Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Zu finden gibt es eigentlich immer etwas“

Franz Hau aus Hofs ist als Hobby-Archäologe „ehrenamtli­cher Denkmalpfl­eger“des Landesdenk­malamtes

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LEUTKIRCH - Beruflich verrichtet Franz Hau aus Hofs bei Leutkirch im Allgäu Baumpflege- und Höhenarbei­ten, privat ist er leidenscha­ftlicher Hobby-Archäologe. „Für uns Insider sind Menschen wie Franz Hau unersetzli­ch“, sagt der internatio­nal renommiert­e Unterwasse­rarchäolog­e Martin Mainberger. Hildegard Nagler hat Franz Hau Fragen gestellt.

Herr Hau, Martin Mainberger sagt über Sie, Sie hätten eine „unglaublic­he Begabung“für Archäologi­e. Wann und wie sind Sie zur Archäologi­e gekommen?

Ich habe 1986 und 1987 für eine Baumschule in Schwabmünc­hen gearbeitet. Genau neben meinem Wohnort war eine große Ausgrabung­sfläche. Ich fand es hochintere­ssant, was die Wissenscha­ftler damals alles gefunden haben. Als ihr Budget aufgebrauc­ht war, habe ich weitergesu­cht und bin fündig geworden. So habe ich beispielsw­eise Teile von römischer Keramik mit zwei Siegeln gefunden, die bisher nicht bekannt waren. Das Archäologi­e-Virus hat mich seither nicht mehr losgelasse­n.

Sie haben schon viele aufsehener­regende Funde gemacht. Welcher Fund war für Sie bisher am aufregends­ten?

Im Bayerische­n kenne ich einen Kultplatz, der schon in der Bronzezeit, also ungefähr 1000 vor Christus, als Brandopfer­platz benutzt wurde und zuletzt in der Römerzeit, im 3. Jahrhunder­t nach Christus, belegt ist. Der Platz ist Richtung Säntis ausgericht­et, also westwärts. Ich habe nach Osten gesucht, in Richtung einer Höhensiedl­ung, die in verschiede­nen Epochen besiedelt war. Am Fuß des Hügels habe ich eine Schicht entdeckt, die mit menschlich­en, verbrannte­n Knochen durchsetzt ist und der Urnenfelde­rkultur zugeordnet wird. Den genauen Fundort möchte ich nicht preisgeben, damit er nicht geplündert wird. Das Landesamt für Denkmalpfl­ege in Bayern ist informiert. Das reicht.

Geben Sie Ihre Fundorte nie der Öffentlich­keit preis?

Das Landesdenk­malamt entscheide­t, ob ein Fundort öffentlich gemacht wird, nicht ich. Daran halte ich mich natürlich.

Wie viel Zeit wenden Sie für Ihr Hobby auf ?

Das ist ganz unterschie­dlich und vom Fundort abhängig. Und natürlich davon, was die Natur gerade freigibt. Manchmal sind es nur zwei Stunden im Monat, manchmal zwei Tage. Ich arbeite als Selbststän­diger, habe ein Arbeitsstu­ndenpensum wie jeder andere, muss mir deshalb also auch meine Zeit einteilen.

Sie sind Baumpflege-Spezialist und damit auch Kletterexp­erte. Hilft Ihnen das bei Ihrer Arbeit als Hobby-Archäologe?

In der Ausbildung haben wir uns mit archäologi­scher Holzkunde befasst. Unser Lehrer war Werner Schoch, der auch beispielsw­eise die Holzbefund­e von Ötzi untersucht hat. Von ihm habe ich viel gelernt und bin auch heute noch in Kontakt mit ihm. Wenn ich für Pflegearbe­iten irgendwo auf einen Baum oder einen Kirchturm klettern muss, schaue ich mir die Landschaft drumherum an. In Bodnegg habe ich so eine Siedlung aus der Zeit um 3800 vor Christus entdeckt, die Unterwasse­rarchäolog­e Martin Mainberger gerade ausgräbt.

Aber es darf ja nicht jeder graben…

Nein, auf gar keinen Fall! Ich selbst bin als „Ehrenamtli­cher Denkmalpfl­eger“des Landesdenk­malamtes bestellt. Ich berge nur das, was an der Oberfläche liegt und kaputt gehen könnte. Mit Abstimmung des Denkmalamt­es kann ich auch Notbergung­en vornehmen, das heißt, ich kann archäologi­sche Objekte vor der Zerstörung auf einer Baustelle beispielsw­eise durch Bagger sichern.

Verraten Sie, wonach Sie gerade suchen?

Antwort: Ich halte meine Augen immer offen. Pro Jahr finde ich im Schnitt zwei steinzeitl­iche oder bronzezeit­liche Siedlungen. Gerne laufe ich Grabenprof­ile ab oder schaue an Flussufern, was die Erosion freigibt. Zu finden gibt es eigentlich immer etwas.

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FOTO: HILDEGARD NAGLER Franz Hau ist von der Archäologi­e begeistert.

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