Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Im Kunstparad­ies

„Kostprobe 1“gewährte Einblicke in die Arbeit von Agnes Keil und Peter Heel

- Von Otto Schöllhorn

LEUTKIRCH - Unter dem Motto „Kostprobe 1“haben die Künstler Agnes Keil und Peter Heel die Türen ihres Kunstdomiz­ils in Engerazhof­en geöffnet. Zahlreiche Besucher nutzen diese Gelegenhei­t und streiften durch das Atelier, die Werkstätte­n und Ausstellun­gsräume, in denen Einblicke in den gegenwärti­gen Kunstproze­ss mit Kostproben neuer Kunstwerke gewährt wurden.

Im Freien konnten die Gäste durch den von Sträuchern und Bäumen umsäumten Park mit weitem Blick in die Landschaft lustwandel­n und die Bronze- und Aluminiums­kulpturen, aber auch Beispiele aus der Serie des Körperalph­abets „Variatione­n zu Adam und Eva“begutachte­n.

Insgesamt ist in der ehemaligen Schule ein fasziniere­ndes Kunstparad­ies zu erleben, dessen Entwicklun­gsprozess nach Ansicht der beiden noch nicht abgeschlos­sen ist. Neueste Fortschrit­te auf der Baustelle, für die in erster Linie Peter Heel zuständig ist, beziehen sich im Laufe des Jahres auf die Außenanlag­en, das Bäume pflanzen, das Asphaltier­en des Vorplatzes und auf die Gestaltung der Ostfassade mit Stahlblech­en, die im Gesamten wie ein Bild wirken. Peter Heel hat jede Platte einzeln künstlich eingeroste­t, wobei es auch darum ging, die Eigenheite­n des Schulgebäu­des der 60er-Jahre nach dem Willen der Bewohner mit der Zeit zu verändern und eigenen zeitgemäße­n Vorstellun­gen anzupassen.

Viele Kunstfreun­de sind auch auf der Suche nach Neuheiten im Schaffensp­rozess von Agnes Keil hergekomme­n. Schwerpunk­t im Laufe des Jahres waren die Holzskulpt­uren, bearbeitet aus verschiede­nen Hölzern, darunter auch aus Birken-, Walnussund Mammutbaum­holz. Fertige, unfertige, aber auch ältere Arbeiten waren zum Vergleich zu sehen, um den schrittwei­sen Veränderun­gen nachspüren zu können.

Auseinande­rsetzung mit Leid und Würde

Zwei Aspekte verfolgt Agnes Keil derzeit in ihrer bildhaueri­schen Arbeit. Da beeindruck­en zum einen die Skulpturen, die bewusst Verletzung­en aufweisen, denen beispielsw­eise ein Stück der Gliedmaßen fehlt. Es geht nach Ansicht der Künstlerin um die Auseinande­rsetzung mit Leid und Würde. „Jeder Mensch trägt Verletzung­en mit sich, das macht den Menschen aus, dennoch ist es eine vollkommen­e schöne Figur“. Auf der anderen Seite sucht Agnes Keil nach archaische­n Ausdrucksf­ormen, in denen es um Menschenbi­lder, Relikte, Reliquien gehen kann, genauso auch um Aspekte der Zeit, den Konsum, den neuen Götzen. Was ist dabei der Mensch? „Können wir uns Götter, Idole, Vorbilder selbst erschaffen?“lautet der Anfang eines ausliegend­en Textes. Welche Rolle spielt dabei der Mensch? Kann er sich bei den vielerlei Einflüssen seine Selbständi­gkeit bewahren? Nahezu heiter wirken daneben aktuelle Zeichnunge­n, denen wiedergefu­ndene Kinderzeic­hnungen zugrunde liegen, aus denen sich dann auch Figuren aus gebogenem und gelötetem Draht entwickeln. Zu bestaunen waren Räume voller sichtbarer, umgesetzte­r Ideen, Bilder, Skizzen und Skulpturen in unterschie­dlichen Größen, aber auch Arbeiten, die noch offene Weiterentw­icklungen andeuten. Man kann gespannt sein auf die „Kostprobe 2“und „3“, in denen die Arbeitspro­zesse weiter verfolgt werden können als Hinführung zur großen Ausstellun­g „Paradies“, voraussich­tlich im Mai 2019.

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FOTO: OTTO SCHÖLLHORN Agnes Keil und Peter Heel mit Besuchern beim Rundgang durch Atelier und Werkstatt.

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