Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Das Leid hinter dem Mond
Erstmals durften am Dienstag auch gewöhnliche Nordkoreaner im Fernsehen live erleben, wie ihr „Geliebter Führer“den früheren Staatsfeind aus dem Süden in die Arme schließt. Viel wissen sie nicht über die Brüder und Schwestern jenseits des 38. Breitengrades und fast alles davon ist Hass und Propaganda. Die „Koreanische Mauer“steht auch 65 Jahre nach dem Kriegsende noch.
Es ist wahrscheinlich für einen normalen Mitteleuropäer unfassbar, was Menschen in Korea erleiden müssen. Kein Lebenszeichen von Familie und Verwandten auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs. Nicht zu wissen, wie die anderen leben und oft sogar, ob überhaupt noch. Für die meisten Koreaner leben auch engste Angehörige nicht nur in einem anderen Land, sondern hinter dem Mond. Eine solche Isolation hat es selbst im geteilten Deutschland nie gegeben. Ostberlin ließ wenigstens Rentner reisen, es gab Telefonkontakte, Briefe, Päckchen. Das geschah fernab jeder Normalität, aber es war so unendlich viel mehr als auch heute noch in Korea real existiert oder auch auf absehbare Zeit erreichbar scheint.
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Südkoreas Hauptstadt Seoul gibt es nicht nur Freunde des Gipfels. Demonstranten warfen Präsident Moon vor, die Menschenrechte im Norden zu verraten.
Vor allem Exil-Nordkoreaner befürchten, die Gipfelshow diene nur dem „unmenschlichen Kim-Regime“, wie auf Transparenten zu lesen war. Viele der Flüchtlinge versammelten sich im Restaurant Neungra Bapsang, das nordkoreanische Speisen und Neuigkeiten aus der Heimat serviert. Wirtin Lee Ae Ran, die selbst 1997 aus Pjöngjang geflohen war, lehnt jede Annäherung ab, den Gipfel hält sie für falsch. Präsident Moon biedere sich dem Diktator an. Im Norden würden unter der Kim-Herrschaft Menschen verhungern und in Lager eingesperrt.