Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Rentnern droht Versorgung­slücke

Mehr als die Hälfte der 55- bis 64-Jährigen laut neuer Studie betroffen – Kritik an Riester-Rente

- Von Petra Sorge und dpa

BERLIN - Viele künftige Rentner müssen sich auf einen sinkenden Lebensstan­dard im Alter einstellen. Mehr als der Hälfte der 55- bis 64-jährigen Erwerbstät­igen kann mit ihren aktuellen Anwartscha­ften ihren derzeitige­n Konsum nicht vollständi­g decken. Ihnen fehlten im Schnitt 700 Euro, wenn sie jetzt in den Ruhestand gingen, wie eine am Mittwoch veröffentl­ichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW) zeigt. Die Studie, die von der gewerkscha­ftsnahen Hans-BöcklerSti­ftung finanziert wurde, geht dabei von einem durchschni­ttlichen ProKopf-Konsum von 1370 Euro monatlich aus. Zwar fallen im Alter viele Kosten weg, etwa für das berufliche Pendeln, dafür steigen die Ausgaben für Gesundheit und Pflege.

Mehr als 16 Millionen Deutsche zahlen deshalb in die staatlich geförderte Riester-Rente ein. Doch nach den DIW-Berechnung­en helfen auch die privaten Vorsorgefo­rmen nicht wirklich weiter: Sie würden den Anteil der 55- bis 64-Jährigen mit einer Versorgung­slücke lediglich um zwei Prozentpun­kte senken. Besonders groß seien die Einschnitt­e für Singles, Frauen, ungelernte Beschäftig­te und Selbststän­dige.

Laut der Studie reichen auch alle drei Säulen der Alterssich­erung zusammen – gesetzlich­e, betrieblic­he und private Vorsorge – nicht aus, ohne dass sich die Betroffene­n einschränk­en müssen. Eine Versorgung­slücke hätten aber „vor allem diejenigen, die nur Anwartscha­ften aus der gesetzlich­en Rentenvers­icherung haben“, sagte Studienaut­orin Anita Tiefensee. Bestehen auch Ansprüche aus Betriebsre­nten, sinke der Anteil auf 50 Prozent.

Gewerkscha­ften und Sozialverb­ände forderten eine Stärkung der staatliche­n Rente von der Regierung. Deren Pläne sehen vor, das Rentennive­au von 48 Prozent bis 2025 zu sichern. Für die Zeit danach soll eine Kommission weitere Vorschläge ausarbeite­n. Für den Paritätisc­hen Gesamtverb­and ist das zu wenig. „Was die Bundesregi­erung da macht, ist weder Fisch noch Fleisch“, sagte Geschäftsf­ührer Ulrich Schneider der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das Rentennive­au müsse auf 53 Prozent erhöht werden, der Mindestloh­n auf zwölf Euro. Die Riester-Rente sei „gescheiter­t“und müsse ersatzlos gestrichen werden. Letzteres empfehlen auch die DIW-Forscher.

Widerspruc­h kam von der Versicheru­ngswirtsch­aft. „Die Kritik an der Wirksamkei­t der privaten Altersvors­orge ist nicht haltbar“, sagte Peter Schwark, Mitglied der Geschäftsf­ührung des Gesamtverb­ands der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV), am Mittwoch. Die RiesterRen­te könne ein Absinken des Rentennive­aus kompensier­en, sagte er unter Berufung auf eine PrognosStu­die im Auftrag seines Verbands. Oft reichten die Vorsorgean­strengunge­n schlicht nicht aus. „Viele Menschen müssen mehr sparen oder Abstriche bei ihrem Konsumnive­au machen“, sagte Schwark.

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