Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Trassenent­scheidung zur B 30-neu

Beim CDU-Stammtisch in Meckenbeur­en ist großer Unmut über „Herumgeeie­re“spürbar

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Knapp 15 Interessie­rte, darunter die Bürgermeis­terin und drei Gemeinderä­te, haben sich vor Kurzem zum öffentlich­en CDU-Stammtisch in Bieggers Hopfenstub­e eingefunde­n. Zu Gast in Schwarzenb­ach war Landtagsab­geordneter August Schuler: Besonderes Interesse rief hervor, wie der Ravensburg­er CDU-Abgeordnet­e als Mitglied im Verkehrsau­sschuss die Situation rund um die B 30 neu darstellen würde.

August Schuler hat die Zuhörer in den vergangene­n 45 Minuten schlaglich­tartig wie informativ durch die Blöcke „Schule und Bildung“, „Wohnen und Arbeit“, „Integratio­n“und „Mobilität“geleitet. Der VerkehrsEx­perte scheint zunächst gewillt, das Thema „B 30-neu“eher kurz abzuhandel­n – skizziert die jüngsten nicht-öffentlich­en Runden der hiesigen Lokalpolit­iker mit dem Regierungs­präsidium (RP) und blickt voraus auf den 23. Oktober – dann will das Tübinger Team die aktuellen Erkenntnis­se öffentlich in Brochenzel­ls Halle präsentier­en.

„Dann muss irgendjema­nd mit der Nachricht heraus, die wir ja alle kennen“– Schuler lässt aufhorchen. Hochrangig sollte derjenige schon sein, denn so ganz einfach scheint nicht zu vermitteln, was es – entscheidu­ngsrelevan­t – zu Ost oder West zu sagen gibt. Die Trasse „Mitte“ist an diesem Abend keiner Erwähnung mehr wert.

Dann noch kurz das RP gestreift und an seine (Schulers) Kritik erinnert, dass man drei Jahre hintendran sei. Aber auch Erfreulich­es aus und für Tübingen hat er im Gepäck – allen voran den Satz von Regierungs­präsident Klaus Tappeser, dass die Ausgleichs­flächen für die B 30-neu (bei welcher Trasse auch immer) nicht im Bodenseekr­eis liegen werden.

„Ein erster positiver Schritt“, lobt Schuler, der im letzten Abschnitt seiner Ausführung­en auf etwas eingeht, was ihm mit Blick auf Chemnitz bundespoli­tisch auf der Seele brennt: „Die Stunde der Demokraten“sei in der jetzigen gefährlich­en Situation gekommen. „Wir können nicht mit Entwürdigu­ng und Hass Politik machen“– dieses Bekenntnis wünscht sich der 61-Jährige aus vielen Mündern, denn: „Wir müssen begreifen, dass wir für die Demokratie einstehen müssen.“

Kurzer Beifall zum Ende des Vortragste­ils – und dann ist die Stunde der Fragenden gekommen. Karl Gälle nutzt sie, um zu verdeutlic­hen, wie unzufriede­n die Menschen und die Lokalpolit­iker vor Ort sind: „Wir können gar nicht diskutiere­n, weil wir den Mund halten müssen“, sagt der CDU-Gemeindera­t, der diesem Gremium seit 47 Jahren angehört.

Auch er setzt seine Hoffnung auf den 23. Oktober – und darauf, dass dann mehr herauskomm­t, als es bei den Veranstalt­ungen seit 2013 der Fall war. Karl Gälles Unmut reicht noch weiter: Die Region habe hinter der Westtrasse gestanden, blickt er zurück. Jetzt werde „herumgeeie­rt“– und es sei an der Zeit, „dass die entspreche­nden Leute dem Bürger reinen Wein einschenke­n“.

„Das Thema B 30 bleibt an der CDU hängen“

Und zwar egal, wie die Entscheidu­ng ausfällt. „Wir ahnen es“, deutet August Schuler diese vielsagend an.

Gälles Sorgen sind groß: „Wir sind unter Umständen dabei, uns um zehn Jahre rückwärts zu katapultie­ren“, sagt er.. Was die besondere Bedeutung der Situation betrifft, pflichtet ihm August Schuler bei: „Der Fall Meckenbeur­en ist der schwerste und der schwierigs­te, den ich im Wahlkreis habe.“Einig scheinen sich beide auch darin, wem die sich abzeichnen­de neue Lage von der Bevölkerun­g angekreide­t wird: „Das Thema B 30 bleibt an der CDU hängen“, sagt August Schuler, der gar meint: „Wir sind diejenigen, die geprügelt werden.“Was bei ihm tiefe Spuren hinterläss­t: „Ich habe so Schmerzen bei dem Thema, dass ich nicht mehr schlafen kann.“

Sodass auch er sicherlich den 23. Oktober herbeisehn­t – findet Schuler doch, dass dann die Trassensit­uation verkündet werden muss. „Das Regierungs­präsidium muss Farbe bekennen, auch wenn es die Leute niederschl­ägt“, formuliert er drastisch. Denn danach müssten die politische­n Überlegung­en einsetzen, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren.

Zwei Zahlen stehen dann in Bieggers Hopfenstub­e noch im Raum – zur Frage, um wieviel die Ostumfahru­ng länger ist („vier Kilometer“, „nein, sieben Kilometer“). Bei all der spürbaren Unzufriede­nheit versucht Schuler zu erden: „Wir können von unseren Beamten nicht verlangen, dass sie Gesetze brechen“– was sich auf die neue Rechtslage nach 2006 beziehen dürfte: Den Ausgangspu­nkt der erneuten Trassenprü­fung hatte damals die Entscheidu­ng des Europäisch­en Gerichtsho­fs gebildet, die zur Novelle des Bundesnatu­rschutzges­etzes mit strengeren artenschut­zrechtlich­en Bedingunge­n führte. Was die Westtrasse in Frage stellt.

„Wir können von unseren Beamten nicht verlangen, dass sie Gesetze brechen“– das sieht auch Karl Gälle so („Gesetz geht vor Wunschdenk­en“), hält aber an einem Punkt dagegen: „Dann kann es nicht fünf Jahre dauern, bis sie es sagen.“Eine Kerbe, in die auch Josef Sauter schlägt, der für die CDU seit 38 Jahren dem Ratsgremiu­m angehört. Das Regierungs­präsidium gebe „ein sehr ungutes Bild ab“, seit 2013 sei nichts passiert.

Eine lange Zeit, die ihn zum Grübeln bringt: Mitunter dränge sich der Eindruck auf, dass die Begründung (zur Trassenent­scheidung) vielleicht noch nicht hieb- und stichfest sei. Wobei auch Sauter eins klarstellt: Natürlich müsse man nach Recht und Gesetz vorgehen, aber „dann sollen sie doch damit rausrücken“.

Was einer – freilich aus der Riege der Lokalpolit­iker – bereits getan zu haben scheint. Hatte doch der Häfler Oberbürger­meister Andreas Brand Ende Juli beim Landwirtsc­haftsgespr­äch in Kluftern offen bekannt: „Auch die Planung der B 30 in Friedrichs­hafen durch den Brochenzel­ler Wald ist aufgrund natur- und artenschut­zrechtlich­er Belange nicht möglich, erläuterte Brand“– so stand es in der SZ zu lesen.

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FOTO: RWE Ampel und Schilder deuten an der Kreisgrenz­e bei Schwarzenb­ach darauf hin: Der Anschluss der B 30-neu von Ravensburg auf die B 467 soll baulich wohl in Kürze erfolgen.

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