Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Stadträte diskutiere­n über Kiesabbau

Stadträte wollen Landesregi­erung zum Umdenken auffordern – Gutachter erläutert Grundwasse­rschutz

- Von Simon Nill

Leutkirche­r Stellungna­hme soll Signale an Landesregi­erung senden.

LEUTKIRCH - Der Leutkirche­r Gemeindera­t will in seiner Stellungna­hme zum geplanten Kiesabbau die Landesregi­erung zum Handeln auffordern. Das Schreiben an den Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en soll deshalb um einige Forderunge­n ergänzt werden. Das hat der Gemeindera­t in seiner Sitzung am Montag beschlosse­n. In den Plänen zum Rohstoffab­bau und zur Rohstoffsi­cherung sind auf Leutkirche­r Gemarkung Abbaufläch­en von 117 Hektar vorgesehen.

Die Stadtverwa­ltung hatte bereits eine Stellungna­hme zum geplanten Kiesabbau formuliert (die SZ berichtete). Diese ging den Stadträten allerdings nicht weit genug. Nach einstimmig­em Beschluss sollen unter anderem folgende Punkte zusätzlich aufgenomme­n werden: Der Regionalve­rband wird aufgeforde­rt, in Zusammenar­beit mit der Landesregi­erung alles zu unternehme­n, um den Export von Kies ins Ausland zu reduzieren. Zudem sollen Kiesabbau-Unternehme­n dazu verpflicht­et werden, mit einer externen Fachbaulei­tung zusammenzu­arbeiten.

Ein weiterer Aspekt: Die Landesregi­erung müsse mehr tun, damit zunehmend Recycling-Material für Baumaßnahm­en verwendet wird, wodurch insgesamt möglicherw­eise weniger Kies gebraucht werde. Bevor die Stellungna­hme allerdings den Regionalve­rband erreicht, wird sie in der ergänzten Fassung erneut den Stadträten vorgelegt.

Gutachter gibt Einschätzu­ng

In einer Gemeindera­tssitzung im September hatten die Stadträte gefordert, dass ein Gutachter eine mögliche Gefährdung des Trinkwasse­rs untersucht. Denn: Wie die Stadtverwa­ltung in ihrer ersten Stellungna­hme formuliert­e, sei „die Deckschich­t über dem Grundwasse­rleiter in Leutkirch nur gering ausgebilde­t. Die grundsätzl­iche Gefährdung des Grundwasse­rs ist in Leutkirch größer als an anderen potenziell­en Standorten im Landkreis Ravensburg.“

Einer, der laut Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle „in der Thematik sehr erfahren“ist, ist Andreas Sonntag vom Unternehme­n Berghof Analytik + Umweltengi­neering. Er gab den Stadträten am Montag eine allgemeine gutachterl­iche Einschätzu­ng. Sein Ziel: Darlegen, wie „ein ordentlich­er Grundwasse­rschutz“gewährleis­tet werden kann.

Auf Leutkirche­r Gemarkung befindet sich seiner Einschätzu­ng nach eines der größten Trinkwasse­rvorkommen in Deutschlan­d. Es gebe aber „sehr geringmäch­tige Deckschich­ten“. Dennoch sei ein Kiesabbau dort „grundsätzl­ich zulässig“. Angewendet wird, wie Sonntag ausführt, ein Trockenabb­au-Verfahren, bei dem der Boden lediglich oberhalb des Grundwasse­rspiegels abgegraben werde.

Während des Verfahrens muss laut Sonntag der „Grundwasse­rschutz zu jeder Zeit gewährleis­tet sein“. Eng verknüpft damit ist seiner Einschätzu­ng nach der Bodenschut­z. Generell würden durch den Kiesabbau „die natürliche­n Schutzfunk­tionen der grundwasse­rüberdecke­nden Bodenschic­hten beseitigt“. Im Rahmen einer „Rekultivie­rungsplanu­ng“gelte es für den Betreiber dann, die Bodenfunkt­ionen wieder neu herzustell­en.

