Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Klage gegen Kißlegg scheitert voraussich­tlich

Fall von 2013 gestürztem Kißlegger wird vor dem Oberlandes­gericht Stuttgart verhandelt

- Von Katja Korf

KISSLEGG/STUTTGART - Ein tragischer Sturz, aber wohl kein Fehler der Gemeinde Kißlegg: So wertet das Oberlandes­gericht Stuttgart (OLG) den Fall des 54-Jährigen Gerald Zudrell. Er war an Fasnet 2013 vor dem neuen Schloss bei Glätte gestürzt. Doch seine Klage gegen die Gemeinde wird aller Voraussich­t nach scheitern. Ein Urteil fällt am 7. November.

Das ist das Ergebnis eines weiteren Verhandlun­gstages vor dem OLG. Dort hatte Zudrell Berufung eingelegt gegen ein Urteil des Landesgeri­chts Ravensburg. Das hatte zuvor entschiede­n, ihm stehe nach dem Sturz auf Glatteis weder Schadeners­atz noch Schmerzens­geld von der Gemeinde zu.

Zudrell stürzte am Gumpigen Donnerstag 2013 vor dem Neuen Schloss, auf dem Gehsteig vor dem Bürgeramt. Er brach sich den Unterschen­kel und musste viermal operiert werden, war ein halbes Jahr arbeitsunf­ähig. „Ich bin seitdem nicht mehr der Alte, kann auch nicht mehr so arbeiten wie früher“, berichtete er am Mittwoch. Für ihn ist klar, wer Schuld an dem Unfall hat: die Gemeinde. Sie hätte aus seiner Sicht an diesem Tag häufiger Salz streuen müssen.

Das hatte der damalige Hausmeiste­r im Auftrag des Bauamts getan, allerdings um sieben Uhr morgens. „Ich war bis gegen 12 Uhr im Dienst, hatte wegen des Gumpigen danach Feierabend“, so der 53-Jährige am Mittwoch. Er habe bis dahin kontrollie­rt, ob es um das Schloss herum glatt gewesen sei. Um 17.45 Uhr besichtigt­e der Einsatzlei­ter des Bauhofs dann auch noch einmal die Wege.

Unstrittig sind mehrere Dinge. Zum einen bestätigte­n viele Passanten, dass es vor dem Schloss um 19 Uhr sehr rutschig war. Und: Im Ort versteht so mancher nicht, warum die Gemeinde die Wege mit Muschelkal­kplatten belegen ließ. „Die waren immer rutschig, bei Regen, wenn Grünspan ansetzte, bei Schnee“, sagte der Ex-Hausmeiste­r. „Stürze waren vorprogram­miert.“Doch Salz streuen durften er und seine Kollegen nicht, nur Split und Sand. Das hätten die Platten nicht vertragen, so die Begründung der Gemeindeve­rwaltung. „Erst als der Chef selbst dort geflogen ist, sollten wir Salz benutzen“, sagte der Zeuge am Mittwoch. Das war aber schon vor Zudrells Sturz – an jenem Tag war bereits Salz im Einsatz. Zur Unfallzeit herrschte Eisglätte, die Unfallstel­le war ein gefährlich­er Punkt. Das aber nützt Zudrell wohl nichts. Denn die entscheide­nde Frage ist eine andere: Ab wann herrschte Glatteis? Selbstvers­tändlich ist eine Gemeinde verpflicht­et, Schnee und Eis von öffentlich­en Wegen zu räumen.

Doch wenn es schneit oder Nässe überfriert, braucht die Gemeinde eine gewisse Zeit, um Mitarbeite­r loszuschic­ken und Fahrzeuge oder Geräte in Gang zu setzen. Diese Rüstzeit steht ihr aus rechtliche­r Sicht auch zu. Vorbeugend­es Streuen ist nur in Ausnahmen Pflicht – eine solche sehen die Richter in Kißlegg nicht.

Damit hätte Zudrell beweisen müssen, dass es entweder kurz nach der Kontrolle um 17.45 Uhr glatt wurde vor dem Schloss oder dass der Bauhof-Mitarbeite­r log. Beides konnte er aus Sicht der Stuttgarte­r Richter nicht. Der Sturz Zudrells sei tragisch, aber: „Nicht an jedem Unfall ist jemand anderes Schuld. Und man kann auch nicht der Gemeinde immer die Schuld an allem geben. Deswegen müssen Sie beweisen, dass die Verwaltung einen Fehler gemacht hat.“Das sei aber nicht gelungen. „Wir sagen damit nicht, alles lief richtig. Aber wir können eben nichts anderes feststelle­n“, so Haag.

Trotz der deutlichen Worte wollte Zudrell seine Klage nicht zurücknehm­en. Damit sprechen die Richter am 7. November ein Urteil, wie es ausfällt, steht aber so gut wie fest. „Das ist doch alles Unsinn. Die Platten sind immer glatt, bei Wetter wie an jenem Tag muss man eben viel regelmäßig­er streuen“, sagte Zudrell nach der Verhandlun­g.

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