Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Bahnchaos: Überfüllte Züge und gereizte Stimmung
Weiterhin Probleme auf der Bodenseegürtelbahn – Landrat des Bodenseekreises lädt zum Krisengespräch
FRIEDRICHSHAFEN - Überfüllte Züge, Zugausfälle, gereizte Stimmung bei den Bahnkunden: Noch immer gibt es offenbar massive Probleme auf der Bodenseegürtelbahn, vor allem auf dem Abschnitt zwischen Markdorf und Friedrichshafen. Deshalb hat der Landrat des Bodenseekreises, Lothar Wölfle, die Verantwortlichen von Bahn und Land jetzt zu einem öffentlichen Krisengespräch vor Ort eingeladen. Das sagte der Landrat im Sommerinterview mit der Schwäbischen Zeitung.
Die Probleme sind nicht neu. Bereits im vergangenen Herbst war von teilweise chaotischen Zuständen auf der Bodenseegürtelbahn zu hören. Wölfle hatte zusammen mit dem Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Bodo, Jürgen Löffler, einen Termin in Stuttgart, Bahn und Land gelobten Besserung. Unter anderem wurde versprochen, zusätzliche Verbindungen einzurichten. Hat sich die Situation gebessert?
„Leider überhaupt nicht. Wir bekommen im Prinzip täglich Beschwerden von Fahrgästen“, sagt Landrat Wölfle jetzt im Gespräch mit der SZ. Demnach fallen nach wie vor mehrfach in der Woche Züge aus, oder es sind nur reduzierte Züge im Einsatz. Die Toiletten seien nicht gereinigt oder die Türen der Waggons kaputt. Bei mancher Mail von den Bahnkunden habe er den Eindruck, dass sich die Situation weiter verschlechtert, sagt Wölfle. „Das, was uns alles am 30. Januar in Stuttgart versprochen wurde, das hat die Bahn bis heute nicht eingehalten.“
Die Mitarbeiter im Landratsamt bekämen den Ärger der Bürger oft ab, obwohl man bei der Kreisverwaltung letztlich keine Entscheidungsgewalt habe. Es gehe um die ganze Bodenseegürtelbahn zwischen Radolfzell und Friedrichshafen, meint Wölfe, „die größten Probleme gibt es zwischen Markdorf und Friedrichshafen“. Wölfle hat sich jetzt erneut an den Ministerialdirektor Uwe Lahl im Verkehrsministerium gewandt und gefordert, „dass die Verantwortlichen von Bahn und vom Ministerium zu einem Krisentreffen hierherkommen und öffentlich erklären müssen, was Sache ist.“Auch eine Reaktion hat es schon gegeben: „Mir wurde bereits zugesagt, dass dieses Treffen stattfindet, aber der Termin steht noch nicht.“
Die Ursachen für die Misere sieht Wölfe hauptsächlich bei der Bahn, die mit veraltetem Material arbeite und nicht in der Lage sei, die Züge zu reinigen. Außerdem habe die Bahn prinzipiell zu wenig Material und zu wenig Personal, vor allem Lokführer fehlten. Das Land müsse sich ankreiden lassen, dass bei der Ablösung des großen Verkehrsvertrages vor ein paar Jahren die Bestellungen reduziert wurden. Das Land habe aber mittlerweile nachbestellt, aber die Bahn sei nicht in der Lage, dieser Nachbestellung nachzukommen.
Auch von seinen Mitarbeitern im Landratsamt, die häufig mit der Bodenseegürtelbahn zur Arbeit fahren, bekommt Wölfe oft Beschreibungen der Zustände. So gebe es Züge, die am Stadtbahnhof Friedrichshafen Richtung Überlingen starten und um einen Wagen reduziert seien. „Die kommen schon genagelt voll an der Haltestelle am Landratsamt an“, sagt Wölfle. „Wenn dann noch Leute in den Zug reindrücken, kommt es gelinde gesagt zu extrem gereizter Stimmung. Ich kenne Fälle, wo dann Eltern mit ihrem Kind wieder aussteigen, weil es anfängt zu weinen. Die Leute stehen dann hier am Landratsamt. Solche Meldungen bekommen wir jede Woche“, sagt Wölfle. Man leite alles weiter nach Stuttgart, bisher ohne Ergebnis.