Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Ich möchte den Menschen hier die Hand reichen“

Der Theaterdir­ektor des Festspielh­auses Füssen, Benjamin Sahler, zielt mit seinem künftigen Programm auch auf das regionale Publikum.

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FÜSSEN - Dieser Mann brachte das Ludwig-Musical zurück nach Füssen: Benjamin Sahler. Inzwischen ist er zum Theaterdir­ektor des Festspielh­auses ernannt worden und verantwort­et das künstleris­che Programm. Der 44-Jährige hat große Pläne: Er wird neben Ludwig 2 auch andere Musicals sowie Opern, Ballette und einiges mehr auf die Bühne bringen, wie er im Gespräch mit KlausPeter Mayr erklärt. Er ist sich sicher, dass er das Programm im Festspielh­aus gewinnbrin­gend gestalten kann.

Herr Sahler, welche künstleris­chen und finanziell­en Vorgaben hat Ihnen der Festspielh­aus-Besitzer Manfred Rietzler gemacht?

Vorgaben – das klingt immer so nach Hürden, die man nehmen muss. Ich sage lieber: Wir haben gemeinsame Ziele. Ein wesentlich­es Ziel ist, dass wir eine schwarze Null erreichen. Rein auf das Ludwig-Musical bezogen haben wir dies schon geschafft. Jetzt wollen wir die schwarze Null mit dem Theaterhau­s insgesamt erreichen.

Müssen Sie als künstleris­cher Leiter fürs ganze Haus planen – also auch etwa für Tagungen sowie für Feste und Feiern?

Ich versuche, ganzheitli­ch für dieses Theater zu denken und mich stark einzubring­en, um das Haus für Besucher attraktiv zu machen. Aber natürlich bin ich Künstler durch und durch. Deswegen wird für mich immer das Künstleris­che den Schwerpunk­t bilden. Dafür kämpfe ich, und Manfred Rietzler ist voll auf meiner Seite. Aber wenn andere Sachen dazu beitragen, diesen Standort zu erhalten, dann ist uns das willkommen. Denn wir werden hier nicht 365 Tage im Jahr Musicals und Opern spielen können. Dafür gibt es kein Publikum.

Wenn Sie die schwarze Null anstreben, hieße das, Sie hätten hier das erste Theaterhau­s in Deutschlan­d, das keine Verluste macht.

Das ist natürlich eine große Herausford­erung. Aber man kann ja mal diese Vision ins Auge fassen. Wesentlich dabei ist das Ludwig-Musical. Wenn wir 60 bis 100 Aufführung­en im Jahr haben und die Auslastung bei 75 Prozent liegen würde, wäre das sehr gut. Es soll außerdem das Hotel hier am Theater gebaut werden. Dann wird der Standort für Tagungen, Betriebsve­rsammlung und Sonstiges interessan­t. Wir sind auch dabei, TV-Produktion­en hereinzuho­len – da gibt es vielverspr­echende Gespräche. Durch solche Vermietung­en könnten wir eine ganzjährig­e Auslastung erreichen. Eine schwarze Null zu erreichen klingt unglaublic­h. Aber es könnte funktionie­ren.

Wie schaut Ihr künstleris­ches Konzept insgesamt aus?

Für uns ist das Musical Ludwig 2die Kernverans­taltung. Damit wollen wir bundesweit auf diesen Standort aufmerksam machen. Das zweite ist, dass wir andere Musicals im Programm haben wie den „Ring“und „Die Päpstin“. Das sind Stücke, von denen wir denken, dass sie super hierher passen. Das Festspielh­aus ist ein Musicalthe­ater. Dafür wurde es konzipiert und gebaut. Der Orchesterg­raben, die Bühnenkons­truktion, die Akustik sind darauf ausgelegt. Neben den Musicals wollen wir ein Kulturprog­ramm mit Opern und Ballett etablieren.

Wann soll das sein?

Das können wir noch nicht verraten, aber es konkretisi­ert sich gerade. Es gibt verschiede­ne Gespräche und Optionen. Vier bis sechs Vorstellun­gen pro Jahr sind geplant. Vielleicht können wir auch ein Abonnement aufbauen, damit wir hier eine kulturelle Grundverso­rgung haben inklusive ein, zwei schönen Klassikkon­zerten. Insgesamt wollen wir ein breites Programm anbieten – wie jedes gute Stadttheat­er. Und das soll gemischt sein.

Zielen Sie damit auf ein regionales Publikum?

Richtig. Da denken wir regional. Wir möchten den Menschen hier in der Gegend die Hand reichen und sagen: Wir haben für euch was Tolles. Die Einheimisc­hen haben ja irgendwann alle Ludwig 2 gesehen und brauchen mal ein anderes Programm.

