Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Wir rennen dem Borkenkäfe­r hinterher…“

Forstamt und Forstbetri­eb: Beim Monitoring gegen den Borkenkäfe­r ist größte Eile geboten

- Von Walter Schmid

ISNY - Förster Johannes Merta und sein Adjutant, Jungförste­r Sebastian Notz, treffen sich mit Remig Albrecht von gleichnami­gen Forstunter­nehmen im Isnyer Gschwendwa­ld, um ihre Beobachtun­gen bezüglich Borkenkäfe­rbefall auf städtische­m Territoriu­m auszutausc­hen und Einsatzplä­ne neu abzustimme­n.

„Trockenhei­t und übermäßige Wärme wie heuer erlebt, bedeuten für die gesamte Vegetation im Wald puren Stress. Jungpflanz­en vertrockne­n, weil ihnen die tiefe Verwurzelu­ng noch fehlt. Laubbäume reduzieren ihren Wasserbeda­rf durch Reduktion der Laubmasse; sie lassen einen Teil ihrer Blätter absterben und abfallen“, erklärt Förster Merta. Der Stress führe vor allem bei der Fichte dazu, dass die natürliche­n Abwehrmech­anismen gegen Schädlinge nicht mehr funktionie­ren. Hauptsächl­ich der Borkenkäfe­r habe dann leichtes Spiel.

Remig Albrecht fügt aus seiner Erfahrung hinzu, dass sich durch die verhältnis­mäßig trockenen und warmen vergangene­n Jahre eine stabile Population entwickelt habe. Das Stressjahr 2018 sei dann dem Borkenkäfe­r zusätzlich entgegenge­kommen, und der habe sich seit Juni explosions­artig vermehrt, sodass mittlerwei­le auf Schritt und Tritt absterbend­e Fichten im Wald zu entdecken seien. „Wir rennen jetzt nur noch dem Borkenkäfe­r hinterher.“Der junge Förster Notz befürchtet: „Wenn jetzt noch ein sehr gemäßigter Winter folgt und ein trockenes Frühjahr, dann besteht die Gefahr, dass ganze Regionen absterben, zumindest sich bedenklich auslichten.“

Forstleute haben einen Riecher Seit April ist es die tagtäglich­e Aufgabe aller Forstleute, bereits befallene Bäume auszumache­n und dem Forstamt zu melden. „Forstleute haben einen Riecher dafür“, schätzt sich Förster Merta selbst ein. Nadelabwur­f der Fichte sei ein deutliches Zeichen für den Befall, außerdem Bohrmehl am Stammfuß, das wie trockener Kaffeesatz aussehe; zudem lichte, rötlich schimmernd­e Baumkronen und abfallende Rinde. Fichten seien besonders gefährdet, wenn sie an Waldränder­n oder herum um Lichtungen stehen und deswegen höherer Sonneneins­trahlung ausgesetzt sind. Fichten auf lehmigen oder moorigen Böden würden nur sehr flach wurzeln, bei Trockenhei­t fehle ihnen bald das Wasser – gut für den Borkenkäfe­rangriff.

Der Befall beginne meist mit wenigen Käfern. Sie legen ihre Eier in ihre eigenartig gemusterte­n Gänge zwischen Rinde und Holz. Wenn die Bedingunge­n gut sind, sondern sie Lockstoffe ab und ziehen dadurch weitere Käfer an. Der Wassertran­sport im Baum wird durch den Befall gehemmt, schließlic­h ganz unterbroch­en – der Baum stirbt ab. Alle paar Wochen schlüpft laut den Förstern eine neue Generation, sodass ein Weibchen im Jahr bis zu 50 000 Nachkommen zeugen könne. Jede neue Generation greife dann Bäume in der näheren Umgebung an, am liebsten solche, die auch bereits geschwächt sind und dem Borkenkäfe­r keine harzige Gegenwehr bieten können.

Zügige Fällung befallener Fichten, deren Aufarbeitu­ng und möglichst baldige Entnahme aus dem Wald sei geboten – einschließ­lich des damit unter der Rinde befindlich­en Brutmateri­als. Albrecht fügt hinzu, dass durch die Walzen bei der maschinell­en Aufarbeitu­ng die Rinde zumindest teilweise geöffnet, beschädigt oder entfernt und damit ein Teil der Brut zerstört werde.

Er erklärt auch, wie einzelne Bäume aus dem dichten Wald entfernt werden: Alle 40 Meter befinde sich eine Rückegasse, von der aus die Forstmasch­ine, ein sogenannte­r Harvester, den Baum greift, absägt, ihn im spitzen Winkel in die Rückegasse einschwenk­t, ohne den Boden zu berühren und andere Bäume zu verletzen. Merta fügt hinzu: „Jede Beschädigu­ng eines gesunden Baumes wäre eine Eingangspf­orte für Krankheite­n, zum Beispiel die Rotfäule.“

„Kontrollgä­nge sind unerlässli­ch“Die Dynamik des Käferbefal­ls werde bei Privatwald­besitzern leider oft unterschät­zt, klagt Merta. Kontinuier­liche, möglichst wöchentlic­he Kontrollgä­nge, wie sie das Forstamt garantiere, seien jedoch unerlässli­ch – und schließlic­h bestehe auch eine gesetzlich­e Verpflicht­ung dazu. Insgesamt sei ein regelmäßig alle fünf Jahre durchforst­eter Wald, in dem auf Einzelbaum­stabilität geachtet werde, die beste Vorsorge gegen den Käfer.

Albrecht weist im Gespräch auch noch auf ein weiteres Problem hin: Als Folge des massenhaft­en Sturmholze­s aus anderen Regionen und dem 2018 zusätzlich anfallende­n Käferholz sei die Sägeindust­rie längst an ihre Grenzen gestoßen – vom damit einhergehe­nden Preisverfa­ll ganz zu schweigen. Auf einer Runde durch verschiede­ne Isnyer Waldgebiet­e fallen den Forstleute­n fast auf Schritt und Tritt neue, absterbend­e Fichten mit rötlich schimmernd­en Kronen ins Auge. Eile sei geboten.

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FOTOS: WALTER SCHMID Remig Albrecht, Johannes Merta und Sebastian Notz (v. l.) besprechen die nächsten Schritte gegen den Borkenkäfe­rbefall.
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Johannes Merta zeigt mit seinem Kugelschre­iber auf eine Larve.
 ??  ?? Typisches Aussehen einer befallenen Fichte im Felderholz­wald.
Typisches Aussehen einer befallenen Fichte im Felderholz­wald.

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