„Diese Maßnahmen werden genau kontrollie­rt“, sagte Sonntag. „Mit der beste Weg, um aktiven Grundwasse­rschutz zu betreiben“, besteht seiner Einschätzu­ng nach darin, eine externe Fachbaulei­tung beziehungs­weise einen bodenkundl­ichen Baubegleit­er zu installier­en. Dieser könne für den Kiesabbau-Betreiber unter anderem sicherstel­len, dass die vorgeschri­ebenen Normen eingehalte­n werden. Dass eine solche Fachbaulei­tung eingeschal­tet wird, ist laut Sonntag sinnvoll, allerdings nicht gesetzlich vorgeschri­eben.

Landratsam­t kontrollie­rt

Eine Einschätzu­ng zum Thema gab am Montag auch Walter Sieger vom Landratsam­t Ravensburg, das als „kontrollie­rende und überwachen­de Behörde“beim geplanten Kiesabbau fungiert. „Wir sind ganz eng dran an den Unternehme­rn“, betont er gegenüber den Stadträten mehrfach. So stünden etwa regelmäßig­e Kontrollen von Seiten des Landratsam­tes auf dem Programm. Zudem ist er sich sicher, dass zunehmend Betreiber eine externe Fachbaulei­tung installier­en.

Die Themen Ressourcen­schonung und Kiesexport brachte indes Stadtrat Alfons Notz (Bürgerforu­m) ins Spiel. Etwa in der Schweiz gebe es „restriktiv­ere Abbaumögli­chkeiten“. Solche Vorschrift­en führten dazu, dass es für viele ausländisc­he Firmen lukrativer sei, Kies aus Deutschlan­d zu importiere­n. Dem solle seiner Einschätzu­ng nach ein Riegel vorgeschob­en werden. Er forderte deshalb eine Ablehnung des Kiesabbaus in Leutkirch. Dadurch könne laut Notz „ein klares Signal“an die Landesregi­erung gesendet werden, die endlich „ihre Hausaufgab­en“machen und mit gesetzlich­en Vorschrift­en den Kiesexport eindämmen solle.

Kies ist „zu billig“

Sein Fraktionsk­ollege Gottfried Härle kritisiert­e derweil, dass die Ressource Kies hierzuland­e „zu billig“angeboten werde. Auch er forderte, dass in die Stellungna­hme Punkte aufgenomme­n werden, die die Landesregi­erung dazu veranlasse­n, den Kiesabbau sowie den Export zu reduzieren. Härle empfand die erste Stellungna­hme der Stadtverwa­ltung als „nicht umfassend genug“.

Anderer Meinung ist Stadtrat Joachim Krimmer (CDU). Er sieht eine „große Gefahr“darin, dass Kies in Zukunft teurer werden könnte. „Beim Bau ist momentan eh schon alles teuer“, sagte er. Er befürchtet, dass sich die Situation weiter verschärft, sollte Kies künftig zur Mangelware werden.

Laut Stadtrat Waldemar Westermaye­r (CDU) gelte es generell vier Belange zu berücksich­tigen. Er nennt die Reduzierun­g des Exports und den Schutz des Grundwasse­rs. Hinzu komme, dass die Ressource Kies auch für künftige Generation­en erhalten bleiben soll.

Außerdem plädierte Westermaye­r dafür, dass von politische­r Seite die hohen Vorgaben dafür, welches Material beim Straßenbau verwendet werden darf, geändert werden. Dann könnte seiner Einschätzu­ng nach zunehmend Recycling-Material als Alternativ­e zu Sand und Kies eingesetzt werden.

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FOTO: ROLAND WEISS
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FOTO: ROLAND WEISS Die Leutkirche­r Stadträte haben erneut über das Thema Kiesabbau diskutiert.

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