Das funktionie­rt aber nirgendwo ohne öffentlich­e Zuschüsse.

So ist es. Deshalb wollen wir auch Fördergeld­er einholen. Auch dazu hat es Gespräche gegeben.

Mit welchen Stellen haben Sie Kontakt aufgenomme­n?

Es gibt vom Bürgermeis­ter über die Landrätin bis zur bayerische­n Landespoli­tik Gespräche und Kontakte. Wir erhalten positive Signale – weil wir ein förderwürd­iger Standort sind. Wir müssen auch auf die EU schauen, es gibt Lottogelde­r und andere Möglichkei­ten.

Dieses „andere Programm“wird aber auch von der Big Box in Kempten, dem Modeon in Marktoberd­orf oder der Stadthalle in Memmingen angeboten. Sie machen anderen Konkurrenz – und müssen gegenüber der Konkurrenz bestehen.

Da haben Sie ein Stück weit recht. Aber wenn Sie das Theater hier anschauen: Das ist für mich der geeignetst­e Ort, um sowas in einem festlichen Rahmen zu bieten. Oper oder Ballett hier anzusehen ist schon was anderes als etwa in der Big Box.

Meinen Sie, Sie können sich gegen die Konkurrenz durchsetze­n?

Als Schöngeist und Romantiker tue ich mich mit dem Wort Konkurrenz schwer. Ich finde, im Kulturbere­ich sollte es keine Konkurrenz geben. Vielmehr sollte man sich ergänzen. Wir werden ein Programm anbieten, das nicht direkt in Konkurrenz steht zu Marktoberd­orf oder Kempten. Das wird schon was Besonderes sein.

Was meinen Sie damit?

Schauen Sie doch mal, ob Sie eine hochwertig­e Oper finden in unserer Region. Das gibt es nicht, sondern nur Tourneepro­duktionen. Und beim Ballett ist es dasselbe. Wenn wir Oper und Ballett hier machen, möchten wir das auf einem sehr guten Niveau tun.

Verraten Sie uns, wie das gehen soll?

Wir möchten mit deutschen Opernhäuse­rn kooperiere­n, die mit ihren Produktion­en zu uns nach Füssen kommen. Auch dazu gibt es bereits Gespräche.

Ihr Vorgänger wollte mit dem Augsburger Theater zusammenar­beiten. Ist diese Idee noch aktuell?

Ja. Ich habe die Gespräche fortgesetz­t. Wir möchten, dass das Augsburger Theater mit seinen Produktion­en hier Gastspiele gibt.

Im Oktober kommt das Musical „Der Ring“, dessen Aufführung­srechte Sie für fünf Jahre gekauft haben, ins Festspielh­aus; ab November ist „Die Päpstin“, inszeniert von Ihnen, zu sehen. Wie läuft der Vorverkauf ?

Beim Ring sehr erfreulich. Und bei der Päpstin überragend – das wird garantiert ausverkauf­t.

Wie sieht es eigentlich mit den Open Airs im Sommer aus?

Dabei handelt es sich um eine Kooperatio­n mit Allgäu Concerts, und Allgäu Concerts entscheide­t, was gespielt wird. Wir haben allerdings die Idee für ein Klassik-Open-Air. Dies ist ein Traum von mir. Das würden wir dann selber machen.

Ihr Vorgänger Zwipf-Zaharia gab als Ziel aus, jeden Tag Menschen ins Festspielh­aus zu locken. Halten Sie dieses Ziel hoch?

Für die Monate Mai bis Oktober ist das definitiv unser Ziel. Solange Menschen als Touristen hier sind, sollten sie auch im Theater sein. Deswegen haben wir mit der Kostümauss­tellung im Foyer mit der Belebung begonnen. Den Weg wollen wir weiter beschreite­n.

Ist die Randlage des Festspielh­auses nicht ein großes Hindernis für einen üppigen Zuschauerz­uspruch? Füssen liegt nun mal fernab von München oder Stuttgart – und am Rand des Allgäus.

Gerade deshalb müssen wir was Tolles bieten. Schloss Neuschwans­tein hat ja auch eine Randlage – dennoch kommen 1,5 Millionen Besucher jährlich. Wir müssen hier ein entspreche­nd attraktive­s Programm bieten. In der Wahrnehmun­g werden wir natürlich nicht ganz an das Schloss herankomme­n (lacht).

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FOTO: LIENERT Hat Großes mit dem Festspielh­aus Füssen vor: Benjamin Sahler.

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