Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Tiefgründiger Sinn wird mit Komik und Wortwitz vorgetragen
Theatergruppe Gebrazhofen zwischen „griabiger“Gemütlichkeit und hektischem Wirtschaftswachstum
GEBRAZHOFEN - Während im Leutkircher Bocksaal der Mentalmagier Andy Häussler die Zeit anhalten wollte (Bericht auf Seite 16), hat der Gemischtwarenhändler Gustav Griabig auf der Theaterbühne in Gebrazhofen denselben Wunsch. Sein geplanter großer Profit nach der Sortimentsumstellung auf höheres Niveau brachte nur Stress, Chaos und unzufriedene Kunden. Diese gingen wegen der Preissteigerung auf die Straße, beziehungsweise unter das Publikum und demonstrierten lauthals. Tolle Aktionen, urige Komik, köstliche Wortspielereien und sogar zwei Bühnenumbauten präsentierten die erfahrenen Laienschauspieler der Theatergruppe Gebrazhofen ihrem Publikum beim Stück „Gnua isch it gnua“– soll heißen: Genug ist nicht genug.
Im dreiteiligen Schwank ging es um Wachstum, Intrigen und hohe Preise, um vom „kleinen Mann“mehr Geld zu bekommen für den eigenen Luxus. Ein Spiel und doch wie im richtigen Leben. Nicht nur Zeit und Gemütlichkeit, sondern auch Freund- und Kundschaften fallen diesem „Immer Mehr“zum Opfer. Auf Anraten eines Fremden, ausgerechnet ein „Preiß“, dem man eh nicht trauen sollte, wird aus dem Griabig-Krämerladen ein Feinkostund Catering-Service. Benno Moosherr und Ruth Reutlinger bringen das Griabig-Ehepaar mit brillanter Redekunst in jeder Lage und sehr viel Spaß auf die Bühne.
Schwerhörigkeit und hohe Nase
Schon in den ersten 20 Minuten lernen die Besucher die bunt gemischte Kundschaft samt Lieferanten und Mitarbeiter kennen. Hier darf man der Laienspielgruppe Bestnoten für die Rollenverteilung und das authentische Spiel geben. Lucia Weber hört als Stammkundin Diethilde gar nichts richtig, Marianne Stockklauser hat als Walburga immer einen schwäbisch-schwarzhumorigen Kommentar parat und Franziska Moosherr als Konstanze aus höheren Kreisen trägt das Kostüm geschlossen, den Hut und die Nase sehr hoch, kurz gesagt: Schnepfe mit phänomenaler „Tütü-Sprache“. Wie jeder tickt, kommt bei einem süffigen Beisammensein heraus, wobei der teure „Feinkost-Schnaps“die Zungen löst. Bernhard Bareth alias Bertram, ausgenutzte Hilfskraft (4,75 Euro Stundenlohn) der Griabigs, weiß trotz seinem Nachnamen Blödle wie der Hase beziehungsweise der Laden läuft. Heinz Reich, der als Rentner Stöckle am Stock geht, strahlt in all dem Chaos samt nächtlichem Überfall die Ruhe in Person aus. Jörg Grub muss als Norbert Natter die „norddeutsche Missgeburt“miemen, der an allem schuld ist. Gekonnt spielte er das Pendant zum Bauer Frisch, den Johannes Beckers souverän in seiner trockenen-robusten Art zum Besten gab.
Auch die beiden jungen TheaterDebütanten Linda Pfister und Martin Wucher haben ihre Rollen toll gespielt. Die Metzgerei-Meisterin, die Verbandsmaterial für ihren unfähigen Mann bereithält sowie Pfarrer Heilig, der so manche Gefühle hätte, wenn er dürfte. Ein Happy-End gibt es nur, weil die Beteiligten aus allen Bereichen der Gesellschaft begreifen, dass Friede, Freundschaft und Gemütlichkeit mehr wert sind als Streit, Hektik und Ungerechtigkeit, nur wegen mehr Geld und Verdienst. Ein modernes Theaterstück mit Botschaft und Spotlicht aufs Publikum, das viel Beifall gab.