Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Allgäuhalle verliert Großkunden
Allgäuer Herdebuchgesellschaft plant Viehauktionen künftig in einer eigenen Anlage in Unterthingau – Verkehrsprobleme in Kempten sind ein Grund
KEMPTEN - Eine jahrzehntelange Tradition steht vor dem Aus: Die Allgäuer Herdebuchgesellschaft kehrt Kempten den Rücken und verlegt ihre Vieh-Auktionen von der Tierzuchthalle in einen Neubau, der im Ostallgäuer Unterthingau entsteht.
Die Auktionstage prägen das Alltagsbild in Kempten seit Jahrzehnten: An verschiedenen Wochentagen fahren Landwirte zu Hunderten in die 1928 erbaute „Allgäuhalle“im Stadtzentrum, um Kühe und Kälber zu kaufen oder zu verkaufen. Dokumentiert wird die Handelstradition durch ein 2,5 Tonnen schweres Denkmal: Auf einem Sockel steht „Roman, der Stier“. An Auktionstagen ist der ansonsten öffentliche Parkplatz rund um die Halle gesperrt und dort stehen dann oft mehr als 70 Viehanhänger und Transporter.
Die Verkehrssituation ist einer der Gründe, weshalb die Herdebuchgesellschaft diskutiert, die von der Stadt angemietete Tierzuchthalle aufzugeben. „Solche Auktionen gehören nicht mehr mitten in die Stadt“, sagte Vorsitzender Norbert Meggle bereits vor längerer Zeit. Zudem sei der Standort inzwischen auch unter veterinärrechtlichen Gesichtspunkten „schwierig“.
Die Herdebuchgesellschaft wollte zunächst in Kempten bleiben – und die Stadt Kempten wollte die Tradition auch unter allen Umständen erhalten, erklärte Oberbürgermeister Thomas Kiechle mehrfach. Die Landwirte sicherten sich eine Kaufoption auf ein Grundstück mit viereinhalb Hektar in der Nähe der Autobahnauffahrt Leubas. Dort sollte eine Auktionshalle mit Stallungen für 200 Tiere und einer Futterhalle entstehen. Insgesamt 5000 Quadratmeter überbaute Fläche. Doch die Stadt Kempten winkte ab. Das Grundstück liegt mitten auf der grünen Wiese, sei an keinerlei Bebauung angebunden. Zudem hätte es massive Probleme gegeben, das Gelände an den Verkehr anzubinden. Umso mehr, als die Kaufbeurer Straße in diesem Bereich demnächst vierspurig ausgebaut wird.
„Unser Favorit war Leubas“, sagte gestern Meggle nochmals. „Wir hätten nicht mehr durch Kempten fahren müssen, eine Auktionshalle dort wäre gut von der Autobahn aus erreichbar. Aber die Stadt war ja nicht zu bewegen.“
Die Verwaltung machte die Herdebuchgesellschaft in der Folge darauf aufmerksam, dass der Biomassehof einen Teil seines Geländes in der Riederau abgeben will und sich eine gewerbliche Nutzung in größerem Rahmen abzeichnet. Zunächst sah es so aus, dass die Landwirte in diese Richtung schwenken, 32 000 Quadratmeter Grund wurden ihnen in Aussicht gestellt. Doch vor einiger Zeit entschieden sie sich anders. Meggle begründete das gestern so: „Wir hätten wieder durch die Stadt fahren müssen, über Straßen mit mehreren Ampeln.“Ausschlaggebend, schob er nach, seien Diskussionen der Mitglieder gewesen, von denen viele nicht aus Kempten oder dem Oberallgäu kommen.
Oberbürgermeister Thomas Kiechle bedauert die Entscheidung. „Wir haben die Auktionen in der Allgäuhalle nie infrage gestellt.“Lange habe man sich auch bemüht, alternative Standorte anzubieten.
Derzeit gibt es nach Worten von Kiechle noch keine Ideen, was nach dem Abzug der Herdebuchgesellschaft mit der Allgäuhalle geschieht. Sie steht teilweise unter Denkmalschutz. Der Oberbürgermeister ist allerdings überzeugt, dass „in dieser interessanten Lage schnell etwas Neues entsteht“.
„Wir haben die Auktionen in der Allgäuhalle nie infrage gestellt.“Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle