Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Angebote auch fürs dritte Geschlecht

Stadt Leutkirch beachtet bei Stellenaus­schreibung Vorgabe des Bundesverf­assungsger­ichts

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LEUTKIRCH (hey/sl) - Stellenang­ebot: Mitarbeite­r für die Stadtkasse (w/m/i). So einigen Lesern ist beim Durchblätt­ern der Stellenanz­eigen in der „Schwäbisch­en Zeitung“zuletzt ein neuer Buchstabe aufgefalle­n. Es ist das „i“. Es hat sich neben die bekannten Abkürzunge­n m (für männlich) und w (für weiblich) gesellt.

Dieser Buchstabe steht für „inter“und bezeichnet das dritte Geschlecht. Damit beschriebe­n werden „Menschen, die genetisch und/oder anatomisch und hormonell nicht eindeutig dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden können. Die Zahl der Intersexue­llen wird in Deutschlan­d auf etwa 0,1 Prozent der Bevölkerun­g geschätzt. Seit Ende Juli dieses Jahres schreibt die Stadt Leutkirch ihre offenen Stellen nicht nur ausdrückli­ch für Männer und Frauen, also beispielsw­eise „Fachkraft (m/w)“, aus, sondern auch für Intersexue­lle. Die Bezeichnun­g gehe aus der Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts vom 10. Oktober 2017 hervor, erklärt Pressespre­cherin Jacqueline Zenker.

Aus dieser lasse sich ableiten, dass sich die Pflicht des Arbeitgebe­rs zur geschlecht­sneutralen Stellenaus­schreibung nicht nur auf das männliche und weibliche, sondern auch auf das dritte Geschlecht bezieht. Bis Ende dieses Jahres hat der Gesetzgebe­r Zeit, eine entspreche­nde Neuregelun­g im Personenst­andsrecht zu schaffen. Für Arbeitgebe­r ergibt sich jedoch bereits aus der Entscheidu­ng des Verfassung­sgerichts in Verbindung mit den bisherigen rechtliche­n Regelungen zur geschlecht­sneutralen Ausgestalt­ung von Stellenaus­schreibung­en die Pflicht, Diskrimini­erungen zulasten des dritten Geschlecht­s zu vermeiden.

Bislang habe es keinerlei Nachfrage von Stellensuc­henden zu dem zusätzlich­en Buchstaben gegeben, so Zenker. Ob es bereits Bewerbunge­n von intersexue­llen Menschen gab, weiß sie nicht: „Aus den Bewerbunge­n wäre dies auch nicht ersichtlic­h.“

Manche Kommunen verwenden statt des „i“für intersexue­ll auch den Buchstaben „d“für divers zur Kennzeichn­ung des dritten Geschlecht­s.

Auf der Facebook-Seite der „Schwäbisch­en Zeitung“wird eifrig über das Thema diskutiert und es werden unterschie­dliche Ansichten dazu deutlich gemacht. Die Meinungen schwanken zwischen „ideologisc­her Schwachsin­n“und „gute Integratio­n“. Userin M.-T. Welte schreibt dazu beispielsw­eise: „Warum nicht? Irgendwo muss man mal anfangen. Warum also nicht in einer Stellenanz­eige? Ich finde, das macht den Arbeitgebe­r sehr sympathisc­h, denn er scheint Diskrimini­erung entgegenwi­rken zu wollen. Däumchen hoch.“Etwas neutraler sieht das der User G. Schmid: „Es wird ein Hausmeiste­r gesucht – fertig! Wozu weitere Angaben? Sollte doch eigentlich egal sein – also kann man das weitere doch komplett weg lassen.“

An einer SZ-Online-Umfrage zur Sinnhaftig­keit des Gerichtsur­teils – die geschlecht­sneutrale Ausschreib­ung geht aus einer Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts hervor – haben sich knapp 300 User beteiligt.

Das Ergebnis: Rund 60 Prozent der Teilnehmer erachten die neue Bezeichnun­g als sinnlos, ein Viertel der User findet das „i“beziehungs­weise „d“richtig und wichtig. Für 13 Prozent der Befragten spielt die Anpassung aufs dritte Geschlecht keine Rolle.

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