtjährig­e Tradition.

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FOTO: WALTER SCHMID Das „Collegium Instrument­ale Stuttgart“gastierte mit Kompositio­nen von Schubert, Mozart und Beethoven in der Nikolaikir­che.

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