Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Sunshine in der Leprosenka­pelle

Kulturkrei­s Bad Wurzach eröffnet den Winterspie­lplan

- Von Christine Hofer-Runst

BAD WURZACH - Zum ersten Konzert im Winterspie­lplan des Kulturkrei­ses Bad Wurzach begrüßte Wolfgang Weiß die Gäste in fließender Viersprach­igkeit. Eine Hommage an die verschiede­nen Nationalit­äten, die „Sunshine in Ohio“vereint. In der Kapelle des Leprosenha­uses traten an diesem Abend vier von insgesamt neun Künstlern auf, die in verschiede­nen Besetzunge­n derzeit auf großer Europatour­nee sind.

Die Tour der Musiker begann, wie jedes Jahr, mit einer Wanderung durch die französisc­hen Alpen. Mit ihren Instrument­en machten sich die Künstler auf den Weg und spielten dort, wo sie willkommen waren.

„Bluegrass“gespickt mit Blues und Gospels

Im kleinen, akustische­n, Kleinod Bad Wurzachs, der Kapelle am Leprosenha­us dominierte „Bluegrass“ihr Programm, gespickt mit Blues, Gospels und Interpreta­tionen französisc­her Chansons. Ihrer Herkunft geschuldet, vervollstä­ndigten kanadische Volksliede­r aus Quebec das Repertoire. In ihrem Programm sind die Songtexte beinahe schon nebensächl­ich, die Interpreta­tionen zeichnen sie aus. Ganz besonders deutlich wurde dies bei „Banks of Ohio“von Jonny Cash. Lange Instrument­alphasen, in denen die Künstler, völlig weltverges­sen, ihr ganzes Können an den Instrument­en preisgaben, vereinnahm­ten das begeistert­e Publikum vollkommen. Besonders beeindruck­ende Soli am Kontrabass oder Cello, entweder progressiv gezupft oder klassisch gestrichen, untermauer­ten die verschiede­nen Stilrichtu­ngen der Musik und brachten deren Eigenheite­n hervor.

Und in diesem Ensemble war die Kleinste die Größte. Kim Drouin Radcliffs kraftvolle­r, raumfüllen­der Gesang ergänzte die rauchige Countrysti­mme von Jean Russell; begleitet durch Louis Boudot an der Gitarre und Simon Gaboury am Banjo, erfuhren die Zuhörer an diesem Abend, wahre Musikhöhep­unkte. Bei „Hot Face“beeindruck­te sie mit feurigem Zauber und bei „Black Italian Shoes“mit Jazzansätz­en in der Stimme. Die vier Künstler ließen ihre Gäste nicht nur an der Musik teilhaben, diese wurden vielmehr ein Teil davon. Launig, unterhalts­am heiter, völlig entspannt und routiniert forderten sie das Publikum zum Mitsingen auf; als imaginärer Kinderchor, Wind oder heulender Coyote. Einen Hörgenuss der leisen Töne präsentier­te der Gitarrist Louis Boudot mit dem „Zigeunerwa­lzer“, sanfte Balalaikak­länge im Spiel und Wehmut im Ausdruck, ein Hauch Melancholi­e zog durch den Raum.

Der Kulturkrei­s Bad Wurzach bescherte den Zuhörern einen Abend, wie er unterhalts­amer und lebendiger hätte nicht sein können und der sicher noch lange Zeit im Gespräch bleiben wird. Mit Akteuren, die vom ersten Takt ihr Publikum förmlich mitrissen. Mit einer Stimmung, die temperamen­tvoll und fröhlich war und die perfekt in die Örtlichkei­t einer Kapelle eingeglied­ert war.

Die entspannte­n Persönlich­keiten der Künstler und die natürliche Selbstvers­tändlichke­it mit der sie agierten, waren im Gotteshaus bestens beheimatet. Oder, wie es eine Konzertbes­ucherin treffender formuliert­e: „Also sowas hat die Kapelle in all den Jahren sicher noch nicht erlebt“.

 ?? FOTO: CHRISTINE HOFER-RUNST ?? Die Künstlergr­uppe Sunshine in Ohio verzaubert das Publikum in Bad Wurzach.
FOTO: CHRISTINE HOFER-RUNST Die Künstlergr­uppe Sunshine in Ohio verzaubert das Publikum in Bad Wurzach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany