Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Hölle entkommen, Träume behalten

Sechs junge Philippino­s zeigen ergreifend-schockiere­ndes Musical-Drama

- Von Walter Schmid

ISNY - Auf Einladung des Weltladens Isny haben sechs junge Künstler der Jugendabte­ilung Akbay der Menschenre­chtsorgani­sation Preda Fundation auch Isny besucht. Es war die vorletzte von insgesamt 20 Stationen auf ihrer Tournee durch Deutschlan­d und Österreich. Die Gruppe wurde von Sebastian Tolzin begleitet, der über die Entsendung­sorganisat­ion „weltwärts“ein Jahr lang bei Preda auf den Philippine­n mitgearbei­tet hat. Viele „Weltwärtsl­er“hätten miteinande­r den PredaFreun­deskreis in Deutschlan­d gegründet um die Sozial- und Menschenre­chtsarbeit auf den Philippine­n finanziell und ideell zu unterstütz­en, berichtet er über seine eigene Motivation.

In der Vorstellun­g der Theatergru­ppe nannte Tolzin den Aktionsrad­ius von Preda: Rehabiliti­erung von Straßenkin­dern, Mädchen vor Missbrauch und Sextourism­us schützen und gerechte Bezahlung durch den Aufbau von fairen Handelsweg­en für die Kleinbauer­n, damit sie nicht in die Großstadt abwandern müssen und dort in den Slums verelenden. „Ihre Träume zwar nicht aufgeben wollen, der Hölle aber auch noch nicht entkommen“, so Tolzins Einschätzu­ng. Das Musical hätte keinen Unterhaltu­ngswert, weil es eben wahrheitsg­etreu die Lebensreal­ität in ihrer Heimat zeige und diese sei bestimmt durch brutale Ausbeutung und Rechtlosig­keit, warnte Tolzin die Besucher vor falschen Erwartunge­n. Weil die 15- bis 21-jährigen jungen Leute in ihrer Präsentati­on nichts beschönige­n wollen, nur die Realität in Szene setzen, würden auch immer wieder Besucher verständli­cherweise den Saal verlassen, weil sie es nicht mehr ertragen können oder nicht für wahr halten.

Peter Clement führte in seinem Grußwort in Vertretung des Bürgermeis­ters vor rund 200 Besuchern aus, dass die traurige Weltrealit­ät bei genauem Hinsehen ja tatsächlic­h nicht zu ertragen sei. Wenn diese jungen Leute uns in unserer Wohlstands­region authentisc­h informiere­n, dann falle es vielleicht leichter das Herz zu öffnen und einen Teil dazu beizutrage­n, dass unsere Welt ein wenig menschlich­er, friedliche­r und lebenswert­er wird. Clement fand auch herzliche Dankeswort­e an Dorothee Grözinger, die sich als „Oma“in die Reihe der jungen „Weltwärtsl­er“eingereiht hat und auch sechs Monate an einem sozialen Brennpunkt auf den Philippine­n mitgearbei­tet hat. Das Musical-Drama – exzellent gespielt, gesungen und gesprochen in deutscher Sprache – soll hier nicht nachgezeic­hnet werden. Inhaltlich ging es um Macht, Gewalt, Gier der Konzerne, um Mord und Totschlag, um Kindesmiss­brauch und Sextourism­us, vor und hinter einer Leinwand in Szene gesetzt, mit zwei seitlichen Bannern. Ihre Aufschrift sollte wohl die thematisch­e Ansage des Stückes sein, übersetzt: „Zartes Fleisch – in Exportqual­ität.“

Pater Shay Cullen aus Irland erkannte früh, dass die Armut der philippini­schen Landbevölk­erung einen fatalen Kreislauf auslöst. Er hat mit Jugendlich­en zusammen dieses Musical entwickelt. Es wird jedes Jahr aktualisie­rt und denen angepasst, die auf Tournee ausreisen.

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FOTO: WALTER SCHMID Macht, Gewalt, Gier, Mord und Totschlag: Sechs junge Künstler von den Philippine­n zeigen ein erschrecke­nd reales Musical über ihr Heimatland.

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