Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Jan Kammann
So viel Engagement wie Jan Kammann bringen wohl nur wenige Lehrer auf, wenn es darum geht, die Lebensumstände und die Herkunft ihrer Schüler besser zu verstehen: Der 40-Jährige, der in Hamburg Englisch und Geografie unterrichtet, hat 2016 ein Sabbatjahr eingelegt und 14 Länder bereist, aus denen seine Schüler stammen. Darüber hat er jetzt das Buch „Ein deutsches Klassenzimmer“(erschienen bei Malik) geschrieben.
Kamann unterrichtete in einer internationalen Vorbereitungsklasse, die von 30 Schülern aus 22 Nationen besucht wurde. Er traf auf Lebenswelten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Seinen Wunsch, mehr über die Herkunft seiner Schüler zu wissen und kennenzulernen, was für sie bis vor Kurzem Heimat war, setzte er in die Tat um. Der Lehrer zog los und erlebte unter anderem den Alltag in Kuba, Nicaragua, Kolumbien, Südkorea, China, Russland und im Kosovo.
Wieder zurück hat er nicht nur eine Menge neuer Erfahrungen im Gepäck, sondern auch jede Menge Respekt vor den jungen Leuten. „Mir ist deutlich geworden, wie hart es für manche Schüler sein muss, einen Schulabschluss in einer völlig fremden Sprache zu machen. Wenn ich mir vorstelle, ich hätte in dem Alter an ihrer Stelle gestanden – ich wäre wohl gescheitert“, erzählt er nach seiner Reise. Sein Blick auf die Welt habe sich verändert, bilanziert der Lehrer seine Erfahrungen. Seit seiner Reise versuche er, in seinem Alltag am Gymnasium noch mehr als zuvor, jede Wertung zu vermeiden. „Kulturen sind verschieden, aber nicht besser oder schlechter“, sagt Kammann. Mittlerweile hat der Weitgereiste wieder neue Schüler aus aller Herren Länder. Viele kann er nun in ihrer Muttersprache begrüßen und sie mit Kenntnissen aus ihrem Heimatland überraschen. (sim)