Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Lindauer Räte wollen Hoyerbergs­chlössle verkaufen

Für eine Vergabe auf Grundlage des Erbbaurech­ts gibt es keinen Bieter

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Die Stadt Lindau soll das Hoyerbergs­chlössle verkaufen. Der Finanzauss­chuss hat am Dienstagab­end in nicht-öffentlich­er Sitzung eine entspreche­nde Empfehlung für den Stadtrat beschlosse­n. Die Verwaltung will nach Zustimmung der Räte die Verhandlun­gen mit Bietern zum Abschluss führen.

Die Räte im Finanzauss­chuss hätten dem Stadtrat empfohlen, „einem Verkauf zuzustimme­n“, sagte Lindaus Pressespre­cher Jürgen Widmer am Morgen nach der Sitzung auf Anfrage der Lindauer Zeitung. Der Stadtrat soll bereits in seiner nächsten Sitzung am 24. Oktober im Grundsatz über den Verkauf entscheide­n. Widmer berichtet von gut laufenden Verhandlun­gen mit Bietern. Dabei sei der Verwaltung die Zugänglich­keit des denkmalges­chützten Gebäudes wichtig: „Es wird auf jeden Fall weiterhin eine öffentlich­e Nutzung geben.“Zudem werde die Stadt verhindern, dass das Schlössle zum Spekulatio­nsobjekt wird: „Wir werden uns auf jeden Fall ein Vorkaufsre­cht für einen etwaigen Verkauf sichern.“

Um die Verkaufsve­rhandlunge­n zu einem Abschluss zu bringen, brauche die Verwaltung den Grundsatzb­eschluss des Stadtrats, ergänzt Widmer. Der weitere Zeitplan sei noch unklar, zum Zeitpunkt des Verkaufs könne er noch nichts sagen.

Sehr wohl äußert sich Widmer dazu, warum der Finanzauss­chuss sich für einen Verkauf entschiede­n hat und nicht für eine Vergabe auf Grundlage des Erbbaurech­ts, wie dies zuletzt zum wiederholt­en Mal Lindauer gefordert hatten: Denn der Pressespre­cher widerspric­ht den Behauptung­en vor allem von Ex-Stadtrat Peter Borel, der mehrfach von einem Interessen­ten gesprochen habe, der genau dies wolle: „Diese Interessen­ten gibt es schlicht nicht.“Die Liegenscha­ftsverwalt­ung der Stadt habe mehrfach bei dem angebliche­n Interessen­ten angefragt: „Aber wir haben bis heute kein Angebot von ihm vorliegen.“

Vor fast fünf Jahren hatte der Finanzauss­chuss schon einmal den Verkauf beschlosse­n, weil die Stadt nicht 1,2 Millionen Euro in die Sanierung des Gebäudes stecken wollte. Dieser Betrag sei durch eine Verpachtun­g nicht wieder zu erwirtscha­ften, begründete Liegenscha­ftsverwalt­er Wolfgang Natterer das damals. Der Beschluss sollte Wendepukt für das Gebäude sein, das seit Jahresende 2012 leer steht. Zuvor hatte sich kein Pächter gefunden, der sich an den Investitio­nskosten beteiligen wollte.

Letztlich scheiterte das Verkaufsve­rfahren für erhoffte 2,5 Millionen Euro im Sommer 2014 am Widerstand der Lindauer. Unter anderen sprachen sich bei einer Unterschri­ftensammlu­ng 2200 Bürger gegen einen Verkauf aus. Der nach den Wahlen neu zusammenge­setzte Stadtrat stoppte den Verkauf schließlic­h.

Ein Jahr später hat der Stadtrat das Hoyerbergs­chlössle erneut ausgeschri­eben, diesmal aber nur für eine Vergabe auf Grundlage des Erbbaurech­ts bei einem jährlichen Pachtzins von 45 000 Euro. Dafür sollte der neue Eigentümer alle Investitio­nen selbst tragen. Tatsächlic­h fand sich ein Interessen­t, der aber kurz vor Weihnachte­n 2015 wieder abgesprung­en ist.

Damit begannen die Diskussion­en von vorne. Im März 2016 hat der Finanzauss­chuss deshalb eine dritte Ausschreib­ung beschlosse­n, um einen Käufer oder einen Interessen­ten auf Grundlage der Erbpacht zu finden. Bedingung war eine öffentlich­e Nutzung. Doch die Stadt einigte sich mit keinem Bieter. Stattdesse­n beschloss der Finanzauss­chuss vor anderthalb Jahren eine vierte Ausschreib­ung. Wieder waren Angebote für Kauf oder Erbpacht erbeten, die Stadt machte aber keine Vorgabe mehr für eine Nutzung. Dieses Verfahren soll jetzt zu einem Abschluss kommen.

Errichtet wurde das Schlössle 1854 für Dora Gruber, die es ihrem Bruder Adolf Gruber geschenkt hat. Der Erbe der Lindenhofv­illa hatte kurz vorher den östlichen Teil des Hoyerbergs als Weinberg gekauft. 1917 hat die Gemeinde Hoyren den Hoyerberg mit dem Schlössche­n von der Familie Gruber gekauft. Dafür hatten damals viele Bürger gespendet.

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