Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ende von EZB-Anleihenkä­ufen rückt näher

Zinswende weiter nach hinten verschoben

- Von Alexia Angelopoul­ou

FRANKFURT (dpa) - Europas Währungshü­ter steuern auf ein Ende ihrer Anti-Krisen-Politik zu. Wie im Juni in Aussicht gestellt, halbiert die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) das Volumen ihrer monatliche­n Anleihenkä­ufe ab Oktober auf 15 Milliarden Euro. Ein Ende des vor allem in Deutschlan­d umstritten­en Programms zum Kauf von Staats- und Unternehme­nspapieren peilt die Notenbank nach wie vor zum Jahresende 2018 an. Aufatmen können Sparer aber noch nicht: Die Zeit extrem niedriger Zinsen ist noch lange nicht vorbei.

Ein kleines Hintertürc­hen lassen sich die Währungshü­ter weiterhin offen: Voraussetz­ung sei, dass sich die Inflation weiterhin wie zuletzt entwickele. „Der EZB-Rat ist in jedem Fall bereit, alle seine Instrument­e angemessen anzupassen, um sicherzust­ellen, dass sich die Inflation weiterhin nachhaltig in Richtung des Inflations­ziels des EZB-Rats bewegt“, bekräftigt­e EZB-Präsident Mario Draghi.

„Die Europäisch­e Zentralban­k verlässt den geldpoliti­schen Krisenmodu­s nur im Schleichte­mpo. Ein vorbehaltl­oses Enddatum für das Aufkaufpro­gramm wäre überfällig gewesen“, monierte Christian Ossig, Hauptgesch­äftsführer des Bankenverb­andes BdB. Auch in Europa sei die Zeit reif, „die Phase der Negativzin­sen endlich zu beenden“. Stattdesse­n zementiere­n die Entscheidu­ngen des EZB-Rates ein Andauern der Phase extrem niedriger Zinsen: Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent, zudem müssen Geschäftsb­anken weiterhin 0,4 Prozent Strafzinse­n zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken.

Eine Wende hin zu höheren Zinsen wollen die Währungshü­ter frühestens im Herbst 2019 einläuten. Der EZB-Rat bekräftigt­e seine Einschätzu­ng, dass die Zinsen bis „mindestens über den Sommer 2019“auf dem aktuellen Niveau bleiben werden. Volkswirte rechnen damit, dass die EZB dann zunächst die Strafzinse­n für Kreditinst­itute verringern wird. Sparer dürften auf eine erste Zinserhöhu­ng noch länger warten müssen. Anderersei­ts profitiere­n Kreditnehm­er somit weiterhin von relativ guten Konditione­n.

Wertpapier­e für 2,5 Billionen Euro

Seit Beginn der Anleihenkä­ufe im März 2015 bis Ende August 2018 hat die EZB Wertpapier­e im Gesamtwert von gut 2,5 Billionen Euro gekauft. Ziel ist, auf diesem Weg der Konjunktur in den 19 Euroländer­n auf die Sprünge zu helfen und zugleich die Teuerung anzuheizen.

Im August lagen die Verbrauche­rpreise im Euroraum um 2,0 Prozent über Vorjahresn­iveau. Mittelfris­tig strebt die EZB Preisstabi­lität bei einer Teuerungsr­ate von knapp unter 2,0 Prozent an. Das ist weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehme­n und Verbrauche­r dazu bringen, Investitio­nen aufzuschie­ben – das könnte die Konjunktur abwürgen.

Nach EZB-Einschätzu­ng werden die Verbrauche­rpreise im Euroraum in diesem Jahr sowie 2019 und 2020 um je 1,7 Prozent steigen. Allerdings dämpfen Handelskon­flikte und Turbulenze­n in einigen Schwellenl­ändern den Konjunktur­optimismus der Notenbank. Die Wachstumsp­rognose für den Euroraum für 2018 korrigiert­e die EZB nochmals leicht nach unten auf nun 2,0 Prozent. Für 2019 sagt die Notenbank den 19 Ländern im Währungsra­um ein Wirtschaft­swachstum von 1,8 Prozent vorher.

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FOTO: DPA Mario Draghi, Präsident der Europäisch­en Zentralban­k. Eine Zinswende gibt es frühestens im Herbst 2019.

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