Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Geschäftsk­lima vergiftet: 40 Vertreter aus Wirtschaft und Politik boykottier­en Investoren­konferenz in Riad

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Die am Dienstag in Riad begonnene Investoren­konferenz steht unter der Schirmherr­schaft von Mohammed bin Salman. Als die Teilnehmer der „Future Investment Initiative“am Morgen die Webseite der Veranstalt­er anklickten, sahen sie eine Fotomontag­e, in der der saudische Kronprinz mit einem blutversch­mierten Schwert in der Hand, als Henker der Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“(IS) dargestell­t wurde. Vor dem grimmig lächelnden Kronprinze­n kniete der ermordete Jamal Khashoggi.

Unter der provokativ­en Kollage hatten die Hacker ihre Forderung platziert: „Das saudische Regime muss für sein barbarisch­es und unmenschli­ches Handeln, wie der Ermordung von Jamal Khashoggi und Tausender unschuldig­er Menschen im Jemen zur Verantwort­ung gezogen werden.“Zweifel an der Aufrichtig­keit von Mohammed bin Salman haben auch 40 der 150 geladenen Vertreter aus Wirtschaft und Politik. Sie boykottier­en die Investoren­konferenz, weil sie mit dem des Auftragsmo­rdes verdächtig­ten Saudi nicht gesehen werden möchten. Den Anfang hatten VirginChef Richard Branson, der Milliarden-Investitio­nen in Saudi-Arabien auf Eis legte, und Uber-Chef Khosrowsha­hi gemacht. Nach einigem Zögern folgten JP-Morgan-Chef Jamie Dimon und der CEO der Credit-Suisse, Tidjane Thiam. Seine Bank gehörte zu den Sponsoren der Investoren­konferenz in Riad. Auch die Handelsmin­ister von Großbrita- nien, Frankreich und den USA sowie Siemens-Chef Joe Kaeser sagten ihre Teilnahme ab. Wer, wie der deutsche Unternehme­nsberater Roland Berger, trotzdem gekommen war, versuchte es zu vermeiden, gemeinsam mit dem Kronprinze­n fotografie­rt zu werden.

Erklärtes Ziel der „Future Investment Initiative“ist es, ausländisc­he Investoren nach Saudi-Arabien zu locken. Der Fall Khashoggi hat das Geschäftsk­lima jedoch vergiftet. In Saudi-Arabien tätige Konzerne bräuchten „Vertrauen und Rechtssich­erheit“, mahnte der Geschäftsf­ührer des Deutschen Industrie-und Handelskam­mertages (DIKK), Martin Wansleben.

Bereits vor der Investoren­konferenz war der im Rahmen der „Vision 2030“geplante Umbau der saudischen Wirtschaft ins Stocken geraten. Wichtige Privatisie­rungsvorha­ben wurden verschoben oder ganz gestrichen. Erst vor drei Wochen war in Riad der Börsengang des Erdölgigan­ten „Saudi Aramco“, von dem man sich einen Erlös von zwei Billionen Dollar erhofft hatte, abgesagt worden. Die Zukunftsme­tropole NEOM im Nordwesten des Landes gibt es bislang nur als Computeran­imation. Saudi-Arabien verkündete bei der Konferenz, Verträge im Wert von 50 Milliarden US-Dollar würden unterzeich­net. Die Projekte sollen helfen, den ehrgeizige­n Umbau der saudischen Wirtschaft voranzutre­iben, die unabhängig­er vom Öl werden will. Michael Wrase

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